Fußball als Achterbahn der Gefühle

Fußball emotionalisiert.
Sportpsychologe Georg Hafner erklärt, wie Erwartungen die Stimmung beeinflussen.

Island gegen Österreich – das ist wahre Brutalität. Im Stadion von Saint-Denis kommt es heute zur entscheidenden Begegnung. Die österreichische Seele fährt seit Beginn der Fußball-Europameisterschaft Achterbahn. Sportpsychologe Georg Hafner erklärt die stimmungsmäßige Berg- und Talfahrt der Zuschauer.

"Die Erwartungshaltung ist irrsinnig wichtig", sagt der Psychologe. Die österreichische Mannschaft hat in den Qualifikationsspielen Leistung gezeigt, Teamgeist und Ballgefühl bewiesen. Kein Wunder, dass den Sportlern um Marcel Koller auch ein gutes Abschneiden beim Wettbewerb zugetraut wurde.

Menschlich

Das erste Match – die Niederlage gegen den vermeintlich schwächeren Gegner Ungarn. Hafner: "Da ist verständlich, dass die Motivation sinkt." Von einer Manisch-Depressiven-Verstimmung will der klinische Psychologe nicht sprechen: Siege sind zum Mitfreuen, Niederlagen dürfen betrauert werden. Das ist keineswegs krankhaft, sondern zeugt von gesundem Mitgefühl.

Erwartung

"Ganz wichtig für die Erwartungshaltung sind die Medien", sagt Hafner. Trainer, Spieler und Experten, die in den Medien zu Wort kommen, reißen die Fans mit. Da kommt die Stimmung auf, dass Österreich das Zeug zu mehr hat, warum nicht gleich Weltmeister in Rot-Weiß-Rot. "Das Pushen ist ein Werkzeug der Medien", sagt Hafner. Zeitungen, TV und Radio sind demnach am emotionalen Auf-und-Ab stark beteiligt. "Heute um 18 Uhr sitzen wir in der Achterbahn und wissen nicht, wo es hingeht."

Sieg

Führt die Achterbahn zum Sieg gegen das Inselvolk? "Dann steht Österreich heute Kopf. Es wird Experten und Zuschauer geben, die es immer schon gewusst haben. Bei einem Sieg haben wir wirklich viel erreicht", sagt Fußballfan Hafner.

Niederlage

Braust die Achterbahn Richtung Niederlage oder Unentschieden für Österreich? Hafner: "Dann holt uns das Spiel auf den Boden der Realität zurück. Beim Fußball kann man eben gewinnen oder verlieren. Und wir dürfen enttäuscht sein."

Fazit ist: Das Spiel ist erst zu Ende, wenn der Schiedsrichter abgepfiffen hat. Hafner: "Daher anfeuern und mitfiebern bis zum Schluss – die Achterbahn Fußball kann bis zur letzten Sekunde ihre Richtung ändern."

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