Tierschutz: Hunde haben ein Recht auf artgemäße Haltung

Ein Welpe läuft über die grüne Wiese.
An einer Gesetzesnovelle wird gerade gefeilt. Experten ordnen die geplanten Änderungen für Vierbeiner und Halter ein.

Wie viel Auslauf braucht ein Terrier? Was frisst ein Leonberger? Muss der Malteser in die Schule? Wann soll der Dackel zum Tierarzt? Was will der Vierbeiner sagen? Welche Rasse passt zu mir? – Hunde sind wunderbare Gefährten, seit Jahrtausenden berühren sie das Herz der Menschen. Die artgemäße Haltung gelingt aber nur mit Verstand.

Ein Sachkundenachweis vor Anschaffung des Haustiers soll künftig bundesweit Pflicht werden. Das sieht die Novelle des Tierschutzgesetzes vor, die seit Anfang April in Kraft sein sollte. Doch das zuständige Gesundheitsministerium muss noch mehr als 800 Stellungnahmen sichten, die während der Begutachtungsfrist eingelangt sind, und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen. Die Beschlussfassung im Nationalrat wurde daher auf Juli verschoben.

Expertinnen und Experten kommentieren im Vorfeld bekannte Eckpunkte, die Hunde betreffen.

Sachkundenachweis soll österreichweit Pflicht werden

„Der Theorieteil vor der Anschaffung schützt vor Spontankäufen. Die zwei zusätzlichen Stunden Praxis sind zwar wenig, aber wirklich notwendig“, heißt KURIER-Tiercoach Katharina Reitl eine österreichweite Vereinheitlichung des Sachkundenachweises gut. Der Zoodoc aus der Ordination Tiergarten Schönbrunn weiß, dass nicht jeder Vierbeiner locker nebenher läuft. Lebewesen sind eine „Lebensaufgabe“. 

Welpen fordern, manch Hund ist hyperaktiv, mancher besonders ängstlich, auch Zivilisationskrankheiten treffen immer mehr Haustiere. Die treuen Begleiter wollen rund zehn bis 13 Jahre lang versorgt sein. Das sollte Haltern rechtzeitig bewusst sein. Geplant ist, dass der Nachweis für die Beschäftigung mit Rechten, Pflichten und Bedürfnissen von Hunden beim Kauf vorgelegt werden muss.

Veronika Weissenböck von Vier Pfoten drängt: „Der Sachkundenachweis sollte nach dem Wiener Vorbild und ausschließlich von tierschutzqualifizierten Fachpersonen durchgeführt werden dürfen, basierend auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen.“ 

Für den Wiener Hundeführschein zogen zuletzt die Tierschutzombudsstelle und das Veterinäramt der Stadt positive Bilanz: „Die Investition in präventive Maßnahmen verhindert nicht nur Tierleid, sondern schützt Bürger vor uninformierten Entscheidungen oder Problemen in der Tierhaltung.“

Qualzuchtkommission soll künftig Leid verhindern

„Wir richten eine Qualzuchtkommission ein. Sie wird die Merkmale von Qualzucht nach streng wissenschaftlichen Standards festlegen“, kündigte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) bereits vor Ende der Begutachtungsfrist am 18. März 2024 an. Der KURIER-Tiercoach begrüßt die Objektivierung. 

„Bekommt der Hund keine Luft, ragen Katzenaugen weit aus dem Kopf, hat das Kaninchen Schlappohren, fällt das unübersehbar unter Qual. Die Kommission wird es bei Grenzfällen brauchen“, denkt Tierärztin Reitl an die Umsetzung der Novelle. 

Die Kommission mit eigener Geschäftsstelle soll Zuchtverbände kontrollieren und Vollzugsorgane unterstützen. Wie schon bisher enthält der Gesetzesvorschlag ein klares Ausstellung- und Werbeverbot von leidgeprüften Tieren.

Weissenböck fürchtet, dass die Novelle Schlupflöcher offen lassen könnte. Auch Hobbyzüchter müssten in die Pflicht genommen werden. 

Diese Position vertritt auch der Österreichische Kynologenverband: „Bedenkt man, dass über 90 Prozent der Hunde in Österreich nicht aus der organisierten Hundezucht stammen, ist der gesetzliche Handlungsbedarf an vermehrten Kontrollen offensichtlich.“

Beißtraining wird streng reglementiert, aber nicht verboten

Für das Angriffs- und Beißtraining sieht die Novelle einen Kompromiss vor. So wird der Sport nicht verboten, das Training jedoch streng reglementiert. Die Schutzhundeausbildung bleibt zertifizierten Trainern, geprüften Haltern und tauglichen Hunden ab zwölf Monaten vorbehalten. 

„Es muss alles getan werden, um Beißunfällen vorzubeugen. Die Regelung muss genau kontrolliert werden, damit schwarze Schafe keine Chance haben“, betont Reitl und blickt in die Zukunft: Die Maßnahmen gehörten laufend evaluiert, die Passagen im Gesetz gegebenenfalls nachjustiert.

Hundekauf aus dem Kofferraum wird unter Strafe gestellt

„Der Erwerb von Tieren aus zwielichtigen Quellen – via Kofferraum, via Bestellung, auf Autobahnparkplätzen, im Internet – soll schlicht unterbunden werden“, will Bundesminister Rauch „massives Tierleid“ mit der neuen Reglementierung verhindern. 

In Zukunft soll nicht nur – wie bisher – der illegale Verkauf von Hunden unter Strafe stehen, es sollen auch die Käufer Konsequenzen tragen. „Die Sensibilisierung der Halter ist richtig. Die Anschaffung von illegalen Tieren darf kein Kavaliersdelikt sein“, befürwortet Reitl die Ausweitung. Dubiosen Geschäften müsse endlich ein Riegel vorgeschoben werden. „Man soll sich nicht mehr schönreden können, Welpen zu retten. Illegaler Import und Schwarzzucht verursachen großes Leid.“

Novelle des Tierschutzgesetzes muss erst beschlossen werden

KURIER-Tiercoach Katharina Reitl und Veronika Weissenböck von Vier Pfoten sind sich einig: Grundsätzlich ist die Novelle des Tierschutzgesetzes auf einem guten Weg. Es bleibt abzuwarten, worüber tatsächlich abgestimmt wird – und ob die Umsetzung im Alltag gelingt.

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