Tanz mit und im Wasser

Wunderbar verspielte Tänzereien in "Mein kleines Meer"
Zum 17. Mal lädt szene bunte wähne zum internationalen Tanzfestival für junges Publikum nach Wien ein - im Dschungel Wien und im Werkstätten- und Kulturhaus (WuK)

Zwei mal mehr oder weniger nass geht’s zu Beginn des 17. szene-bunte-wähne-Tanzfestivals für Kinder und Jugendliche im Dschungel Wien zu. In „Mein kleines Meer“ tanzen Steffi Jöris, Maartje Pasman und Rino Indiono Szenen rund um alltäglichen Wassergebrauch – vom Waschen und Zähne putzen übers Wandern im Regen – mit Gummistiefeln und Regenschirmen bis zum Schwimmen – bleibt jedoch alles trocken.Erst als eine ganze Pyramide aus durchsichtigen Kunststoffkübeln aufgebaut wird und in diese gefärbtes Wasser gefüllt wird, wird’s nicht nur gespielt, sondern echt nass. Und wie: rinnen, schütten, spucken, sprühen und dann wie wild über den nassen Tanzboden schlittern, schwimmen, rutschen. Dieser Teil könnte ewig weitergehen – spannend diesem lustvollen Bewegungsspektakel zuzusehen.

Tanz mit und im Wasser

Mein kleines Meer Konzept, Regie: Paola Aguilera Tanz, Choreografie: Steffi Jöris, Maartje Pasman, Rino Indiono Ausstattung: Vanessa Achilles-Broutin Musik, Projektion: Guido Mentol Regieassistenz: Julia Muralter Licht: Stefan Enderle

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Tanz mit und im Wasser
Lustvoll wirft sich Ente ins pralle Leben des Wassers

Tanz mit und im Wasser

Drei ähnlich gekleidete Schauspieler_innen – nur die Farbe ihrer langen Kleider sowie die Frisuren – und natürlich ihre Gesichter – unterscheiden sie. Sie spielen die drei titelgebenden Figuren des wunderbaren gleichnamigen Bilderbuchs von Wolf Erlbruch. Dutzendfach ist dieses auch schon als (Tanz-)Theaterstück inszeniert worden. Wo lebensbejahend, wunderbar lustvoll vielleicht noch nie.

Tanz mit und im Wasser

Ente trifft Tod, ahnt, dass ihr Ende naht, kostet das Leben – für das auch Tulpe steht – in vollen Zügen aus. Dazu dient vor allem der Wasserspielplatz, ein großes quadratisches Holz umrandetes mit Folie ausgelegtes Feld, das die Bühne dominiert. Gefüllt mit Wasser. Rein, durchrutschen, springen, „tauchen“, herumspritzen. Das rote Kleid der Ente saugt sich voll, die Ärmel werden länger. So lässt sich's gleich noch besser – auch ins Publikum – spritzen.

Wie das Bilderbuch kommt auch diese Fassung des Tanzstücks mit ganz wenig Text aus. So sagt Tod, dass ihr/ihm kalt ist, Ente wärmt den mitspielenden Gegenspieler. Nacht unter zu „oooh“s und „aaah“s hervorrufendem an die Wand projiziertem glitzerndem Sternenhimmel. Morgen: Ente wacht auf und freut sich noch viel überschwänglicher als zuvor am (Weiter-)Leben. Vor der nächsten Nacht friert Ente – und entschlummert sanft im Wasser„bett“. Ende des Spiels in dem Tulpe zwar Randfigur jedoch stets auch präsent ist.

Tanz mit und im Wasser

Ente, Tod und Tulpe Junges Schauspielhaus Düsseldorf ( Deutschland) & Take-off: Junger Tanz (Deutschland) Bewegungstheater, 45 Minuten, ab 5 Jahren Autor: Wolf Erlbruch Stückfassung: Franziska Henschel, Katrin Michaels Regie, Choreografie: Franziska Henschel Darsteller_innen: Moritz Löwe (Tulpe), Taner Sahintürk (Ente), Elena Schmidt (Tod) Musik: Frank Schulte Choreografische Beratung: Dina ed Dik, Gudrun Lange Bühne, Kostüm: Johanna Fritz Dramaturgie: Katrin Michaels Aufführungsrechte: Verlag Antje Kunstmann GmbH, München

