Sex-Maschine?
Bleibt nur noch die Frage: Ist Sex wirklich alles? Dazu hat die Sexualtherapeutin Anica Plaßmann ein Buch mit dem Titel „Sexfrei“ geschrieben: Weil es okay ist, keine Lust zu haben. Sie sieht sich vielen Menschen und Paaren gegenüber, die ihre Lustlosigkeit mit dem Gedanken verknüpfen, dass etwas nicht mit ihnen stimme. Die Autorin will die Idee sexueller Abstinenz enttabuisieren, weil es wichtig ist, dass jeder so leben kann, wie es für ihn passt und wie es ihn erfüllt. Dazu gehört auch ein Leben ohne Sex-Druck – abseits dessen, was uns permanent vorgebetet wird. Niemand müsse eine „Sex-Machine“ sein, wenn es die aktuelle Lebenssituation gerade nicht erlaubt oder etwas in einem Menschen nach einem „Ich will nicht!“ ruft. Es gibt Lebensentwürfe, die sich davon unterscheiden. „Der Mainstream ist pro Sex. Damit wir uns in diesem Punkt recht verstehen: Nicht jedes Anderssein und nicht jede Abweichung vom Mainstream muss meiner Meinung nach beurteilt oder von Vorbehalten befreit werden. In der Frage der Sexfreiheit aber ist es dringend an der Zeit, weil sie eine Ausdrucksmöglichkeit von Normalität ist. Zahlenmäßig. Qualitativ. Unverzichtbar. Diese Variante muss zulässig sein, wenn wir eine frei gewählte Sexualität wollen“, schreibt sie.
Die abstinente Lebensart sei manchmal eine Frage des Selbstbewusstseins, des Standings, des Zu-sich-Stehens. Kein Grund, Minderwert zu empfinden oder dass man falsch sei. Tatsächlich gibt es viele Gründe und Motive für Sexfreiheit. Da sind jene, denen eigentlich nichts fehlt, weil ihnen was anderes mehr Erfüllung schenkt. Manche warten. Auf die richtige Lebensphase, den idealen Partner. Zudem erleben manche Menschen körperliche oder physische Beeinträchtigungen, die ihnen das entspannte Erleben von Sex verunmöglichen. Von Krankheiten bis Stress. Mitunter beeinflussen Medikamente die Libido so, dass kaum mehr etwas von ihr übrig bleibt. Oft sind es Hormonveränderungen. Oder Sorgen, die entspannte Lust verhindern. Dazu kommen unterschiedliche sexuelle Skripte – also die Art und Weise, wie wir im Laufe des Lebens „gelernt“ haben. Umso wichtiger ist es, sich nicht von einem „Must-do“ stressen zu lassen. „Schauen Sie sich an, was Ihnen wirklich in Zusammenhang mit Sex passiert (ist) und wie gut oder schlecht sich das anfühlt; körperlich wie emotional. Dabei und auch danach. Und lassen Sie nicht gelten, was darüber gesprochen oder gezeigt wird. Bilden Sie sich Ihre eigene Meinung“, schreibt Plaßmann. Richtig. Es gibt keine Verpflichtung zu Sex, niemand muss „fügsam“ sein.
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