Im Inneren sind wir alle gleich!

Meist Dreier- oder Vierergruppen performten einige der in Lyrics gebrachtne kleinen Geschichten, bevor gegen Ende die Bühne immer voller wurde und alle Jugendlichen gemeinsam die verbindenden Zeilen mit den Schlussfolgerungen sangen
Projekt der Neuen MittelSchule Obere Augartenstraße (Wien): Mit Rap, gemalten Plakaten und Videos gegen Rassismus.

Einen besseren Rahmen hätten die Jugendlichen der Neuen Mittelschule Obere Augartenstraße in Wien für ihre Projektpräsentation gar nicht finden können. Eingebettet in ein Romafest für Schulen im Kulturzentrum Amerlinghaus riss es viele von ihnen von den Sesseln als Ruža Nikolić-Lakatos sang. Sie tanzten auf dem kleinen, engen Platz vor der Bühne. Und dann eroberten die Schüler_innen der beiden vierten Klassen selbst die Bühne. Und rissen ihrerseits mit den Lyrics über die Verfolgung der Ruth Weiss durch die Nazis, über den menschenverachtenden Schwachsinn von Rassismus und die Hoffnung auf ein Miteinander das Publikum mit.

Von Ceija Stojka bis zu Ruth Weiss

Im Inneren sind wir alle gleich!
They went together hand in hand. She had to leave her boyfriend. She wasn’t allowed to look back. And paints the tunnel black..
In den vergangenen Monaten dieses Schuljahres hatten sie unter anderem Workshops über das Leben und Wirken der vor mehr als einem Jahr verstorbenen großen Roma-Künstlerin Ceija Stojka besucht. In anderen Workshops trafen sie Ruth Weiss, die als Jüdin selber 1938 vor den Nazis aus Wien flüchten musste. Nach den Niederlanden landete Weiss in den USA, wo sie als Autorin insbesondere der „beat poets“ mit Jazz-Text-Performances berühmt wurde. Fasziniert von der 87-Jährigen mit kurzen grünen Haaren und ihren Texten begannen die Jugendlichen der beiden vierten Klassen der genannten Schule selber Lyrics im Rap-Style zu probieren. Die besten wurden zu zwei Raps, die sie – wegen vieler, heftiger „Zu-ga-be!“-Rufe - sogar zwei Mal zum Besten geben durften.

„Wir haben zuerst Texte der Frau Weiss zu verwurschten begonnen“, erzählten mehrere Jugendliche dem Kinder-KURIER, „und dann haben wir auch angefangen, eigene Texte zu schreiben.“ „Wir sind da so reingekippt, dass einige zu Hause angerufen haben, dass wir noch länger da bleiben wollen, um weiter daran arbeiten zu können.“

Widerstand

Im Inneren sind wir alle gleich!
Einige der im Projekt handgezeichneten und gemalten Plakate zierten die Wände im Amerlinghaus
„Das ganze Projekt hat sich darum gedreht, Rassismus keine Chance zu geben.“ „Wir haben uns eine Ausstellung über den Holocaust im Hamakom-Theater angeschaut“ und „darüber gelernt, dass es schon auch Widerstand gegeben hat, wir haben zum Beispiel „Die Weiße Rose“ gelesen“. Außerdem „haben wir auch über Rassismus im heutigen Alltag geredet und leider eigene Erfahrungen einbringen können“. Daraus haben „wir dann Filme gedreht, wo wir uns eigene Szenen ausgedacht haben- so alltagsmäßig, wie sie ja leider schon oft vorkommen.“

Lehren

„Wir waren auch schon vorher eine bunte Gemeinschaft ohne Streit, aber durch das Projekt sind wir eine noch bessere Gemeinschaft geworden, halten noch mehr zusammen. Wir haben aber auch gelernt, dass Zivilcourage wichtig ist wie bei denen von der Weißen Rose. Man muss rechtzeitig seine Meinung sagen, dass es nicht wieder so wird wie 1933 und 1938.“

Zitat aus einem der Raps

Egal, ob Serbe, Kroate
Türke oder Jude ...
Des Rassismus sind wir müde!
Im Inneren sind wir alle gleich _
Und unser Herz ist immer weich!

Im Inneren sind wir alle gleich!
... Gäste die Fotostorys
Im Rahmen des Projekts der NMS Obere Augartenstraße produzierten die Jugendlich unter anderem Videos mit nicht untypischen Alltags-Szenen in denen Vorurteile eine große Rolle spielten. Daraus nahmen sie einzelne Szenenfotos, um sie bei der Projektpräsentation, wo es zu hell war, um die Videos im Freien zeigen zu können, so kurz die Geschichten sichtbar zu machen.

Am Arbeitsamt...

....wird die junge Frau mit Kopftuch, die sich für den Job als Kindergarten-Assistentin interessiert, von den Beratern ausgelacht. Sie machen sich in einem Deutsch über sie lustig, das definitiv schlechter ist, als das der jungen Frau. „Das ist leider eine wahre Geschichte, die ist der Mutter einer Mitschülerin leider wirklich passiert.“

Basketball

Eine andere Geschichte dreht sich um einen Burschen, der Basketball spielt, das heißt „eigentlich sind’s zwei – ein Österreicher und ein Ausländer. Die Großeltern von dem Österreicher regen sich auf, wieso er mit dem spielt und schmeißt den Ball über die Mauer. Der Ausländer klettert drüber und holt den Ball zurück - Happy End, weil die Oma nun diesen Buben einladet, zum Essen mit zu kommen.“

Im Supermarkt...

... wird ein Mädchen - "selbstverständlich" aus einer Migrationsfamilie - eines Diebstahls bezichtigt. Der Vorwurf wäre sicher an ihr hängen geblieben, hätte nicht ihre Freundin zufällig ein Handy-Foto geschossen, das beweist, dass die ältere Dame (Inländerin) einen Kajal-Stift geklaut und dem Mädchen in die Tasche gesteckt hat.

Eine Gruppe wird willkürlich in blau- und braunäugige eingetielt. Die einen werden total diskriminiert, niedergemacht, die anderen bevorzugt und zu Kompliz_innen des Projektleiters/der Projektleiterin. Leider ziemlich schnell "funktioniert" das System. Blueeyed/browneyed wurde von einer Soziologin in den USA für Schulen entwickelt und ist mittlerweile weltweit verbreitet. Hier eine ZDF-Doku über einen mehrstündigen Workshop in Deutschland:

http://blog.zdf.de/der-rassist-in-uns/

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