Tanz mit und im Wasser

Zwei klassische Ballettänzerinnen erscheinen nacheinander auf der Bühne und tanzen zu eingeblendeten Waldfilmen. Geschätzte zehn Minuten – oder weniger. Dann ertönen aus dem Off Kinderstimmen, die sich beschweren – „langweilig“, „habt’s ihr nix für Kinder?“ „Könnt ihr nicht was tanzen, was Spaß macht?!“

Dann erscheinen die dazugehörigen Gesichter der „Jury“ auf der Videowand. Die Kinder lassen sich auch gleich eine erste Geschichte einfallen, die die beiden tanzen könnten: Zwei Freundinnen, die sich streiten, eine stirbt, steht wieder auf, die beiden freuen sich. Kaum haben Maria Freyvoll & Caisa Strømmen Røstad genau das getnazt, kommentieren die Mädchen und Buben das mit einem „schon fertig, das war alles?“ Sie beschließen ein Bild zu malen, das dann die Grundlage für den nächsten Tanz sein soll. Viele Bäume, manche davon, die wie Monster aussehen, kommen drauf vor, Vögel, ein fleischfressender fliegender Dinosaurier … Ja, und „coole Musik“ wünschen sich die Kids – samt Beatboxen.

"Nicht geschafft"

Tanz mit und im Wasser

Trotz aller Bemühungen kommentieren die Kinder das mit einem lapidaren „nicht geschafft“, zwei von ihnen ziehen zwei Puppen hervor und zeigen mit diesen artistische Choreografien vor. Während die Tänzerinnen versuchen, die Vorgaben nachzuahmen ertönt ein „können wir nicht mehr Blut haben?!“, gefolgt von einer 10-Themenliste, was sonst alles vorkommen muss - von Monstern bis zu Liebe, vom Tod bis zum Universum.

Das Wechselspiel von Tanzszenen und Kinder-Kommentare ergibt eine höchst amüsante Performnace.

Die Jury Hege Haagenrud (Oslo / Norwegen) Choreografie, Regie & Ausstattung: Hege Haagenrud Tanz: Maria Freyvoll & Caisa Strømmen Røstad Dramaturgie: Mads Sjøgård Pettersen Komposition: Rebecca Karijord Sound Design: Erik Hedin Video: Vibeke Heide & Hege Haagenrud

Tanz mit und im Wasser

Trash as trash can – Mist. Was mit einem scheinbar harmlosen trinken aus einem Becher beginnt, endet in einer fast Orgie von hinter, vor und neben sich geschmissenen Kunststoffbechern – durch-choreografiert tun dies : Daniel Mathéus & Leandro Kees. Müllproduktion, Konsumwahn, Irrsinnswege einer Hose, von Schuhen, eines Handys um mehr als die halbe Welt… Oft gehört, gelesen, gesehen – aber selten so kurz und bündig – praktisch ohne Worte – auf den Punkt gebracht und obendrein mit mehreren Schuss Humor.Eine kleine Kundgebung gegen diese Zerstörung der Erde, Transparente, die Hoffnung geben wollen… Und dann: Eine Kunstpause. Die beiden setzen sich zur Ruhe und spielen aus dem Off eigene Kommentare nach einer Probe im Herbst des Vorvorjahres ein. Angestanden, nicht mehr weiter gewusst, weil sie weder belehrend noch moralisierend sein wollten. Je mehr sie zum Thema recherchiert hatten, desto komplizierter sei’s geworden, Antworten könnten sie keine geben…

Es folgen weitere Szenen – über Demokratie und die scheinbare Demokratie im Supermarkt – jeden Tag Kaufentscheidungen…

Fragen über Fragen stürzen auf die beiden – und das Publikum herein. Die Antwort(en), so ergibt sich’s aus dem Spiel und Tanz, muss jede und jeder für sich selber finden – und im Optimalfall danach handeln.

