Neuer Verein hilft überforderten jungen Müttern

(Symbolbild)
Therapeuten geben Starthilfe in ein selbstständiges Leben, auch zum Wohl des Kindes.
Von Uwe Mauch

Wenn ihr Sohn große Augen macht und laut auflacht, geht für sie in Wien-Meidling die Sonne auf. Plötzlich sind die Ängste der Mutter in weite Ferne gerückt. Und sie hat mit ihrem Erik, der vor kurzem seinen ersten Geburtstag erlebt hat und schon mit beiden Beinen aufrecht im Leben steht, eine riesige Freude.

Mutter-Gefühle – die sind in der neu eingerichteten Basis von Grow together in der Längenfeldgasse nicht selbstverständlich. Hier werden zwölf junge Mütter und ihre Kinder mit großem therapeutischen Aufwand, aber auch mit viel Fingerspitzengefühl betreut. Damit sie es einmal besser haben als in ihrer eigenen Kindheit und Jugend.

Heim-Kind-Karriere

Und sie hatten es alle nicht gut. Im Alter von zwölf Jahren kam Maria mit ihrem jüngeren Bruder an der Hand in ein Heim in Niederösterreich. Eine Erlösung, wie sie heute erzählt: "Im Heim war es viel besser als in der Familie."

Wenn es in einem Heim weit weg von daheim besser war, wenn das Heim Heimat war, und nicht die Familie, dann lässt sich in etwa erahnen, was Maria als Kind über sich ergehen lassen musste. Die 27-Jährige will heute nur so viel sagen: "Einen Vater gab es nicht, und unsere Mutter war überfordert."

Ein langer Weg

Seit mehr als einem Jahr wird Maria von Renate Gartmayer betreut. Gartmayer ist eine von sechs hauptberuflichen Therapeutinnen des Vereins, der von der Kinderärztin und Psychotherapeutin Katharina Kruppa sowie der Sonder- und Heilpädagogin Anna Nostitz gegründet wurde und der von ehrenamtlich tätigen Praktikantinnen zusätzlich gestützt wird.

Gartmayers Job ist es, zwei Mütter zu begleiten. Sie besucht Maria zu Hause (das ist derzeit eine Garçonnière in einem Mutter-Kind-Haus der Caritas). Sie geht mit ihr und ihrem Buben zu Ärzten. Sie leiht ihr ein Ohr, wenn sich ein neuer Problemberg auftut. Sie spielt mit dem Erik, wenn seine Mutter wieder einmal überfordert ist.

Überfordert mit dem Alltag

Klar, man kann mit dem Finger auf die junge Frau zeigen. Nur hilft dieses Abtun niemandem, am wenigsten dem Kind. Denn es bleibt Realität, dass Maria ihre Kleinst-Wohneinheit alleine nicht in Ordnung halten kann.

Sie selbst gibt zu: "Boden waschen schaffe ich. Aber wenn ich schlecht drauf bin, kann es schlimm aussehen."

Ihr fehlender Sinn für ein geordnetes Leben hat auch das Jugendamt auf den Plan gerufen. So ist ihr älterer Sohn, der heuer fünf Jahre alt geworden ist, "fremduntergebracht", wie das in der Sprache des Amts genannt wird. Und man darf hier von Glück reden, dass sich die Schwester von Maria bereit erklärt hat, für ihren Neffen bestmöglich zu sorgen.

Verpflichtende Therapien

An vier Vormittagen pro Woche kommen Maria und Erik in die Längenfeldgasse. Von Montag bis Mittwoch soll der Kleine langsam in die Spielgruppe hineinwachsen. An jedem Donnerstag trifft die Mutter-Kind-Gruppe zusammen. Die Teilnahme ist für die zwölf betreuten Frauen verpflichtend. Hier sollen sie sich untereinander besser vernetzen, hier können sie sich ausweinen, hier dürfen sie sich auch handwerklich und kreativ betätigen.

Maria, die ein Mal pro Woche gratis Psychotherapie erhält, hat aus Ton eine Schüssel geformt. Die drei Würfel in der Mitte sind Symbole für eine heile Familie. Auf die Frage, was sie sich in ihrem Leben wünscht, taucht sie auch sofort auf: die heile Familie.

Auf einem guten Weg

Ihre Betreuerin, Renate Gartmayer, zeigt sich heute zufrieden: "Ihr Bub hat sich bisher sehr gut entwickelt. Und die Maria konnte von Anfang an eine gute Beziehung zu ihm aufbauen. Sie hat gelernt, sich Hilfe zu holen, wenn es eng wird."

Ein erster Schritt ist gesetzt. Doch es ist noch ein sehr weiter Weg, und die Nerven sind sehr dünn bei all jenen, die mit einem klaren Startnachteil zur Welt kommen.

Info: Auf www.growtogether.at gibt es Infos über das konkrete Angebot des gemeinnützigen Vereins, der in erster Linie von Spenden lebt.

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