Hirnforschung: Wie schnell wir unser Lieblingslied erkennen

Symbolbild
Forscher haben sich damit befasst, wie schnell der Mensch ihm vertraute Klänge erkennt.

Man kennt es: Das Intro eines bekannten Songs erklingt im Radio. Die Töne muten vertraut an, man ist versucht mitzuwippen, der Titel liegt einem auf der Zunge. Doch man kommt nicht drauf.

Dass Situationen wie diese offenbar eher die Ausnahme als die Regel sind, haben nun Forscher des britischen UCL Ear Institute an der Fakultät für Hirnforschung des University College London herausgefunden. Demnach dauert es lediglich 100 Millisekunden, bis das menschliche Gehirn ein ihm bekanntes Lied erkennt.

Hör-Experiment

Für die kleine Untersuchung wurden Probanden gebeten, ein ihnen geläufiges Lied auszuwählen und es einem unbekannten Titel zuzuordnen, der dem Lieblingssong hinsichtlich Tempo, Melodie, Harmonie, Gesang und Instrumenteinsatz ähnelte.

Die Hirnforscher verfolgten die Gehirnaktivität und die Pupillenbewegung der zehn Teilnehmer, während diesen 100 Ausschnitte von unbekannten und vertrauten Liedern vorgespielt wurden. Es zeigte sich, dass die Gehirne der Männer und Frauen die bekannten Songs in einem Zeitraum von 100 Millisekunden bis 300 Millisekunden erfassten.

Therapeutischer Nutzen

Die Forscher hoffen, dass die Ergebnisse den Einsatz musikbasierter Therapien bei der Versorgung von Patienten mit Erkrankungen wie Demenz unterstützen können. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass das Erkennen vertrauter Musik bemerkenswert schnell vonstattengeht", sagte Studienautorin Maria Chait vom UCL Ear Institute dazu. "Diese Erkenntnisse lassen auf einen sehr schnelle Schaltkreis im Hirn schließen, in Analogie zu der tiefen Verankerung, den bekannte Musikstücke in unserem Gedächtnis haben."

Über derartige Grundlagenforschung hinaus sei es für verschiedene musikbasierte therapeutische Interventionen hilfreich, "zu verstehen, wie das Gehirn vertraute Melodien erkennt", fügte Chait hinzu. "Beispielsweise besteht ein wachsendes Interesse daran, Musik in der Behandlung von Demenzpatienten zu nutzen, bei denen die Erinnerung an Musik (…) gut erhalten zu sein scheint." Die Erforschung der Prozesse, die das Erkennen von Musik unterstützen, könne ein Anhaltspunkt für das Verständnis dieses Phänomens liefern.

Obwohl es keine schlüssigen Beweise dafür gibt, dass das musikalische Gedächtnis das Erinnerungsvermögen von Menschen mit Gedächtnisstörungen wie Demenz aktiv verbessern kann, haben frühere Studien gezeigt, dass bekannte Lieder die Symptome von Depressionen und Verhaltensstörungen bei Patienten lindern können.

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