Immer wieder tauchen zwischen Bodensee und Neusiedler See Tiere und Pflanzen auf, die hier bisher nicht heimisch waren bzw. noch nie beobachtet werden konnten.
Unbenannt
Zelus ranardii – eine deutsche Bezeichnung für die Raubwanze gibt es noch nicht – ist nun also auch eine Grazerin. Ursprünglich stammte das Insekt aus Nord- und Mittelamerika. Vor einigen Jahren wurde es in Europa eingeschleppt und breitete sich zunächst ums Mittelmeer aus. Nun scheint sich der Vielfraß auch in Österreich etabliert zu haben. Er findet sich damit in bester Gesellschaft mit u. a. dem Kreuz-Schneckenspringer in Wien, der Buckeltanzfliege in der Steiermark und einem Saftkäfer in Salzburg.
„Leider gibt es noch keine zentrale Biodiversitätsdatenbank in Österreich, eine solche wäre dringend notwendig“, sagt Nikolaus Szucsich. Der Manager des Austrian Barcode of Life, der die DNA aus Flora und Fauna schrittweise inventarisiert, wünscht sich ein nationales Zentrum für Biodiversitätsdokumentation, so wie es Deutschland und die Schweiz bereits haben. Hierzulande dagegen führen Experten Listen zu unterschiedlichen Organismengruppen, nur wenige sind frei zugänglich. Die Aktualität der publizierten Daten lässt zudem zu wünschen übrig.
Ein Fünftel der Insektenarten beschrieben
Ob Citizen Scientists oder studierte Kollegen – die geografische Lage und die abwechslungsreiche Landschaft in Österreich bieten Spürnasen ein großes Betätigungsfeld. „Weltweit ist nur ein Fünftel der Insektenarten beschrieben. Eine neue Art zu finden, ist keine Sensation, zumindest in den Tropen“, sagt denn Herbert Zettel, Leiter der insektenkundlichen Sammlung im Naturhistorischen Museum Wien NHM.
Auch der boomende Zuzug von Arten über die Grenzen ist schnell erklärt. Zum einen trägt der Klimawandel dazu bei, dass sich wärmeliebende Spezies in neuen Lebensräumen niederlassen. So ist etwa die asiatische Tigermücke endgültig in allen Bundesländern angekommen, die zunehmend milden Winter ermöglichen ihr die Fortpflanzung.
Zum anderen begünstigt die Globalisierung die Ausbreitung gebietsfremder Tiere und Pflanzen. Die winzige Schwebgarnele Heteromysis domusmaris etwa reiste als blinder Passagier mit Dekosteinen aus dem Korallendreieck ins Haus des Meeres. Die bis dahin gänzlich unbekannte Miniatur-Landschneckenart Schwammeria rumbangesis wiederum schaffte es trotz Wurzeldesinfektion und langen Fluges mit Kletter- und Bodenpflanzen ins Regenwaldhaus des Tiergartens Schönbrunn.
Apropos Schnecken: 2021 meldete das NHM gleich 33 neue Arten. Sie lebten vor 15 Millionen Jahren im tropischen Meer, das sich vom heutigen Wien bis in den Kaukasus erstreckte. Mehr als 150 Jahre warteten die versteinerten Zeitzeugen in den Laden der Sammlung auf ihren großen Auftritt.
Das Archiv als Fundgrube
„Auf fünf Millionen Fossilien kommt eine Handvoll Spezialisten“, sagt Mathias Harzhauser, Abteilungsdirektor Geologie & Paläontologie im NHM am Burgring. Für sie sind Archive wahre Fundgruben. Hin und wieder geben diese ein absolutes „Highlight“ frei – wie vor knapp 15 Jahren, als sich fossile Puzzleteile aus unzähligen Schuhschachteln zum Riesenmondfisch Austromola zusammensetzen ließen. Der Drei-Meter-Kaliber versandete einst am oberösterreichischen Meeresgrund – ein Unikat. Kleinere Enthüllungen sind weit häufiger. Wer allerdings im Gelände nach Sauriern forscht, sucht die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen. Citizen Scientists haben bei Raubwanze & Co jedenfalls bessere Chancen auf Entdeckungen.
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