Jagdtrieb und Kuschelzwang

Jagdtrieb und Kuschelzwang
Jeden Montag gibt Zoo-Direktorin Dagmar Schratter Tipps zum Thema Haustiere und beantwortet Fragen von KURIER-Lesern.

Ob Kater, Kaninchen Pferd oder Vogel: KURIER-Tiercoach Dagmar Schratter, Direktorin des Tiergarten Schönbrunn, und ihr Team kennen sich mit kleinen und großen Heimtieren aus. Für vierbeinige Sorgenkinder haben sie stets passende Ratschläge parat. Leser fragen, der Tiercoach antwortet:

Wir haben seit ein paar Wochen ein Babykätzchen bei uns aufgenommen. Dieser Kater erweist sich als wilder Tiger. Er springt einen an, verbeißt sich an den Beinen und Händen, kratzt und legt die Ohren an. Wie sollen wir das abstellen?
Das ist bei kleinen Kätzchen ein normaler Spiel- und Jagdtrieb, den sie ansonsten mit anderen Katzen ihres Alters ausleben. Wenn sie mit Ihnen auch so spielt, müssen Sie das allerdings von Anfang an unterbinden. Wenn sie anfängt zu beißen oder kratzen, sagen sie laut und deutlich „Nein“, brechen das Spiel ab, sorgen für räumlichen Abstand zwischen Ihnen und der Katze und ignorieren sie. Sie muss lernen, dass Beißen und Kratzen bei Menschen tabu sind. Wichtig ist dabei, dass Sie konsequent sind. Wenn sie wieder zu Ihnen kommt, bieten Sie ihr ein anderes Spiel an, z. B. ein Bällchen werfen oder Ähnliches, das Distanz zwischen Sie und das Kätzchen bringt.

Ich habe seit einem halben Jahr ein wunderbares Pferd, fünf Jahre alt. Als Jährling verletzte sich der Wallach, musste ins Tierspital und machte dort schmerzhafte Erfahrungen. Vor ca. sechs Wochen hatte er bei uns eine Kolik und wurde nach Wien in die Veterinärmedizinische Abteilung gebracht. Dort dürfte er sich an das Trauma des letzten Klinikaufenthaltes erinnert haben. Seither zittert er am Putzplatz (mit Halfter rechts und links angebunden) am ganzen Körper. Eine Bekannte, die Menschen und Tiere im Reitstall erfolgreich mit Homöopathie behandelt, meint, das anhängliche Pferd könnte bei einer Behandlung dieses Traumas herrisch werden.
Schön, dass Sie Pferde lieben, es sind außergewöhnliche Tiere. Ihr Wallach ist ein sehr junges Pferd, das ist gut, denn dann kann er sehr vieles noch lernen. Traumatische Erlebnisse bei Tieren führen oft zu Verhaltensweisen, die wir uns nicht erklären können. Je genauer Sie Ihr Pferd beobachten, desto eher finden Sie heraus, was genau es so erschreckt. Meist sind es Kleinigkeiten, so genannte Trigger, die solch starke Panik auslösen. Sind diese Auslöser erkannt, können Sie gemeinsam mit einem erfahrenen Trainer langsam an einer neuen Verknüpfung dieser Erfahrungen im Gehirn des Pferdes arbeiten. Dies ist sicher eine Aufgabe, die Ausdauer erfordert, jedoch wird sie die Beziehung zwischen Ihnen und Ihrem Pferd verbessern.

Ich habe zwei Kaninchen: ein kastriertes Männchen, ein Jahr alt, und ein Weibchen mit acht Monaten. Vor ca. sechs Wochen hat sie mit seltsamen Lauten und dem Nestbau begonnen. Nach einiger Zeit hat sie wieder ein Nest gebaut. Nun hat sie angefangen, alles mit Urin zu bespritzen. Sie gießt richtig, v. a. die Wände. Unser Tierarzt meint, homöopathisch geht da nichts – nur Kastration. Das Weibchen ist aber überhaupt nicht aggressiv. Die beiden rangeln zwar öfter als früher, er rammelt sie mittlerweile öfter. Sie will ständig von ihm gekuschelt werden und gibt immer ihren Kopf unter seinen. Auch wenn ich einen streichle, kommt sofort der andere dazu.
Kaninchen können scheinschwanger werden. Eine Scheinschwangerschaft, die sich unter anderem durch starken Nestbau äußert, kommt häufiger bei Weibchen vor, die mit Kastraten zusammenleben. Auch das Urinspritzen hängt damit zusammen, dass das Weibchen nun sein Revier markiert. Eine Scheinschwangerschaft ein bis zwei Mal jährlich ist kein Problem (vielleicht mit Ausnahme des lästigen Urinspritzens) und dauert ca. zwei Wochen. Häufige Scheinschwangerschaften können allerdings gesundheitliche Schäden bewirken. Die Kastration ist hier die einzige dauerhafte Lösung. Auch wenn es kein leichter Eingriff ist, wird das Zusammenleben zwischen Ihren beiden Tieren und zwischen Ihnen und den Kaninchen sicher wieder wesentlich harmonischer. Homöopathische Lösungen sind leider weder unseren Tierärzten noch mir bekannt.

Wir hatten heuer zum ersten Mal in unserem Meisennistkasten Nachwuchs. Jetzt sind die Vögel ausgeflogen. Wir würden gerne wissen, ob wir den Nistkasten reinigen sollen, wenn ja, wie?
Nistkästen sollen jährlich im Herbst, am besten Anfang Oktober geleert und gereinigt werden. Die meisten Höhlenbrüter bauen nämlich einfach auf das alte Nest, so würden die Kästen irgendwann unbenutzbar werden. Man entfernt das Nistmaterial zur Gänze und schrubbt z. B. mit einer harten Bürste die Ecken und Ritzen aus. Dann ist der Nistkasten wieder bereit für eine neue Brut im kommenden Frühjahr.

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