Traum-Hochzeit: Wie die Ehe wirklich hält

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Wedding-Planer haben viel zu tun, Romantik-Hochzeiten boomen - aber was kommt danach?

Prinzessinnenkleid, Brautjungfern und Bilder wie vom Weichzeichner entworfen: Wenn es ums Heiraten geht, setzen Paare mehr denn je auf romantische Inszenierung.

Traum-Hochzeit: Wie die Ehe wirklich hält
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Das weiß Weddingplanerin Lorinda Horner vonA very beloved Wedding,wo gut Betuchte ihre Hochzeitsträume buchen: "Romantik spielt eine größere Rolle als früher." Bettina Zehetner vom Verein "Frauen beraten Frauen" bestätigt: "Hochzeiten sind wieder romantisierter, fast 1950er, im Stile der Mad-Men-Ästhetik, das ist schon sehr spannend" Dafür geben die Bald-Ja-Sager gerne viel Geld aus. Exklusive Locations boomen, man vermählt sich im Schatten eines Baumkreises oder zum Rauschen der Wellen. Ein Event als Inszenierung, Ton in Ton mit den Vorlieben des Paares. "Hochzeiten sind wieder zum großen Fest geworden, es läuft nichts nach Schema F", sagt Horner. Dabei wird akribisch auf jedes Detail geachtet – von der Tischdeko bis zur Farbe des Nagellacks muss alles perfekt sein. Ingrid Loss von derHochzeitswerkstattstimmt zu: "Ehen werden nicht einfach geschlossen, weil es üblich ist, nach einer bestimmten Zeit zu heiraten, sondern weil man ein Statement setzen will. Die Vorstellungen sind wieder viel traditioneller."

Ja-Sagen boomt wieder

Dazu passt, dass die Zahl der Eheschließungen zuletzt leicht gestiegen ist. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2014 verzeichnete man ein Plus von 6,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Ein möglicher Grund dafür: Die Ehe wird erstmals wieder als sicherer Hafen wahrgenommen – das hat auch ökonomische Gründe, in wirtschaftlich ungewissen Zeiten. Ulrike Zartler vom Institut für Soziologie der Uni Wien nennt drei gleichwertige Motive fürs Heiraten: 1. Die Hochzeit als emotionale Bestätigung der Beziehung, im Sinne des schönsten Tages. Wobei "der Event-Charakter im Hollywood-Stil neu hinzugekommen ist". 2. Hochzeit und Ehe als Wert und traditionell-biografisches Selbstverständnis. 3. Eheschließung aus rationalem Kalkül, um wirtschaftliche Vorteile zu lukrieren. So weit, so gut. Die Zahl der Scheidungen bleibt trotzdem hoch – in Wien wurde im Jahr 2013 fast jede zweite Ehe geschieden, österreichweit lag die Rate bei 40,14 Prozent. Die mittlere Ehedauer liegt bei knapp über zehn Jahren. So die Realität.

Was haben Sie sich bei der Heirat gedacht?

Traum-Hochzeit: Wie die Ehe wirklich hält
Die hat vielfach mit verzerrten und unklaren Bildern von Beziehungsalltag zu tun. Dazu kommt, dass Ehe gerne als Ersatz für eigene Visionen herhalten muss, wie Zehetner aus Erfahrung erzählt: "Da fehlt der Plan, was man mit seinem Leben anfangen möchte, stattdessen soll das Wir ersehntes Glück bringen. Ich frage Frauen, die nicht so lange verheiratet sind und in die Beratung kommen, oft: Was haben Sie sich denn bei der Heirat gedacht? Vielen ist nicht klar, dass sie mit dem Ja-Wort einen Vertrag eingehen. Sie sind davon überzeugt, Ehe sei ein romantisches Konstrukt im Sinne von ,Wir haben uns füreinander entschieden, das wird schon.‘" Viele wären dann überrascht, wenn ihnen klar wird, was eine Ehe heißt.

Halbe-Halbe - wie bitte?

