Scheidungsväter: „Vergessen Sie nicht auf Ihre Kinder“

Scheidungsväter: „Vergessen Sie nicht auf Ihre Kinder“
Psychotherapeut und Männercoach Alexander Haydn über toxische Emotionen und Möglichkeiten, Kränkungen in positive Energien umzuwandeln.
Von Uwe Mauch

Männer, die in Scheidung leben bzw. ein Obsorgeverfahren bereits hinter sich haben, kritisieren öfters, dass sie weniger Rechte haben, ihre Kinder zu sehen. Ihnen kann der Psychotherapeut und Männercoach Alexander Haydn nur bedingt recht geben. Haydn, der für die Männerberatung Wien und in eigener Praxis arbeitet, will wild protestierende Scheidungsväter vor nachhaltig gravierenden Fehlern bewahren.

Scheidungsväter: „Vergessen Sie nicht auf Ihre Kinder“

KURIER: Was raten Sie Männern, die sich in einem Scheidungsprozess befinden und sich von ihrer Ex-Frau übervorteilt fühlen?

Alexander Haydn: Zunächst einmal: Kühlen Kopf bewahren! Am besten nehmen Sie sich ein paar Tage Zeit, um sich Gutes zu tun, um so richtig durchzuatmen, sich neu zu sammeln. Dann sollten Sie sich aber professionell beraten lassen, um den Ärger und den Blick weg von der belasteten Paarbeziehung hin auf das Wesentliche, die Liebe zu ihren Kindern, zu lenken.

Gute Freunde können da nicht helfen?

Die „guten Freunde“, die zusätzlich Öl ins Feuer gießen, helfen ebenso wenig wie jene Anwälte, die anbieten, alte Schmutzwäsche zu waschen. Die entscheidende Frage ist ja immer die Frage nach dem Ziel: Wollen Sie sich an Ihrer Ex-Frau einfach nur rächen? Oder wollen Sie einen guten Kontakt zu Ihren Kindern auf Dauer aufrechterhalten?

Wie lässt sich das sicherstellen?

Eine einvernehmliche Trennung ist dafür natürlich die beste Option. In dem Moment, in dem Männer oder Frauen eigene Rechte vor einem Gericht erstreiten möchten, geben sie die Entscheidung aus der Hand – an einen Dritten. Außerdem müssen Sie damit rechnen, dass das Prozessieren viel Geld kosten wird.

Wie viel?

Über den Daumen gerechnet so um die 8.000 Euro pro Jahr.

Video: Alexander Haydn über Trennung und Kinderwohl

Und wenn die Frau dem Mann nicht erlaubt, die gemeinsamen Kinder zu sehen?

Dann gilt es zunächst, Ruhe zu bewahren. Wichtig ist an dieser Stelle auch der Hinweis auf den Artikel 9 der UNO-Kinderrechtskonvention. Der besagt sinngemäß, dass nicht die Eltern das Recht haben, ihre Kinder zu sehen. Viel mehr haben die Kinder das Recht auf regelmäßigen Umgang und Beziehungspflege, und zwar mit beiden Elternteilen.

Das ist vielleicht nicht ganz einfach, wenn ein Vater – wie uns ein Leser schreibt – seine Kinder nur einmal im Monat sehen darf.

Das mag schon sein. Allerdings wird auch dieser Leser zugestehen: Wenn es gelingt, die Elternschaft in den Vordergrund zu rücken, wird er seine Kinder schon bald öfter sehen.

Ist es besser, nur zu schweigen?

Wie schon gesagt: Wenn jemand seine Kinder sehen, ist Kooperation der beste Weg. Auch wichtig: Eine Scheidung ist eine Notsituation. Daher sollte man sich zunächst einmal auf das Wesentliche konzentrieren. Und das ist zunächst einmal ein Dach über dem Kopf. Und dann muss man sich immer im Klaren sein: Der Eindruck, den man bei Ämtern oder vor Gericht hinterlässt, kann die Obsorgeregelung beeinflussen. Ich rate meinen Klienten: Zeigen Sie sich authentisch und als ein fürsorglicher Vater.

Was könnten Männer sonst noch besser machen?

Auch wenn es menschlich sein mag: Von emotionalen Ausbrüchen im Gerichtssaal oder bei Terminen ist dringend abzuraten. Ich sage den Klienten auch: „Egal, wie verletzt Sie sich im Moment fühlen, vergessen Sie nicht auf Ihre Kinder.“

Außerdem?

Ich merke in meiner Praxis oft, dass den Männern die Worte für ihre Gefühle fehlen. Doch wenn sie nicht darüber reden können, dann ist die Gefahr groß, dass ihre Aggression nach außen dringt. Für alle, die sich scheuen, eine Beratungsstelle aufzusuchen, haben wir von der Männerberatung ein neues Angebot geschaffen: eine eigene Hotline, die Männerinfo Krisenberatung, die rund um die Uhr besetzt ist, und wo man mit professionellen Beratern reden und auch chatten kann.

Scheidungsväter: „Vergessen Sie nicht auf Ihre Kinder“

Verstehen Sie den Grant von Männern, denen das Gericht erlaubt, ihre Kinder jedes zweite Wochenende zu sehen, und die öfters abgeschasselt werden?

Ja, das kann leider vorkommen. Ich will hier aber unbedingt anmerken, dass es auch die anderen Väter gibt, jene, die sich nicht an Vereinbarungen halten, so zum Beispiel die Alimente nicht bezahlen. Und ja, geschätzte Männer: Wenn ihr eure Kinder wirklich öfter sehen wollt, dann müsst ihr in euren neuen Wohnungen auch Räume für die Kinder schaffen.

Hotline: Für Scheidungsväter, die einmal in Ruhe mit jemandem reden möchten, der ihnen zuhört und professionelle Hilfe anbieten kann, wurde eigens die Männerinfo Krisenberatung geschaffen: 0800 / 400 777 (kostenfrei, anonym, von Profis rund um die Uhr besetzt).

Chatten: Wer sich mit dem Schreiben leichter tut: Mit der neuen Männerinfo kann man hier auch chatten. Darüber hinaus bieten die Profiberater in den Männerberatungen persönliche Termine an. Anmeldung hier.

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