Ist es Langeweile oder das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit?
Allerdings, betont sie, sei „Langeweile per se noch gar nichts Schlimmes“. Im Gegenteil: „Kinder kommen im Leerlauf auf die tollsten Ideen und versinken im selbstvergessen Spielfluss.“ Es gelte, Langeweile vom Bedürfnis nach Zuwendung zu unterscheiden. „Auch Letzteres verbalisieren Kinder gerne mit dem Satz ‚Mir ist fad!‘“ Obwohl sie eigentlich sagen wollen, dass sie Zeit mit Mama und Papa verbringen möchten. Ist das Aufmerksamkeitsbedürfnis gestillt, „kann man die Langeweile ruhig auch mal da sein lassen“.
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Spannendes Spielzeug muss nicht teuer sein
Pichlers Credo lautet allgemein: Weniger ist mehr. „Beim Spielen kann man mit Alltags- und Naturmaterialien kreativ werden – das erspart Eltern viel Zeit und Aufwand.“ Pichler ist Fan sogenannter Loose-Play-Spiele, die freie Beschäftigung unterstützen. Dabei werden lose Einzelteile – Korken, Schraubdeckel, Steine, Kastanien oder Sand zum Beispiel – sortiert, kombiniert, auf Flächen verteilt, in Behälter gefüllt, ausgeschüttet, verwandelt oder zusammenfügt. „Das weckt die Neugier und motiviert Kinder, der Fantasie freien Lauf zu lassen.“
Es sei nicht wichtig, massenhaft oder besonders teures Material bereitzustellen, sondern eher viele spielerische Varianten anzubieten. Dafür eignet sich die Zeit um Weihnachten besonders gut. Die Keksausstecher kommen wieder ins Spiel: „Mit ein bisschen Bastelfarbe kann man damit Packpapier bedrucken und es zu Geschenkpapier umgestalten.“ Mit den Fingern lassen sich Schneemänner drucken und mit den Füßen kleine Tannenbäume. Geschenkanhänger sind schnell aus Klopapierrollen gebastelt, die man in Ringe schneidet und mit bunter Wolle umwickelt.
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Aus blitzschnell angerichtetem Salzteig (siehe Infobox) lassen sich weihnachtliche Figuren formen. Eine nette Idee zum Jahresende: die Jahresbox. Indem man Fotos, Bastelwerke oder andere Erinnerungen sammelt, kann man das Jahr Revue passieren lassen.
Auch Kinder brauchen ungestörte Momente
Neben dem gemeinsamen Spiel ermutigt Pichler Mütter und Väter auch dazu, Kinder an das Spiel alleine zu gewöhnen. „Das darf man dem Nachwuchs ruhig zutrauen.“ Kinder bräuchten animationsfreie, ungestörte Phasen, um sich weiterzuentwickeln und Ereignisse des Tages zu verarbeiten. Ein Kind, das nie gelernt hat, seine Langeweile zu überwinden, weiß auch als Erwachsener nicht, was es mit sich anfangen soll.
Weihnachten kann für Kinder wunderschön, aber auch sensorisch überfordernd sein. Pichler empfiehlt, die Feiertage mit Ruhe und Gemütlichkeit zu begehen. „Es lohnt sich, schöne Winterrituale zu pflegen, zum Beispiel jeden Abend eine Kerze anzuzünden und eine Geschichte zu lesen oder zusammen Punsch zu kochen.“
Dann kommen Kinder ausgeglichen und nicht vollkommen reizüberflutet durch die Feiertage. Und das Warten auf Weihnachten und eventuell aufkommende Langeweile an den Festtagen lässt sich dann auch besser aushalten.
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