Universitätsprofessor Matt Cook sieht diese Aussage aus mehreren Gründen kritisch: „Der Premierminister vergisst, dass das Zuhause nicht immer ein sicherer Ort ist. Man muss sich nur den Anstieg der häuslichen Gewalt während der Covid-Pandemie ansehen.“ Und: „Wir vergessen gerne, dass Lehrer Profis sind, dass sie sehr umsichtig handeln.“
Doch inwiefern ist die heutige Jugend durch die Nutzung des Internets doch leichter zu verunsichern? „Ich bin immer noch nicht sicher, was das Internet mit der Sexualität und unserem Begehren gemacht hat.“ Soziale Medien seien genial, weil sie Menschen verbinden, die vorher extrem isoliert waren. „Für mich wäre es in den 1980ern ein Geschenk des Himmels gewesen.“ Und: Es ermutige vielleicht Menschen, sich zu outen.
➤ Ein Transmann erzählt von seiner Geschlechtsumwandlung: „Ich konnte meinen Körper nicht mehr anschauen“
„Aber“, sagt Cook, „man könnte die Sache anders beurteilen: Man könnte sagen, dass es in Ordnung ist, wenn Menschen ihr Geschlecht auf unterschiedliche Weise ausdrücken, und dass es kein Problem ist, wenn wir eine geschlechtlich vielfältige Gesellschaft haben.“
Neuer Lehrstuhl
Dafür wird sich Cook ab Herbst umso mehr einsetzen. Der Historiker wird den neu gegründeten Lehrstuhl für „Histories of Sexualities“ (Geschichte der Sexualitäten) an der Universität Oxford übernehmen und Großbritanniens erster offizieller LGBTQ+-Professor. In dieser Rolle hofft er auch, einen Diskurs über die verschiedenen Sichtweisen auf Sex, Lust und Identität in unterschiedlichen Kulturen zu starten, den historischen Kontext zu beleuchten.
Es sei ja nichts neu. Die Torys schüren Ängste; das hat ihnen schon in den 1980ern geholfen, Wahlen zu gewinnen. Damals wurden lesbische Frauen und schwule Männer als Gefahr für Kinder gesehen, sie seien ansteckend, sie würden das Land auseinanderreißen. Das Gleiche höre man heute bei der Trans-Debatte: „Vor allem Trans-Frauen scheinen eine Gefahr für Kinder zu sein, und was mich daran so aufregt, ist, dass wir über einen winzigen Prozentsatz der Bevölkerung sprechen, die größtenteils Frauen sind, die bloß ein lebenswertes Leben haben wollen, und in diesem Moment größter Verletzlichkeit weiter verunglimpft werden.“
Cook erinnert an die Zeit, als Homosexualität mit Pädophilie in Zusammenhang gebracht wurde. „Ja, es gab Männer, die schwul waren und Kinder missbrauchten, und das ist schrecklich. Aber ich denke, wir haben gelernt, dass man das nicht auf alle schwulen Männer übertragen kann.“
Das Gleiche gelte für die Diskussion um Single-Sex-Toiletten. Sind Transfrauen auf öffentlichen Toiletten wirklich eine Gefahr? Oder sollten wir die WCs einfach für alle sicherer machen?
Historisch gesehen seien Toiletten keine sehr sicheren Orte. Die Fragestellung müsste sich also ändern. „Man muss sich das Verhalten ansehen, den abscheulichen sexuellen Missbrauch, und daran arbeiten, wie man Menschen schützen kann. Aber was man nicht sagen sollte: Oh, diese Person ist trans ist und deshalb ist sie eine Gefahr.“
Kommentare