Halten Meditations-Apps, was sie versprechen?

Mit dem Handy meditieren: Apps haben CDs und Bücher schon lange abgelöst.
Meditations-Apps wollen unser Wohlbefinden verbessern. Manchmal versprechen sie aber zu viel.

Profi-Sportler, Wall Street CEOs und Schauspieler schwören schon lange auf das Meditieren mit dem Smartphone. Mittlerweile sind Meditations-Apps ein massentaugliches Phänomen geworden. Verantwortlich dafür ist unter anderem die App Headspace, die 2010 vom englischen Studienabbrecher und späteren buddhistischen Mönch Andy Puddicombe gegründet wurde. Sie steht mit mehr als 25 Millionen Downloads an der Spitze des digitalen Selbsthilfe-Marktes. In mehreren Einheiten – sie dauern in der Basis-Version zwischen drei und 10 Minuten – leitet Puddicombe auf Englisch durch verschiedene Atem- und Aufmerksamkeitsübungen. Bei regelmäßiger Praxis soll man so lernen, mit negativen Gedanken besser umzugehen und gelassener zu werden.

Allerdings muss man für die innere Ruhe mittels Handy-App tief in die Tasche greifen. Nach einem gratis Probemonat kostet Headspace monatlich 10 und  jährlich 72 Euro. Kritik an den Apps kommt auch von  Psychologen.

Nach innen blicken

Meditationslehrerin Karin Würth erklärt, wozuMeditieren überhaupt gut ist: „Beim Meditieren nehmen wir uns die Zeit,  die Aufmerksamkeit nach innen zu richten und uns der eigenen Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen bewusst zu werden.“ Diese Methode basiert auf dem buddhistischen Konzept  der „Mindfulness“ (Achtsamkeit).  Würth: „Unsere Welt steckt voller Zerstreuungen. Oft sind wir so abgelenkt, dass das Leben an uns vorbeizieht. Ein achtsamer Lebensstil bedeutet, stärker im Hier und Jetzt verankert zu sein, anstatt ständig automatisch zu handeln.“ Meditation sei das beste Werkzeug, um diese Fähigkeit zu erlernen und sie zur Stressbewältigung im Alltag einzusetzen. In der Praxis heißt das: Statt auf eine unfreundliche Mail vom Kollegen eine impulsive und wütende Antwort zu geben,   hält man für ein paar Atemzüge inne– ohne zu handeln. Oft reicht das schon aus, um zur Ruhe zu kommen.

Insgesamt hält Würth die Apps für geeignete Hilfsmittel zur Entspannung. Allerdings weist sie darauf hin, dass das Loslassen der eigenen Gedanken gelernt sein muss. Ein großes Manko der Handy-Apps ist für sie daher die fehlende Interaktion mit dem Lehrer. In ihren eigenen Kursen lege sie großen Wert auf einen regen Erfahrungsaustausch zwischen den Beteiligten.  Besonders am Anfang berichten viele von Schwierigkeiten: „Es ist oft herausfordernd sich darauf einzulassen. Da helfen unterstützende Worte von anderen enorm.“ Da dieses Element den Apps fehle, könne  es hier leichter passieren, dass man sich in negative Gedanken verrennt und aufgibt.

Falsche Versprechen

Puddicombe untersucht in Zusammenarbeit mit mehreren Universitäten  den   positiven Einfluss von Meditation auf die Psyche. Das Ergebnis: Meditation reduziert Stress, steigert unser Mitgefühl und verbessert die Konzentrationsfähigkeit. Vielen Apps fehlt jedoch die wissenschaftliche Untermauerung der angewendeten Methoden. Dazu kommt oft, dass nicht klinisch untersuchte Anwendungen  mit Versprechen werben, die sie nicht halten können. Etwa, dass sie Symptome von Depressionen oder Angststörungen lindern können.  Die Klinischen Psychologen Anna Felnhofer   (MedUni Wien) und Oswald Kothgassner (AKH Wien) sehen die Programme daher äußerst kritisch. Solche Aussagen seien irreführend und ein Fall für den Konsumentenschutz. Kothgassner: „Eine App ist  keinesfalls ein Ersatz für eine klinisch-psychologische Behandlung oder Psychotherapie.“

Das  Smartphone sehen die Experten in diesem Zusammenhang nicht als Problem. Obwohl es häufig zu unserem Stress beiträgt, könne es bei gemäßigter Nutzung durchaus zur Entspannung und Emotionsregulation dienen. Felnhofer: “Psychisch gesunde Menschen können aus den Apps sicher einen Nutzen ziehen und ihr allgemeines Wohlbefinden  verbessern.“ Das erfordere jedoch ein hohes Maß an Selbstdisziplin und Motivation. Karin Würth bestätigt: „Achtsamkeitstraining ist Lebenstraining. Es geht weit über eine halbstündige Meditationseinheit hinaus.“

 

Deutschsprachige Meditations-Apps

Der Trend kommt aus dem angelsächsischen Raum, deshalb sind viele Apps nur auf Englisch verfügbar – Alternativen auf Deutsch gibt es allerdings auch:

7Mind: Jede Einheit dauert sieben Minuten und widmet sich einem Thema – etwa Glück, Kreativität und Angst. Die Gong-Funktion erinnert an die tägliche Meditation.  Der Grundlagenkurs ist gratis. Ein Monatsabo kostet 11,99 Euro.

Meditation Easy: Das 10-wöchige Programm ist in drei Schwierigkeitsstufen unterteilt und führt in 30 verschiedene Meditationstechniken ein – eine Einheit dauert 15-25 Minuten. Das Jahresabo kostet 29 Euro.

5 Minuten Meditation: Die Kurzeinheiten können bequem über den Tag verteilt werden. Für besonders hektische Tage gibt es 30-Sekunden-Übungen. Alle  Sitzungen kosten  6,99 Euro.

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