Junge träumen von Familie

Vor allem Frauen haben immens hohe Ansprüche an sich selbst: Sie wollen selbstständig und unabhängig, vor allem aber eine verständnisvolle Partnerin sowie eine gute Mutter sein.
Tradition als Wert: Der Großteil der jungen Menschen sehnt sich nach Häuslichkeit.

Vieles wurde in den vergangenen Jahren über die 20- bis 40-Jährigen gesagt: Die häusliche Idylle sei ihnen wichtiger als ein forderndes Berufsleben, andererseits seien sie unentschlossen, egoistisch und Teil einer Spaßgesellschaft.

Eine aktuelle repräsentative Parship-Studie bestätigt diese Annahmen teilweise. Die Online-Partneragentur hat 1000 Österreicher zwischen 18 und 69 Jahren – etwa die Hälfte unter 40 Jahren – zu ihren Werten und Lebensentwürfen befragt und herausgefunden: Die 18- bis 39-Jährigen streben nach Spaß und Geselligkeit. Ihr zentrales Anliegen ist die Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie. Sie wollen arbeiten, doch im Zweifel hat der Partner bzw. die Familie Vorrang. Oberste Priorität ist eine funktionierende Partnerschaft, zwei Drittel der jungen Menschen halten eine Ehe für die ideale Form der Beziehung. Acht von zehn Befragten haben schon Kinder oder wollen welche, und zwar idealerweise vor 30.

Work-Life-Balance

Vor allem Frauen haben immens hohe Ansprüche an sich selbst: Sie wollen selbstständig und unabhängig, vor allem aber eine verständnisvolle Partnerin sowie eine gute Mutter sein. Was Haushalt und Kinder betrifft, sind die Rollen immer noch eher traditionell verteilt. Jeder dritte Mann und jede vierte Frau sind der Meinung, dass Männer den Lebensunterhalt verdienen und Frauen Vollzeit-Mütter sein sollten.

Junge träumen von Familie
Angelika Hager, Maria Happel, Interview zu Feminismus
Angelika Hager, Journalistin und Autorin des Buches "Schneewittchenfieber", ortet den Grund für dieses traditionelle Rollenbild in der vorherigen Generation: "Viele junge Frauen haben an ihren doppelbelasteten, oft dauererschöpften Müttern diese Zerreißprobe zwischen Beruf und Familie hautnah miterlebt." Der Wunsch nach einer besseren Work-Life-Balance sowie die schwierige Situation am Arbeitsmarkt ließen den Rückzug in die eigenen vier Wände verlockend erscheinen.

In der Realität sieht das anders aus: Die Mehrheit der Frauen ist berufstätig, nur neun Prozent gaben an, Hausfrau zu sein. In ihrem Buch warnt Hager junge Frauen davor, sich von ihren Männern wirtschaftlich abhängig zu machen. Laut Studie besteht kein Grund zur Sorge: Mehr als 90 Prozent der Frauen und Männer finden es wichtig, finanziell auf eigenen Beinen zu stehen.

Nahbeziehungen

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Philipp Ikrath
Zwischenmenschliche Beziehungen als höchstes Gut – Philipp Ikrath vom Institut für Jugendkulturforschung beobachtet diesen Trend schon länger. Neben der großen Bedeutung von Partnerschaft hebt er die Wichtigkeit von Freunden hervor. "Soziale Nahbeziehungen sind in den vergangenen zehn bis 20 Jahren viel wichtiger geworden. Individualisierung und Konkurrenz sind in unserer Gesellschaft allgegenwärtig – dadurch haben die Leute das Gefühl, dass sie sich nur noch auf den 'Allernächsten' verlassen können."

Ikrath betont, dass zwischen Wunsch und Realität oft ein großer Unterschied ist. "Viele haben ein romantisches Bild von einer lebenslangen Partnerschaft oder Ehe, weil es heute nicht mehr selbstverständlich ist. Der Wunsch alleine hat noch nicht viel zu bedeuten."

Dass vielen jungen, gut ausgebildeten Frauen das Familienidyll wichtiger ist als die große Karriere, findet der Jugendkulturforscher nicht dramatisch. "Emanzipation sollte man nicht ausschließlich aus der Perspektive der Verwertungsmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt betrachten. Eine emanzipierte Frau ist eine, die autonome Entscheidungen trifft."

Im Grunde sei es ganz einfach, sagt Philipp Ikrath: "Ein gelungenes Leben bedeutet nicht für alle Menschen, Karriere zu machen. Manche finden eben etwas anderes erstrebenswert."

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