Abseits des Profitums ist sie eine Ausnahmeerscheinung in Fußball-Europa: „Ja, ich habe meine große Leidenschaft für den Fußball schon als Sechsjährige entdeckt, nach dem Finale in Wembley.“ Für alle, die sich nicht so für Fußball begeistern bzw. etwas jünger sind: Gemeint ist das heute noch diskutierte Endspiel der Männer-WM in London 1966. Zwischen Engländern und Deutschen. Ein umstrittenes Tor in der Nachspielzeit ließ die Gastgeber am Ende jubeln.
Vier Jahre bevor der Deutsche Fußball-Bund das Spielverbot für Frauen aufhob (in Österreich hat der ÖFB Fußballerinnen noch in den 80er-Jahren belächelt), wollte sich die Sechsjährige nicht stoppen lassen: „Ich spielte zunächst als einziges Mädchen mit den Jungs aus unserer Nachbarschaft“, sagt Martina Keller. Die im Ruhrpott gelegene Stadt Bochum bot dafür noch viele frei Räume: „Auf dem Asphalt zwischen den Garagen, auf der Wiese und auch auf dem Sportplatz. Ich bin noch eine Straßenfußballerin, von denen es heute kaum noch aktive Spielerinnen gibt.“ Von der damals selbst angelernten Technik profitiert sie bis heute, etwa wenn sie im Spiel gegen die Teams aus Poppenbüttel, Groß Borstel oder Pinneberg früher als andere den freien Raum für eine dort hinsprintende Mitspielerin sieht und ihr sodann den Ball zentimetergenau auf deren Fuß serviert.
In ihrem Buch „Ran ans Leder“ hat die bekennende Anhängerin des BVB aus Dortmund sehr ausführlich über ihre große Liebe geschrieben. Die ihr Mann Leo übrigens seit vielen Jahren mit großer Toleranz über sich ergehen lässt: „Er ist weniger der Fußball-Fan.“
Martina Keller hat auch Basketball und Tangotanzen ausprobiert: „Da gibt’s schon Parallelen. Aber beim Fußball kann jeder und jede sofort mittun, unabhängig, wie gut er oder sie spielen kann.“
Ausgerechnet der Tango hat sie zum Tanz mit dem Ball zurückgebracht: „Dabei habe ich zwanzig Jahre lang sehr gerne Tango getanzt. Aber es war dann nicht mehr lustig, wenn du als älteres Semester nicht mehr so oft zum Tanzen aufgefordert wirst.“
In der Kabine des Altonaer Sportplatzes, der auch in die Jahre gekommen ist, lässt man sie nicht sitzen, wurde seit ihrem Punktspiel-Comeback („mit 56“) noch nie über ihr Alter gelästert.
„Für mich wird es jedoch mit jedem Jahr schwieriger“, gibt Martina Keller zu. „Ich bin zwar noch schnell, aber nicht mehr ganz so schnell wie in meiner Jugend. Auch muss ich ständig etwas dafür tun, um fit zu bleiben. Es ist jetzt nicht mehr so einfach, mit den Jüngeren mitzuhalten.“ Die meisten Gegen- und Mitspielerinnen könnten vom Alter her ihre Töchter sein – einige sogar schon ihre Enkeltöchter.
Jammern auf sehr hohem Niveau? Gewiss. Jedoch muss sich auch eine 62-Jährige irgendwann mit dem Ende ihrer sportlichen Karriere abfinden: „Ich weiß natürlich, dass ich nicht ewig kicken kann. Aber im Moment ist’s für mich noch unvorstellbar, dass ich meinen Abschied auf dem Platz geben muss.“
Auf geht’s – gegen die Frauen von Poppenbüttel!
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