Tanz mit und im Wasser

TRASHedyPerforming Group (Ennepetal / D) & tanzhaus nrw (Düsseldorf / D)Konzept & Choreografie: Leandro KeesPerformer/Tänzer: Daniel Mathéus & Leandro KeesDramaturgie: Daniel Mathéus & Leandro KeesKlangkomposition: Martin RascherMusik: Bon Iver, Jamie Woon, Ja Panik, Edd Kalehoff, Tom Jobim & Martin RascherVideo: Martin Rascher & Leandro Kees

Tanz mit und im Wasser

Sechs Mädels in Schuluniform. Sie müssen strafweise länger in der Schule zu bleiben. Und nutzen die Stunde – über den Köpfen läuft übrigens eine Uhr mit, die nach 50 Minuten die Schulstunde beenden wird – dafür aus sich heraus zu gehen. Starke, wilde Girls. Volle Power – ob tanzend, springend, Wände hochkletternd, Basketball spielend oder trommelnd – auf alles was sie grad in die Finger kriegen – Sessel, Wände, Stangen, den Basketball, die eigenen Wangen…

Tanz mit und im Wasser

Die Kraft, Lebensfreude, der Mut, sich nichts gefallen zu lassen und wenn’s sein muss vielleicht der Welt einen Haxen auszureißen dieser 23- bis 36-jährigen Tänzerinnen, die glaubhaft die Schülerinnen mimen, springt in fast null komma nix aufs Publikum über. Und zeigt, dass es erfreulicherweise auch andere Mädchenbilder als solche von barbieartigen Models und entsprechender Shows gibt ;)

Tanz mit und im Wasser

WILD THINGMAAS theater en dans (Rotterdam/NL)

Choreografie: Arthur Rosenfeld Mit: Emilie Birraux, Sil Dekkers, Helene Jank (Musik), Gloria Ros, Katarzyna Sitarz, Nanda van de Vorle

Tanz mit und im Wasser

Auch so können hochpolitische Themen „übersetzt“ werden: Roses ist ein knapp mehr als einstündiges Feuerwerk perfekter tänzerischer, vielfach akrobatischer Bewegungen, die aber allesamt von Leichtigkeit gekennzeichnet sind. Gleich zu Beginn und vor allem nochmals gegen Ende turnen einzelnen bis manchmal auch alle auf, unter, rund um kleine alte Tische mit Metallgestell und Holzplatte. Manchmal wie von einem Gefängnis in ein anderes - aus dem sie sich doch wieder raus winden, um im nächsten engen Tischgestell zu landen. Immer wieder wechseln einzelne der Akteur_innen weg von der Tanzfläche hin zu Instrumenten – E-Gitarre, Keyboard, Schlagzeug, akustische Gitarre – und Gesangsstimme.

Tanz mit und im Wasser

„einsam.gemeinsam.“ der Untertitel zieht sich laufend durch die Choreografie – die sieben Aktuer_innen auf der Bühne agieren immer wieder jede und jeder für sich, um sich dann doch wieder zu einer Gruppe zusammen zu tanzen – manchmal in einer Reihe, manchmal auf und übereinander – wie menschliche Skulpturen, die sich auch wieder ständig verändern. Aus der dann die eine oder der andere erst recht wieder aus der Reihe tanzt. Unangepasst sein. Gegen den Strom tanzen. Dabei aber auch aus der Musikabteilung mit „it’s allright“ bestärkt zu werden.

Ausgangspunkt für diese Koproduktion einer niederländischen und einer deutschen Tanzgruppe mit dem niederösterreichischen Festival szene bunte wähne waren Briefe und Tagebücher einiger Mitglieder der „Weißen Rose“, der bekannten Widerstandsbewegung gegen das Naziregime. Der Geist des Widerstands, des Unangepasstseins… wird einzig und allein über den mitreißenden Tanz und die Musik des Septetts spürbar übertragen

R O S E S einsam.gemeinsam. THEATER STRAHL (Berlin/D), DE DANSERS (Utrecht/NL) & SZENE BUNTE WÄHNE (Horn)

Künstlerische Leitung & Choreographie: Wies Merkx Mit: Guy Corneille, Oliver Moritz, Josephine van Rheenen, Maarten Rischen, Andreas Schwankl, Noemi Wagner, Melanie Wirz Musik: Guy Corneille & Hans Vermunt Gesamtleitung: Wies Merkx, Wolfgang Stüßel, Yvonne Birghan‐van Kruyssen

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