Das Handy hält diese Senioren am Leben

Das Handy hält diese Senioren am Leben
Hilfreich: Im „Seniorencolleg“ lernen ältere Semester das Smartphone kennen – und schätzen
Von Uwe Mauch

Opa hat jetzt ein Smartphone. Seine Enkerln sind mächtig stolz auf ihn, weil er ihnen sein erstes digitales Foto geschickt hat. Ein Erfolgserlebnis für ihn, gewiss. Denn seit geraumer Zeit fühlte sich der heute 78-jährige Herr Alfred – so wie laut aktueller Studien die Mehrheit seiner Generation – in Sachen digitaler Kommunikation abgehängt, nicht mehr dazugehörig.

Der Weg zum Chatten mit den Enkerln führte klassisch über seine Frau, die nicht länger seine Sekretärin sein wollte, und über das „Seniorencolleg“ von Karin Niederhofer in der Praterstraße in Wien 2.

Das Handy hält diese Senioren am Leben

Karin Niederhofer, die vom Alter und vom agilen Auftreten gut und gerne seine Tochter sein könnte, bringt seit 13 Jahren älteren Menschen die digitale Welt näher.

„Ned wischen! Sanft über den Bildschirm streichen“, ermahnt die Senioren-Pädagogin den Sitznachbarn vom Herrn Alfred mit einem ebenso charmanten wie forschen Lächeln. Damit der gar nicht erst auf die Idee kommt, von seiner Verlegenheit abzulenken. Er muss jetzt sofort tun, wie sie es ihm vorzeigt. Und siehe da, der erste stressfreie Anruf mit dem neuen Smartphone erfreut auch sein Ego.

Das Handy hält diese Senioren am Leben

Große Expertise

Die Frau, die das „Seniorencolleg“ gegründet hat, kann wenig aus dem Lot bringen. Sie hat bisher gut 40.000 Unterrichtsstunden gehalten. Ihre digitalen Handy-Schulungen wurden vom Sozialministerium für deren Good Practice ausgezeichnet.

Von ihrer Expertise profitieren auch Peter und Brigitte, ein pensioniertes Ehepaar aus Gerasdorf. Beide haben bis zu ihrer Pensionierung als Einkäufer gearbeitet. „Arbeiten mit einem PC war uns nicht fremd“, sagt er. „Aber das Smartphone hat uns vor neue Herausforderungen gestellt“, fügt sie hinzu.

Peter und Brigitte haben gut aufgepasst bei den Schulungen: Auf ihrem Spaziergang durch die Donau-Au weist ihnen mittlerweile Google Maps den Weg. Und der Schrittzähler zeigt ihnen an, wie viel sie sich schon bewegt haben. Alle Termine sind im digitalen Kalender gesichert, auch Bankgeschäfte und das Parken erledigen sie mobil.

Das Handy hält diese Senioren am Leben

Karin Niederhofer weist nach Gesprächen mit ihren Kursteilnehmern auf einen Vorteil hin, der gerne vergessen wird: „Das Mobiltelefon kann auch gegen die soziale Isolation wirken. Es bietet eine ständige Verbindung mit der Außenwelt.“ Natürlich ist der Besuch der Enkerln durch nichts zu ersetzen, aber wenn die Nachfahren zur Schule, Universität oder Arbeit müssen, dann freut man sich auch über ein Foto aus der Ferne.

Für unbedarfte Kunden bietet die Betreuerin auch an, gemeinsam mit ihnen ihr Moniltelefon zu kaufen und sofort alle Voreinstellungen richtig zu installieren. Aus gutem Grund: „Wenig im Leben ist schlimmer als der Kauf eines Smartphones ohne die notwendigen Vorkenntnisse.“

Das Handy hält diese Senioren am Leben

Magie Mobiltelefonie

In ihren Kursen soll dann auch der Spaß nicht zu kurz kommen, sagt die langjährige Geschäftsfrau, die in ihrem heutigen Beruf ihre Berufung gefunden hat. Deshalb werden schon am ersten Kurstag die ersten Blumen-Fotos aufgenommen – und hinaus in die Welt geschickt.

Schön ist daher die Nachricht einer Kundin, die soeben ihr erstes Handy-Foto alleine bearbeitet hat. Dazu hat sie während der stundenlangen Dialysen ausreichend Zeit.

Noch ist übrigens kein Fall von Handysucht bei den älteren Semestern bekannt. Doch schon nach den ersten Kurseinheiten zeigt sich: die Magie der Mobiltelefonie wirkt nicht nur auf Kinder. Die Kinder vom Herrn Alfred sind übrigens heilfroh, dass sie ihrem Opa nichts mehr „im Internet nachschauen“ müssen.

Das Handy hält diese Senioren am Leben

Angebot für KURIER-Leser

Senioren helfen Senioren: Sie haben keinen Computer und kein Smartphone, möchten aber aus dem Internet ein Formular ausdrucken lassen oder ein Hotelzimmer buchen? Gleichaltrige
Freiwillige helfen Ihnen gerne: und zwar am Montag, 16. September, von 9 bis 11 Uhr im Seniorencolleg, 1020 Wien, Praterstraße 45. Anmeldung erforderlich!

Kennwort KURIER: Wer sich für das „Handycolleg“ (sechs Einheiten zu drei Stunden) anmeldet und KURIER dazu sagt, zahlt 250 statt 300 Euro. Alle Infos hier bzw. unter 0660 / 890 40 30.

Kommentare