Selber züchten: Wie Austernpilze auf Kaffeesud gedeihen

Pilze liegen für Manuel Bornbaum irgendwo zwischen Topfpflanze und einem Haustier. Warum, das erklärt der Agrarwissenschaftler so: „Pilze sind keine Pflanzen, sondern haben eine eigene Funktionsweise, weshalb ihr Anbau schwieriger ist als der von Gemüse und Blumen, aber weniger anstrengend als die Pflege eines Hundes.“
Die Hauptschwierigkeit bei der Zucht von Schwammerln sei die Hygiene: „Es ist wichtig, dass auf dem Substrat kein Schimmel wächst.“ Bornbaum weiß, wovon er spricht, hat er doch 2015 gemeinsam mit seinem Kollegen Florian Hofer das Start-up „Hut und Stiel“ gegründet. Ihre Idee: Kaffeesatz, den es in Wien in großen Mengen gibt, als organisches Substrat zu nutzen, um darauf Austernpilze zu züchten. Heute verkauft die Firma nicht nur Pilzprodukte, sondern auch Sets, damit jeder zu Hause seine eigenen Schwammerln anbauen kann.
Immer sauber
„Nicht nur Hygiene, sondern auch die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit spielen eine entscheidende Rolle, die Lichtverhältnisse sind hingegen nicht so entscheidend“, sagt der Austernpilzzüchter.
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So funktioniert's:
- Wer Pilze züchten will, braucht zuerst einmal ein Pilzmyzel – das sind quasi die „Wurzeln“ der Schwammerln – oder eine Körnerbrut, auf der Myzele sitzen.
- Diese Myzele „füttert“ man alle paar Tage mit Kaffeesatz, der allerdings weder zu feucht noch zu trocken sein darf.
- Achtung: Satz von Filterkaffee ist meist zu nass und sollte mit einem Küchentuch etwas getrocknet werden, während jener aus Siebträger-Maschinen oder Vollautomaten zu trocken ist und etwas besprüht werden muss. Nur die gute alte Espressomaschine, wie sie jeder Italiener zu Hause hat, macht das perfekte Substrat.
- Wichtig: „Der Kaffeesatz sollte nicht zu alt sein – sonst wächst schnell Schimmel darauf, was wir ja vermeiden wollen“, sagt Bornbaum.
- Wenn dann noch die Temperatur stimmt, hat man nach 20 Tagen gute Chancen auf eine Ernte – zwischen 12 und 25 Grad sollte es haben
Doch Vorsicht: große Temperaturschwankungen mögen Pilze nicht. Am besten gedeihen sie in erdfeuchten Kellern – darauf weist Andreas Fellner von der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Gartenbau Schönbrunn hin. Dort versucht man, Pilze auf Baumstämmen zu züchten: „Wir untersuchen nicht nur, auf welchem Baum wir den höchsten Ertrag haben, sondern auch, ob die Schwammerln je nach Holzart unterschiedlich schmecken.“

Bei der Firma Hut und Stiel wird Bio-Kaffee gesammelt und als Substrat für Austernpilze genutzt.
In Symbiose
Allerdings wächst nicht jedes Schwammerl auf Substraten wie Kaffeesatz, Stroh oder Holz. Nur Seitlinge, zu denen Austernpilze sowie die Limonen- und Kräuterseitlinge gehören, Shiitake und Champignons lassen sich anbauen. Letztere kultiviert man in Frankreich schon seit dem 18. Jahrhundert.
Klassische Waldpilze, wie Eierschwammerln, Herrenpilze oder Trüffel wachsen nur in Symbiose mit lebenden Bäumen. „Und das nachzuahmen ist so gut wie unmöglich“, sagt Fellner und beklagt: „Im Netz wird da mit Versprechungen viel Schindluder betrieben. Doch in der Praxis funktioniert das nur selten.“
Dass es für den perfekten Pilz-Standort keine fixe Regel gibt, weiß jeder Schwammerlsucher aus Erfahrung: „Im Wald gibt es Stellen, die dicht nebeneinander liegen, das gleiche Mikroklima sowie die gleichen Bäume um sich haben – und doch wächst an einem Ort kein einziges Schwammerl, während daneben Hunderte sprießen.“
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