Klimabericht: Blick hinter die Kulissen

Dem Klimaschutz läuft die Zeit davon: Um das erklärte Ziel eines weltweiten Temperaturanstiegs von höchstens zwei Grad halten zu können, müssen in den kommenden fünf bis 15 Jahren entscheidende Maßnahmen getroffen werden, warnt Keywan Riahi vom Internationalen Instituts für angewandte Systemforschung (IIASA). Falls politische Entscheidungsträger wirkungsvolle Maßnahmen zur CO2-Reduktion weiter verschieben, wird es Riahi zufolge ab 2020 teuer und risikoreicher. Zudem schwinden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Generell sei das Erreichen des Zwei-Grad-Zieles aber noch möglich.


Zusätzlich sollten auch radikale Maßnahmen etwa bei der Energieeffizienz oder Technologie-Durchbrüche wie eine vollständige Elektrifizierung des Transportsektors oder bei der unterirdischen Speicherung von CO2 (CCS-Technik: Carbon Capture and Storage) zum Einsatz kommen. Allerdings seien solche Alternativen auch mit Risiken verbunden.

Klimabericht: Blick hinter die Kulissen
Georg Kaser, Glaziologe

Georg Kaser vom Institut für Meteorologie und Geophysik der Universität Innsbruck unterstrich, dass der vom Menschen gemachte Klimawandel unter Wissenschaftern heute - im Gegensatz noch von vor wenigen Jahren - unumstritten ist. „Er findet signifikant statt“, sagte Kaser. Während kurzfristige Effekte wie extreme Wetterereignisse mit einer drastischen Reduktion der CO2-Emissionen zumindest eingedämmt werden könnten, ist der Anstieg der Meeresspiegel nicht mehr umkehrbar. Lenkbar sei lediglich, wie stark sie steigen. „Wir wissen nicht, wo die Reise hingeht“, meint er.

Demnach würde ein Erhöhen der mittleren globalen Temperatur um 2 Grad den Meeresspiegel um bis zu 6 Meter ansteigen lassen, betroffen wäre vor allem der Pazifik, in Europa wären es 5 Meter. Bei einer Steigerung der Temperatur weltweit um im Mittel 3 Grad wären es schon 7 bis 8 Meter, bei 4 Grad plus bis zu 10 Meter. "Derzeit sind wir in Richtung plus 6, 7 Grad Celsius unterwegs", sagt der Forscher. Der Anstieg der Meeresspiegel ist unumkehrbar und läuft in entsprechend großen Zeiträumen ab. Die Welt in 2000 Jahren wird also in jedem Fall komplett anders aussehen als jetzt.

Der deutsche Philosoph Lukas H. Mayer von der Universität Graz - er beschäftigt sich mit Fragen der Gerechtigkeit, die der Klimawandel aufwirft, berichtet, dass in Bremerhaven die Deiche aufgestockt werden, die Kosten dafür seien beträchtlich, "das kostet hunderte Millionen Euro". Diese Auswirkungen des Klimawandels scheinen, zumindest auf absehbare Zeit, technisch bewältigbar, die demografischen Folgen des Meeresspiegelanstiegs in Entwicklungs- und Schwellenländern hingegen dürften weitaus gravierender sein. "Die indische Regierung rechnet mit 30 Millionen neuen Indern. Diese Klimaflüchtlinge aus Bangladesch werden aus kulturellen Gründen nicht nach China auswandern, sondern nach Indien. Die wissen, was auf sie zukommt, haben aber keine Ahnung wie sie damit umgehen werden."


Obwohl die Zeit drängt, ist eine verbindliche Einigung zu einer deutlichen Reduktion von CO2 zwischen den Staaten schwierig. Entsprechend um Worte gefeilscht wurde auch zwischen Wissenschaftern und Politikern bei der Erstellung der jüngsten Zusammenfassung des Weltklimaberichts für Entscheidungsträger (Summary for Policymakers), an dem sowohl Kaser als auch Riahi mitgewirkt haben. Philosophieprofessor Meyer, der in dem Bericht über ethische Fragen schrieb, unterstreicht aber, dass die einzelnen Kapitel des 2.000 Seiten starken Dokuments dabei nicht verändert wurden.

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