Warnung vor Blackout in Europa

APA10009264-2 - 29102012 - KÖTTMANNSDORF - ÖSTERREICH: ZU APA 0068 CI - Der Wintereinbruch in Kärnten hat in der Nacht auf Montag, 29. Oktober 2012, zu zahlreichen Stromausfällen in insgesamt 6000 Haushalten geführt. Mitarbeiter des Energieversorgers Kelag arbeiten mit Hochdruck an der Reperatur. Im Bild: Kelag-Monteure am Montag, 29. Oktober 2012, bei der Wartung der Stromleitungen in Köttmannsdorf, Kärnten. APA-FOTO: GERT EGGENBERGER
Die Bedrohung für Österreichs Stromnetze kommt von außen, sagen Experten.

Plötzlich bleibt der Geschirrspüler stehen, der Wasserkocher hört auf zu sprudeln, die Gespräche im Radio verstummen und es wird schlagartig finster im Raum: Stromausfall. Wenn ganze Städte oder Länder mehrere Stunden oder Tage ohne Elektrizität auskommen müssen, spricht man von einem Blackout. Auch in Österreich ist ein solches Szenario nicht unwahrscheinlich. „Das Versorgungssystem basiert auf einem europäischen Verbundsystem, wir haben ein Netz für ganz Europa. Veränderungen in der Netzbelastung haben daher Auswirkungen auf die Situation in den heimischen Netzen“, erklärt Herbert Saurugg, langjähriger Experte für IKT-Sicherheit, Krisenmanagement und Stromerzeugung, im Gespräch mit der Futurzone. „Insgesamt gibt es sehr viele Eingriffe, die das europäische Verbundnetz instabil machen. Wenn gerade eine derart instabile Phase vorhanden ist und irgendwo fällt dann eine Leitung aus aufgrund von Witterungsverhältnissen, kann das relativ schnell zum Kaskadeneffekt führen“, sagt Saurugg, der als ehemaliger Berufsoffizier seit zwölf Jahren mit IKT-Sicherheit vertraut ist.

Eingriffe nehmen zu

Zu Veränderungen in der Netzbelastung kommt es beispielsweise dann, wenn die Balance zwischen Verbrauch und Erzeugung nicht mehr gewährleistet werden kann. In den vergangenen Jahren musste in Österreich daher immer häufiger eingegriffen werden, wenn es zu Engpässen gekommen ist. Zuständig dafür ist in Österreich die Austrian Power Grid AG (APG). „Während die APG im Jahr 2009 noch etwa 1800 Netzeingriffe zählte, waren es 2011 bereits 2500. Eine Zunahme notwendiger Netzeingriffe ist in den vergangen Jahren also zu beobachten“, erklärt Markus Pederiva von der APG.

„Mit den bisherigen Kraftwerken waren derartige Engpässe relativ einfach zu steuern, mit den dezentralen Ökostromerzeugern muss man sich danach richten, was gerade produziert wird“, erklärt Saurugg. Wenn es beispielsweise in den Windparks in Norddeutschland aufgrund kräftiger Böen zu einer massiven Überproduktion kommt, werden dadurch in der Folge auch die Netze in angrenzenden Ländern belastet. Die APG sieht dies ähnlich. „Großflächige Stromausfälle sind in aller Regel eine Verkettung mehrerer Faktoren. Das haben Zwischenfälle aus der Vergangenheit gezeigt. Die Wahrscheinlichkeit von Blackouts in Europa wird vor allem dann zunehmen, wenn sich in den kommenden Jahren die Erzeugungsstruktur weiter zugunsten hoch volatiler erneuerbarer Energieträger verändert, aber die Netzinfrastruktur parallel dazu nicht entsprechend weiterentwickelt wird“, sagt Pederiva.

Der niederösterreichische Energieversorger EVN bestätigt gegenüber dem KURIER, dass ein Blackout aus diesen Gründen „nicht auszuschließen“ sei, will der Energiewende aber nicht alleine die Schuld für die zunehmende Blackout-Gefahr in Europa geben. „Es ist alles eine Frage der Rahmenbedingungen und wir stehen vor großen Herausforderungen. Bei der Energiewende dürfen wir vor allem nicht auf Kraftwerke vergessen, die für die Stabilität des Netzes sorgen können.“ In Österreich sei man zudem „bestmöglich vorbereitet“, wenn es zu Ausfällen kommt, heißt es seitens EVN und Wien Energie. „Unsere Netze haben hohe Sicherheitsstandards und sind gut gewartet. Wenn etwas passiert, sind wir sofort einsatzfähig“, sagt Stefan Zach von der EVN.

Vorbereitung

Vorbereiten sollten sich neben den Energieversorgern aber auch die Kunden. Bei einem Kollaps im Übertragungsnetz müsse man von einer rund 24-stündigen Ausfallsdauer ausgehen. „Ein derartiger Ausfall dürfte in Österreich noch zu bewältigen sein, auch wenn es länger dauern wird, bis die Versorgungslogistik wieder aufgebaut ist. Es hängt viel davon ab, wie wir uns als Gesellschaft selbst organisieren“, sagt Saurugg. Er selbst habe Vorbereitungen getroffen. „Wir haben Taschenlampen und Radio mit Kurbelinduktion, damit wir Informationen auch ohne Batterien erhalten können. Unser Plan geht bis hin zur Lebensmittelversorgung, mit der wir autark durchkommen würden“, erklärt der Experte.

Um sich auf ein Krisenszenario wie einen länger andauernden Stromausfall vorzubereiten, sollte jeder Haushalt einen Notvorrat an Trink- und Brauchwasser, Not-Lebensmittel, Treib- und Brennstoff, Kerzen, Zündhölzer, Taschenlampen, Medikamente, Bargeld und Batterien anlegen, um überleben zu können.

In Wien ist die Wasser- versorgung, anders als in Bundes- ländern, auch im Falle eines Stromausfalls zu 93 Prozent gewährleistet. Nur in höher gelegenen Gebiete und in Hochhäusern wird es zu Problemen kommen.

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