EU knöpft sich Facebook-Werbung vor

EU knöpft sich Facebook-Werbung vor
Während in den USA ein Börsengang im Raum steht, bringen neue EU-Regeln das Geschäftsmodell der Firma ins Wanken.

Ein Börsengang, der zehn Milliarden Dollar einspielen und Facebook mit der unglaublichen Summe von 100 Milliarden Dollar bewerten soll: Die Meldung des Wall Street Journal sorgte vor allem in den USA für viel Aufsehen. Immerhin: Wenn Mark Zuckerbergs Online-Netzwerk wie kolportiert im April 2012 den Schritt wagt, wäre das der größte Börsengang der IT-Geschichte: Google nahm 2004 etwa 1,9 Milliarden Dollar ein.

Ausbremsen

Die Euphorie in den USA kann derweil nicht nach Europa überschwappen. Die EU-Kommission will die Art, wie Internetfirmen Nutzerdaten zu Werbezwecken sammeln, neu reglementieren - und stellt damit das gesamte Geschäftsmodell von Facebook infrage. "Der Bürger hat ein Recht auf seine privaten Daten", sagte EU-Justizkommissarin Viviane Reding kürzlich in einem Interview mit dem KURIER. "Wenn Firmen diese Daten verwenden wollen, muss er zustimmen." Facebook holt sich diese Zustimmung, dass vom Alter bis zu den Hobbys alles für Werbung ausgewertet werden kann, derzeit über die seitenlangen Nutzungsbedingungen ein, die jedes Mitglied bei der ersten Anmeldung akzeptieren muss.

Eine neue EU-Direktive, die bereits im Jänner 2012 (drei Monate vor einem möglichen Facebook-Börsengang) vorgestellt wird, soll das ändern. Die europäischen Mitglieder müssten eigentlich ausdrücklich gefragt werden, ob sie auf ihre Daten zugeschnittene Werbung wollen oder nicht.

Ablehnung

"Das hätte starke Auswirkungen auf die gesamte Internet-Werbung, nicht nur auf Facebook, sondern etwa auch auf Google", sagt Michael Kamleitner, Social-Media-Experte bei der Agentur "Die Socialisten". "Ein signifikanter Teil der Nutzer würde dem wohl nicht zustimmen." Für Facebook hätte das dramatische Folgen: 2011 macht die US-Firma mit diesem Geschäftsmodell voraussichtlich 4,27 Milliarden Dollar Umsatz. Da 75 Prozent der mehr als 800 Millionen Nutzer außerhalb der USA leben, ist Mark Zuckerberg immer stärker auf ausländische Werbemärkte - vor allem Europa - angewiesen.

Durchschaut

Facebook sieht die Sache naturgemäß anders. "Wir sind vollkommen konform mit dem EU-Recht", so ein Sprecher. Aus Sicht der Firma hat das gezielte Schalten von Anzeigen Vorteile. Wenn Werbung den Interessen des Nutzers entspräche, würde sie nicht als störend empfunden. "Das ist eine sehr manipulative Art der Werbung", sagt Christian Jeitler, Sprecher des Wiener Datenschutzvereins "Quintessenz". Zudem würden Freunde missbraucht werden, um Produkte zu empfehlen.

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