Außenseiterduo sucht eigene Wege
Mit „Lumpenloretta“ hat sich das Burgtheater zum runden Geburtstag der vielfach preisgekrönten Generationen von Kindern begeisternden österreichischen Kinderbuchautorin Christine Nöstlinger hergenommen. Eine Geschichte um ein Außenseiter-Duo. Da ist zum einen Loretta, die mit ihren Eltern in eines der kleinbürgerlichen Reihenhäuser einzieht. Vater mit langem grauem Zopf, Loretta, ein Mädchen, das ein wenig an Pippi Langstrumpf in ihrer Selbstständigkeit und Unangepasstheit erinnert. Nachbar_innen zerreißen sich die Münder über DIE Neuen, die so „anders“ sind.
Wahnsinnskind & Denkstein
Nur die Kinder haben wenig Probleme mit dem „Wahnsinnskind“, wie sie etwa Konrads Mutter tituliert. Auch nicht mit Konrad, genannt Glatze, weil er sich aus Protest gegen seine Eltern, wöchentlich die Haare abrasiert. Irgendwie ist auch er ein Außenseiter auf seinem „nietskneD“ – im Stück gleich nur verkehrt herum als Denkstein angesprochen.
Stell dir vor... ?
Das vor sechs Jahren erschienene Buch wurde im kleinen Spielort „Kasino am Schwarzenbergplatz“ üppig in Szene gesetzt, ein wenig zu überladen – sowohl von Kulissen als auch mit Einblendungen von Animationen und auch teils was die Spielweise betrifft. Laut keppelnde Mütter – okay – das trifft auch die Geschichte, aber an manchen Stellen wird es so übertrieben als wäre die Vorstellung für extrem Schwerhörige und nicht für Kinder gedacht. Die Inszenierung hat offenbar auch kein Vertrauen in die Kraft der Fantasie von Kindern. Just als Loretta Konrad sagt, stell dir jetzt einen Zirkus vor – dürfen sich die Zuschauer_innen einen solchen nicht vorstellen, denn er wird filmisch an die Wand projiziert.
Fein hingegen ist, dass Nöstlingers (die der Premiere am Nationalfeiertag beiwohnte) Roman-Ende nicht geglättet wurde. Als Loretta in einen anderen Ort zu Pflegeeltern übersiedelt, will Konrad sie zurückholen. Doch es gibt nicht dieses „Happy“-End der Vereinigung, sondern ein ganz anderes – ein Plädoyer für das Selbstbestimmungsrecht.
Lumpenloretta
Christine Nöstlinger ab 8 Jahren, 2 Stunden
Loretta: Sarah Viktoria Frick
Glatze: Simon Jensen
Zecke: Florian Appelius
Zahn: Aaron Friesz
Locke: Nélida Martinez
Zopfers, Vater von Loretta: Stefan Wieland
Glatze-Mutter: Petra Morzé
Glatze-Vater: Robert Reinagl
Locke-Mutter: Dunja Sowinetz
Opa: Hans Dieter Knebel
Regie: Martina Gredler
Bühne: Jura Gröschl
Kostüme: Moana Stemberger
Musik: Raimund Hornich
Licht: Norbert Gottwald
Video: Sophie Lux
Dramaturgie: Klaus Missbach
Wann und wo?
Bis 26. Dezember 2016 Kasino des Burgtheaters 1010, Schwarzenbergplatz 1 Telefon: (01) 51444-4140
Kassa: (01) 51444-4830burgtheater
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