Familienbande bei Stachelmäusen

Stachelmäuse sind beliebter denn je. Artgemäß hält man die scheuen Nager mit einem trockenen Klima und Klettermöglichkeiten.

Sie haben eine spitze Schnauze, riesige Knopfaugen und hochstehende Trichterohren. Süß. Ihr Fell an Kopf, Bauch und Flanken ist streichelweich. Verlockend. Und am Rücken? Da wachsen klar abgegrenzt grobe Borstenhaare. Stachelmäuse sind unter Ihresgleichen überaus sozial, sie putzen sich gegenseitig und schmiegen sich beim Schlafen aneinander an. Von Menschen lassen sie sich jedoch nicht gern angreifen. Kuschelfaktor: Null.

Faszination

"Stachelmäuse werden seit mehr als zehn Jahren als Heimtiere gehalten. Sie haben sich aber noch nicht so durchgesetzt wie andere Kleinsäuger", sagt KURIER-Tiercoach Dagmar Schratter. Die Direktorin des Tiergarten Schönbrunn schätzt die Verwandten der Hausmaus als "sehr interessante Tiere". Die Gruppendynamik der herzigen Vierbeiner ist beobachtenswert, ihre Biologie faszinierend. Simone Haderthauer, Zoologische Abteilungsleiterin im Wiener Tiergarten, gibt Tipps, wie die neuen Lieblinge der Kleintier-Halter artgemäß versorgt werden.

Stachelmäuse kommen meist in karger Wildbahn in mehr als 14 Arten weit verbreitet vor. Als Haustier ist vor allem die dämmerungs- und nachtaktive Sinai-Stachelmaus durchaus robust. "Einzelhaltung ist verboten", sagt die Expertin aus dem KURIER-Tiercoach-Team. Stachelmäuse sind sehr gesellig. Paare, die sich zu einer Familiengruppe vermehren, fühlen sich am wohlsten. Doch Vorsicht: Für Nachwuchs ist schnell gesorgt. Die Geschlechtsreife setzt mit spätestens drei Monaten ein, die Tragezeit dauert nur 35 Tage. Schon am Tag der Geburt sind Muttertiere wieder bereit zur Fortpflanzung. Die Zwillinge bzw. Drillinge kommen mithilfe von Hebammen behaart und mit offenen Augen zu Welt. Männchen stehen Wache. Tanten übernehmen immer wieder die Aufsicht der Babys, hin und wieder schlüpft ein Kleines in der Nachbarhöhle unter. "Eine Gruppe sollte aus mehr Weibchen als Männchen bestehen. Bei Streitereien muss man die Tiere trennen", sagt Haderthauer. Junge Tiere lassen sich einfacher vergesellschaften als erwachsene. Arten bleiben besser unter sich.

"Ein Terrarium hat sich für die Haltung der Nager bewährt. Die Tiere fühlen sich dort sicher und sind gut geschützt vor Kälte und Zugluft", erklärt die Expertin. Gute Lüftung muss aber sein. Wegen der Ausbruchgefahr braucht ein Käfig enge Maschen. Kunststoff ist unbrauchbar. Die Grundfläche der Behausung misst jedenfalls 1 mal 1 Meter. Seitenwände sind mindestens 40 cm, besser 60 cm hoch. Stachelmäuse klettern und springen mit Begeisterung.

Einrichtung

Als dünner Bodengrund eignet sich Nager-Einstreu. Saugfähige Materialien wie Hobelspäne ergänzt mit Heu halten das Terrarium trocken. Feuchtigkeit macht die Vierbeiner krank. "Bei der Einrichtung kann man der Kreativität freien Lauf lassen", sagt die Expertin. Die Neugierdsnasen nützen am liebsten vorgegebene Höhlen. Zwischen Steinen und Wurzeln ruhen sie gut, in Tontöpfen und Papprollen finden sie wunderbare Verstecke. Äste dienen als Klettergerät und zur Zahnpflege.

"Man muss einmal am Tag kontrollieren, ob alle da und gesund sind", sagt Haderthauer. Täglich frisches Wasser in der Nippelflasche oder Schale versteht sich von selbst. In die Futterschüssel kommen herkömmliche Mischungen für Hamster oder andere Kleintiere – Sämereien und Körner. Stachelmäuse freuen sich auch über Salat und Gurkenscheiben. Haferflocken, Mehlwürmer und Katzenfutter zählen zur Kraftnahrung und stehen daher selten am Speiseplan – die Tiere sind karge Kost gewöhnt. "Waldvogelfutter kann ins Heu gestreut werden, das macht die Futtersuche zu einer netten Beschäftigung", sagt die Expertin aus dem KURIER-Tiercoach-Team. Kotpemmerln werden täglich entfernt, das große Ausmisten erfolgt einmal pro Woche.

Stachelmäuse sind genügsam. Bei einem klaren Hell-Dunkel-Rhythmus mit wechselnden Temperaturen von etwa 24 C unter tags und 19 C nächtens können sie bis zu sieben Jahre alt werden. Das Durchschnittsalter liegt bei drei Jahren.

Wussten Sie, dass ...
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 Stachelmäuse nach ihren groben Borstenhaaren am Rücken benannt sind? Die Stacheln entstehen durch zusammengelegte Follikel und bestehen aus einer biegsamen Haar-Struktur. Die Stacheln schauen härter aus als sie tatsächlich sind.

...  die meisten der etwa 14 Arten ein gelbliches Fell besitzen? Es ist gräulich durchsetzt, der Bauch ist hell.
...  die Nager aus der Familie der Langschwanzmäuse bis zu 15 Zentimeter groß werden? Der nackte, geschuppte Schwanz ist noch einmal so lang. Das Gewicht variiert zwischen 30 Gramm und 100 Gramm. Vorsicht: Stachelmäuse in Heimtierhaltung neigen zu Fettsucht.
...  die frei lebenden Arten meist trockene Gebiete bewohnen? Sie sind in den (Halb)Wüsten, Felsgebieten, Savannen und Trockenwäldern im südlichen Europa, in kleinen Teilen Asiens und weiten Teilen Afrikas zu Hause.
...  die Nestflüchter bereits mit weichen Borstenhaaren und durchgebrochenen Schneidezähnen zur Welt kommen? Die Säugetiere beginnen meist schon an ihrem Geburtstag, sich für feste Nahrung zu interessieren.
...  die überaus sozialen Vierbeiner gut hören und sehen? Sie kommunizieren über Geräusche, Geruch und Berührung. Sie zeigen auch bei hoher Individuendichte keine aggressiven Neigungen gegen Familienmitglieder.
...  man Stachelmäuse nie am Schwanz hochheben darf? Der Körperteil ist leicht verletzbar. Die scheuen Tiere sollen nur im Notfall aus ihrer Behausung genommen werden. Am ehesten gelingt das Einfangen mit einer kleinen Transportbox.
...  Stachelmäuse nicht die richtigen Heimtiere für Kinder und Menschen mit Streichelbedürfnis sind? Sie können schmerzhaft zubeißen und flüchten schnell.

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