Auch Männer wissen oft nicht, welche Verpflichtungen sie mit der Eheschließung eingehen – etwa das Halbe-Halbe-Prinzip. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand einen Mietvertrag für eine Wohnung unterschreiben würde, ohne ihn davor zu lesen. Beim Heiraten tut man das hingegen blind", sagt Zartler. Um gleichzeitig darüber nachzudenken, wann der richtige Zeitpunkt wäre, Heiratswilligen klar zu machen, dass es nicht nur um Romantik ginge. "Das Standesamt ist dafür nicht der ideale Ort. Eigentlich müsste man früher ansetzen – schon in der Schule." Etwa in Sachen Konfliktlösungskompetenz. Wer früh lernt, zu streiten und zu reden, tut sich später leichter. Zartler: "Aus der Scheidungsforschung ist bekannt, dass Kommunikations- und Konfliktlösungsfähigkeit einen hohen Anteil am Gelingen oder Scheitern einer Beziehung hat." Reden, Reden, Reden also – und zwar vor dem Jawort.

Hollywoodfilm als Vorbild

Traum-Hochzeit: Wie die Ehe wirklich hält
Traumhochzeit im Juni in Stockholm: Prinzessin Madeleine & Chris O’Neill. Sie erwarten gerade ihr erstes Kind.
Kirchliche Ehevorbereitungskurse gibt es zwar – doch die werden häufig als lästige Pflicht absolviert und wirken kaum nach. Eine Alternative zum traditionellen Eheunterricht bietet etwa die Lebens- und Sozialberaterin Beate Janota von der Liebesambulanz (www.liebesambulanz.at). Den Trend zur Romantisierung registriert sie ebenfalls: "Viele Paare kommen das erste Mal zu mir und meinen, die Liebe müsse funktionieren und das ewig. Häufig orientieren sich Menschen an Hollywoodfilmen, sie sehen das Ergebnis, aber nicht den Weg dahin."

Doch leider, das Leben ist knallhart. Also wäre es wichtig, sich abseits der Wahl des Brautstraußes dem pragmatischen Teil des Paarlaufs zu widmen. Zum Beispiel, was es konkret bedeutet, füreinander da zu sein. Oder wer was wann tut. Ein Manko. "Interessant ist, dass die meisten Paare darüber nicht reden und dazu keine Vereinbarungen treffen. Dabei wäre es sogar notwendig, entsprechende Job Descriptions zu entwerfen. Denn meist werden Sachthemen wie Finanzen oder Haushalt mit Emotionen verknüpft und dann geht gar nichts mehr."

Kommunikation ist alles

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Heirat – Trennung – zweite Heirat? Eine überwältigende Mehrheit fordert bei diesem Thema von der Kirche mehr Barmherzigkeit.
Wer nach "Ehevorbereitung" googelt, landet rasch beim Modell "EBK" – für "Eltern & Beziehungskurse". Die Idee wurde von einem Schweizer Ehepaar ins Leben gerufen und geht so: Erfahrene Eheleute wirken als Mentoren und Begleiter für solche, die es werden wollen. Dabei hilft ein Papier mit 100 Fragen, die die Heiratskandidaten beantworten müssen. Jeder für sich, natürlich. "Daran wird gut sichtbar, in welchen Bereichen die Partner schon kommuniziert haben und wo nicht", sagt EBK-Mentor Martin Böhls, der gemeinsam mit seiner Frau Paare begleitet. Auch er erwähnt den Knackpunkt Kommunikation: "Sie ist der Hauptschlüssel. Wer lernt, gut miteinander zu reden, etwa über eigene Bedürfnisse oder Pragmatisches wie Finanzen, ist weniger anfällig für Konflikte." Praktiziert wird das EBK-Modell gerne im Umfeld der "Freien Kirche", und die ist nun auch wieder nicht jedermanns Geschmack. Liebesexpertin Janota hat hingegen eine ganz andere Vision und die klingt recht plausibel: "Paartherapie gehört an den Anfang der Beziehung, und nicht ans Ende."

Lesen Sie morgen: "Wissen, worauf man sich in einer Ehe einlässt" - Interview mit der Philosophin und psychosozialen Beraterin Bettina Zehetner

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