Plus Size: Warum es keine Männer mit Bauch auf dem Laufsteg gibt
Mit einer Größe von 1,98 Metern und 124 Kilogramm ist der Amerikaner Zach Miko von Modelmaßen weit entfernt. Dennoch bekam er einen Vertrag mit der renommierten Modelagentur IMG in New York. Und auch der nicht binäre Sänger Sam Smith sorgte bei der Paris Fashion Week für Aufsehen. In einem Mini-Kilt und olivgrünen Plateaustiefeln präsentierte er seine nackten Oberschenkel bei der Show von Vivienne Westwood.
Doch die beiden Models ohne Idealfigur sind die Ausnahme. Noch immer dominiert in der Modebranche das Bild des normschönen Mannes. Und der hat dünn, sportlich und trainiert zu sein. Vogue Business hat untersucht, wie viele männliche Übergrößen-Models bei den 66 Schauen in Mailand und Paris für Herbst/Winter 2024 auf den Laufstegen zu sehen waren: genau zwei. Während die weiblichen Curvy-Models wie Ashley Graham und Kate Upton mittlerweile die Cover von Magazinen zieren, ist die Body-Positivity-Bewegung bei Männern noch nicht angekommen. Aber warum gibt es denn keine Plus-Size-Männermodels ?
Nachfrage liegt bei null
Christopher Schwarz von Look Models International sagt: „Weil die Nachfrage gleich null ist.“ In Amerika sehe das etwas besser aus, da gebe es genügend Jobs. Schwarz habe zwar viele Männer ab 45 Jahren in seiner Kartei, aber männliche Plus-Size-Models sind keine darunter. „Die Firmen suchen zwar hin und wieder kräftige Männermodels, die sollten dann aber trotzdem gut trainiert und mit ausreichend Muskeln ausgestattet sein. Weil die meisten Männer aber nicht hauptberuflich modeln, sondern ganz normale Jobs haben, tun sich viele das gezielte Training nicht an“, sagt Schwarz. Und: Die Gagen sind in Österreich noch immer viel geringer als zum Beispiel in Deutschland. Dort verdiene ein Mann für einen Modeljob um die Hälfte mehr als hierzulande. Was laut Agenturchef Schwarz noch hinzu komme, ist, dass sich viele Männer mit Bauch nicht in Unterhose ablichten lassen wollen. Schwarz: „Dicke Männer wollen sich im Gegensatz zu vielen Plus-Size-Frauen nicht ausziehen.“
Werte wie Status und Ruhm
Ein weiterer Aspekt: Bei Frauen gebe es durch die Body-Positivity-Bewegung einfach mehr Betrachtungsweisen, was schön sei. Bei Männern sei das noch nicht der Fall. Das bestätigt auch der deutsche Männlichkeitsforscher Christoph May, der das Institut für kritische Männerforschung ins Leben gerufen hat: „Die durchtrainierte Gym-Männlichkeit mit Six Pack ist noch immer das dominierende Männerbild. Und zwar in Filmen, Serien und auch auf dem Laufsteg. Wir bekommen kaum gemütliche Väter oder dicke Superhelden zu sehen. Das könnte man ja auch einmal machen.“ Status und Ruhm sowie Leistung und Intelligenz würden bei Männern noch immer mehr zählen als ein diverses Körperbild. May: „Dicke Männlichkeit wird als schwach und verweichlicht betrachtet und gilt als unschön. Obwohl diese Männer ja die absolute Mehrheit in der Gesellschaft ausmachen.“
Vorbilder fehlen
Männer hätten wenige Vorbilder, die sie auf ein anderes Körperbild hinweisen würden. May: „Wenn wir in einer Welt aufgewachsen wären, in der es für Männer selbstverständlich wäre, dass sie die Hausarbeit schmeißen und diverse Körperbilder in Ordnung sind, würden wir anders damit umgehen. Dann würden wir vielleicht andere Männer für ihre dicken Körper feiern. Aber so ist das leider nicht der Fall.“
Und an diesem Umstand seien sie selbst schuld, denn so May: „Männer würden an reaktionären Bildern festhalten. Sie sind fantasielos, was Körperbilder und komplexe Erzählungen angeht.“
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