„Tiefenrausch“ - mehrstimmig: So klingen die Traunseer

„Tiefenrausch“ - mehrstimmig: So klingen die Traunseer
Der KURIER will dem Sound des tiefsten Gewässers Österreichs auf den Grund gehen. Schon heute kommen die Menschen am Ufer zu Wort.

Wenn die Meeresbiologin Regina Radax wieder auf dem Traunsee unterwegs ist, mit Ruderboot, Kajak oder auch auf der Luftmatratze, entlang der schroffen Felsen vom Traunstein, erinnert sie dieser See öfters an die Fjorde rund um die norwegische Stadt Bergen. Dort hat sie als Studentin über die Symbiose von Mikroorganismen und Meeresschwämmen geforscht.

„Manchmal“, sagt Radax mit einem Lächeln, „erwarte ich mir sogar, dass jetzt gleich ein Schweinswal auftaucht“, der – Achtung, Augenzwinkern – bisher lieber in der Tiefe des tiefsten Sees Österreichs (fast 200 Meter) geblieben ist.

Die Akademikerin, die am Biozentrum in Wien studiert hat, leitet seit fast drei Jahren die Internationale Akademie Traunkirchen. Diese ist in den Mauern des alten Klosters der Benediktinerinnen und später Jesuiten untergebracht und bringt regelmäßig Forscher aus den Naturwissenschaften an den Traunsee. „Für mich ist das ein hoch spannender Ort der Begegnung. Und der See ist mein neues Zuhause“, erklärt die Zugezogene.

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Sie trauen sich

Traunkirchen am Traunsee ist eine Gemeinde im oö. Bezirk Gmunden. Sie zählt rund 1650 Einwohner und besitzt sogar zwei Bahnhöfe. Seit der Eröffnung der Umfahrungsstraße (im Jahr 2007) ist die Ortschaft eine der ruhigsten, idyllischsten der Republik.

Am 24. September wird von hier aus ein U-Boot mit wissenschaftlicher Besatzung in den See stechen. Man traut sich, rund 192 Meter tief zu tauchen, um am Grund den Klang der Erde aufzunehmen.

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Den Sound des Ufers, den geben für den KURIER vorab vier auffallend relaxte Frauen wieder. Die zweite nach der Meeresbiologin ist die meist gut gelaunte Standesbeamtin Barbara Hofmaninger. Sie hat auf dem Ortsgebiet von Traunkirchen in fünf Jahren fast 500 Paare getraut.

Warum so viele? „Weil es wunderschön ist bei uns. Der See, die Leut’, die Berg’, die Atmosphäre, einfach alles ist schee bei uns.“ Selbst über die Hagelschäden an ihrem Auto kann Hofmaninger lächeln. Das Pickerl an ihrem Wagen spricht für sich: „Designed by Hagel 2021.“

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Vier Frauen und ...

Auch für Iris Loidl, die alle möglichen Boote und Schiffe über den Traunsee steuert, geht wenig über ihren See und Heimatort: „Das alles bietet meiner Familie und mir Entspannung, Erholung und auch unser Einkommen.“

Loidl hat an der Linzer Johannes-Kepler-Universität ihr Studium erfolgreich beendet, wollte dann aber doch nicht Wirtschaftspädagogin in der Ferne werden, sondern dank ihres Kapitänspatents lieber das Steuer des gleichnamigen Transportunternehmens von den Eltern in bereits fünfter Generation übernehmen.

Sieben Minuten benötigt die Frau Käpt’n mit ihrem Schnellboot vom Hafen in Traunkirchen zum anderen Ufer des Sees. Dabei lässt der Fahrtwind ihre Haare kräftig wehen. Und auch ihre beiden Töchter sind begeistert.

