Geheimnis des Vogelflugs enträtselt

Britische Studie zeigt: Fliegen in V-Formation spart Energie.
Waldrappe spüren Luftströme und fliegen in V-Formation, um Energie zu sparen.

Gemächlich zuckelt der Paraplane über den Himmel. Maximal 45 km/h – auf mehr bringt es das Ultraleicht-Fluggerät nicht. Das ist gut so, denn im Schlepptau der Forscher fliegen Waldrappe. Sie können nicht schneller, weil die Jungvögel darauf trainiert wurden, ihren menschlichen Zieheltern zu folgen. Und die sitzen in den Fluggeräten.

Waldrappe sind bedroht wie kaum eine andere Vogelart und besitzen die genetische Veranlagung, im Herbst in ein Überwinterungsgebiet zu ziehen. Beispielsweise von Österreich in die Toskana. Allerdings fehlt den Zoo-Tieren durch die Generationen, in denen sie in freier Wildbahn ausgestorben waren, jede Information über die Zug-Route. Das bringen österreichische Forscher ihnen seit 2002 bei.

Muskelarbeit

Die Bedingungen der Waldrapp-Migration sind einzigartig und bieten neue Forschungsmöglichkeiten. Etwa wenn man – weil man ohnedies schon abgehoben hat – das Auf und Ab der Flügel, ihren Neigungswinkel sowie die Muskelbeanspruchung während des Fluges dokumentiert, um die Energetik des Vogelflugs zu erforschen. So unlängst geschehen, als britische Biologen beim Waldrappteam anfragten, ob sie mit den Vögeln arbeiten könnten.

Hintergrund der Aktion waren mathematische Modelle, die zeigen, dass Vögel im Formationsflug Energie sparen können, wenn sie den Aufwind nutzen, den vorausfliegende Artgenossen erzeugen. Doch es gab viel Skepsis an der Energiespar-Hypothese, weil sich kein Mensch eine derart exakte Abstimmung des Flugverhaltens vorstellen konnte.

Datenerfassung

Jetzt haben die britischen Wissenschaftler den Wahrheitsbeweis angetreten, 14 handzahme Tiere mit Datenerfassungs-Geräten ausgestattet und während zwei Tages-Etappen auf dem Weg nach Süden jede Bewegung exakt erfasst. Das Ergebnis: Die Vögel wechseln ihre Position innerhalb der Formation oft und passen dabei ihren Flügelschlag so an, dass sie den Aufwind, den ihr Vorder-Vogel produziert, aerodynamisch bestmöglich nutzen.

Synchron-Flieger

Abstand, Flügelschlag, Geschwindigkeit – alles abgestimmt: Fliegen die Waldrappe seitlich versetzt, was die V-Formation ergibt, schlagen sie ihre Flügel völlig synchron und gleichzeitig mit jenen des voranfliegenden Waldrapp. Fliegen sie hingegen direkt hintereinander, ist der Flügelschlag zwar ebenfalls synchron, aber gegenläufig, also nach unten gerichtet, wenn der Vorder-Vogel die Flügel nach oben bewegte und umgekehrt. So gleichen sie die negativen Effekte der von voranfliegenden Vögeln erzeugten Abwinde aus.

Kein Wunder, dass das Wissenschaftsmagazin Nature die Arbeit auf den Titel der aktuellen Ausgabe gehievt hat und Studien-Autor Steven Portugal dort meint, dass „die Vögel die bemerkenswerte Fähigkeit besitzen, die von den Artgenossen erzeugten Luftströmungen vorherzusehen bzw. zu spüren“.

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