Vom Kräutertee zum Lifestyle-Produkt: Ein Tee für jede Lebenslage
Sie sollen Energie liefern, bei der Entspannung helfen oder neuerdings Menstruationsbeschwerden mildern: Für jede Lebenslage scheint es mittlerweile die passende Teemischung zu geben. Das alte Hausmittel ist längst zum Lifestyleprodukt geworden.
„Tee steht heute für einen bewussten Lebensstil“, sagt Stephan Krömer, Präsident des Österreichischen Tee-Instituts (ÖTI). Der einstige Begleiter ist zum Mittelpunkt geworden – für bewusste Rituale, als Ausdruck von Achtsamkeit oder als Statement eines modernen Lebensstils. Apothekerin Astrid Janovsky fällt das ebenso auf: „Kamille war früher ganz vorn in der Beliebtheit, da hat die Begeisterung in meiner Wahrnehmung etwas nachgelassen. Immer beliebter werden dafür ‚funktionale’ Mischungen, wie etwa ‚Hustentee’, ‚Blasentee’ oder ,Entspannungstee‘“.
Alternative zu Kaffee
Ähnlich Beobachtungen betont man im Teehaus Kottas. „Viele trinken Tee als Alternative zu Kaffee oder zuckerhältigen Getränken. Wasser allein ist oft zu langweilig, man will ein bisschen Geschmack.“ Oft werde auch nach wärmenden oder kühlenden Kräutern gefragt, „der Aufguss wird in die tägliche Getränkezufuhr eingebaut“.
Die Kottas-Teemischungen werden in Apotheken vertrieben. Das setze eine andere Qualität voraus. „Arzneitees müssen eine Wirkstoffgarantie der Kräuter laut Arzneibuch abgeben.“ Das stelle den größten Unterschied zu Tees aus dem Supermarkt dar. „Bei Arzneitees müssen die festgelegten Inhaltsstoffe genau eingehalten werden. Das schmeckt man auch.“ Bei Lebensmitteltees gelten andere Ansprüche. „Ein bestimmtes Kraut muss zwar drinnen sein, aber die genaue Menge ist nicht vorgegeben.“ Der Geschmack des Tess kann durch zusätzliche Inhaltsstoffe zustande kommen.
Früchte- und Kräutertee sind beliebt
Die Österreicher greifen in der kalten Jahreszeit am liebsten zu Tee – Früchte- und Kräutertees machen unverändert den höchsten Anteil aus. Laut Tee-Institut sind diese bei 70 Prozent beliebt. Allerdings: Von Tee dürfte man gar nicht sprechen. Korrekterweise zählen nur grüner oder schwarzer Tee zu dieser Kategorie. Alle anderen sind tatsächlich Aufgüsse. Was sich trotz ständig wachsenden Angebots verändert hat: ein höheres Qualitätsbewusstsein. „Es ist vielen Kunden bewusst, dass ein Tee, der nach ‚heißer Liebe’ schmeckt, auch den einen oder anderen Aromazusatz enthält. Was den Aspekt des gesunden, natürlichen Getränks konterkariert“, betont Janovsky. Die Apothekerin stellt etwa ein gesteigertes Interesse an Kräutermischungen fest, die man „einfach so, ohne spezielle medizinische Indikation, im Alltag trinken kann“.
Dennoch sieht sie gerade beim Trend zu Funktionstee Informationsbedarf. „Ein Tee ist ein Getränk und kein Arzneimittel. Alleine in der Rohstoffqualität gibt es schon massive Abweichungen.“ Damit sei es noch nicht getan. „Auch Wassertemperatur, Ziehzeit und in manchen Fällen Zusätze wie etwa Milch bestimmen, wie viele und auch welche Wirkstoffe tatsächlich in der Tasse landen.“
Wirkweise ist unterschiedlich
Man müsse also genau hinschauen: „Liefert diese Pflanze in Wasser überhaupt Wirkstoffe und wie viel Wirkung kann ich mir tatsächlich erwarten?“
Bei Menstruationsbeschwerden ist sie skeptisch. „Sie werden durch den Tee vermutlich nicht besser, vielleicht aber durch die beruhigende Wirkung des Rituals des Teetrinkens.“ Auch diesen Aspekt dürfe man laut Janovsky nicht außer Acht lassen. „Warme Flüssigkeiten und die Entschleunigung durch das Ziehenlassen haben jedenfalls einen entspannenden Effekt.“
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