Dann, plötzlich, stellt sie den Motor ab, und man hört nur mehr das Plätschern der Wellen. Iris Loidl fühlt sich jetzt an ihre eigene Kindheit erinnert: „Ich liebe die Stille des Ostufers und seine stets beruhigenden Geräusche.“

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Den Sound ihres Sees schätzt auch Monika Gröller, die gemeinsam mit ihrem Mann Wolfgang zwei Hotels und die „Greisslerei“ in Traunkirchen führt: „Drüben am Ostufer ist es so ruhig. Da kannst du die Schmetterlinge fliegen hören.“ Doch der Traunsee kann auch anders: „Wenn ein Unwetter aufzieht, dann wird er sehr laut und auch sehr turbulent.“

Die Atmosphäre des alten Ortskerns von Traunkirchen beschreibt die Geschäftsfrau als wohltuend entspannend: „Seit der Schwerverkehr hier nicht mehr durchzieht, haben wir Lebensqualität, aber auch Wohlstand gewonnen.“

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... ein Bürgermeister

„Die Umfahrung ist ein echter Segen für unsere Gemeinde“, sagt auch Christoph Schragl, der seit nunmehr acht Jahren als Ortschef Traunkirchens agiert. Auf den See vor seiner Haustür angesprochen, meint Schragl: „Der Traunsee klingt im Winter anders als etwa im Sommer. Ich mag besonders die Herbsttage, wenn die Wälder im Hintergrund ganz bunt sind – und der See glatt und still ist in der Früh.“

Auf dem Friedhof neben der Pfarrkirche erzählt der Bürgermeister, dass in seinem Ort zwei Folgen der TV-Serie „Vier Frauen und ein Todesfall“ gedreht wurden – und dass sich das Filmteam beim Dreh sehr wohl gefühlt hat.

Und wenn man den Vollblut-Politiker sehr freundlich bittet, dann fährt er flott nach Hause, holt seine Harmonika und spielt und singt unten am Ufer die Weise „Mir fahrn mit da Zilln üban See“. Das macht Lust auf mehr – auch auf den „Tiefenrausch“ hier in Kürze.

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Sie möchten der noch intakten Natur eine Stimme verleihen. Und das in einem der tiefsten und klarsten Seen Mitteleuropas – im Traunsee auf der oberösterreichischen Seite des Salzkammerguts.

Die Vorbereitungen für das Projekt „Tiefenrausch“ laufen schon seit Monaten. Am vierten Wochenende im September ist es so weit: Da wird ein U-Boot in den See stechen und knapp 200 Meter in die Tiefe tauchen, um dort noch nie Gehörtes aufzuzeichnen. „Wir wollen den Klang der Erde erstmals einfangen“, erklärt Projektleiter Lukas Steiner-Bauer. „Mit Hydrofonen und Seismometern kann man gewisse Klänge feststellen und der Erde eine Stimme geben.“

Im September 2021 war sein Team gemeinsam mit SchauTV und dem KURIER am höchsten Punkt der Republik. Damals bezwang eine Seilschaft rund um den Sänger Andreas Gabalier den Großglockner. Rund ein Jahr später geht es nun in die Tiefe des Traunsees.

Das Einzigartige dabei: Zum einen war noch nie ein Mensch so tief unten im See. Zum anderen ist das auch für die Wissenschaft spannend.

Eine wesentliche Rolle beim „Tiefenrausch“ kommt dem P-63 zu: Das U-Boot des Schweizers Philippe Epelbaum ist fünfeinhalb Meter lang, zweineinhalb Meter breit und mehr als sechs Tonnen schwer. Es  kann bis in eine Tiefe von 300 Metern tauchen. Es ist auch das einzige U-Boot, das schon in Österreich zum Einsatz kam. Epelbaum  wird sein P-63 auch im Traunsee selbst steuern.

Begleitet wird das U-Boot von Tauchrobotern und bis in eine Tiefe von voraussichtlich 50 Metern von vier Tauchern des Jagdkommandos des Bundesheers.

Live auf SchauTV sowie auf kurier.at zu sehen sein wird die multimediale Live-Expedition am 24. September im Vorabendprogramm. Laufende Berichterstattung zum Projekt und Details zur Ausstrahlungszeit siehe hier.

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