Einarmige Banditen finanzieren Spielerstadt Las Vegas
Es klimpert, klingelt und manchmal hört man einen Jubelschrei. Die meisten Spieler aber sitzen relativ still, fast emotionslos vor den sich drehenden, blinkenden Symbolen und drücken immer wieder auf die Start-Taste – exakt 130.527 Glücksspielautomaten stehen in Las Vegas, 41.000 davon werden mit 1-Cent-Münzen gefüttert, fast 66.000 nehmen alles, von Münze bis Geldschein. Einige hundert dieser Glücksspielautomaten sind am Las Vegas McCarran Airport aufgestellt. Es heißt, dass die "einarmigen Banditen" (sie werden so genannt, weil man bei den ersten Geräten das Spiel mit einem Hebel gestartet hat) dort besonders gewinnfreundlich programmiert sind, um Ankommende zum Spielen in der Stadt und Abreisende, die ihr letztes Hartgeld einwerfen, zum Wiederkommen zu animieren.
Fast 5,6 Milliarden Dollar spielen diese 130.527 Automaten ein, "das ist etwa ein Viertel des gesamten Jahresumsatzes von Las Vegas", sagt Marcus Prater, Chef des Glücksspiel-Ausstattungs-Herstellers AGEM, im Gespräch mit dem KURIER.
Die Automaten bringen drei Mal so viele Einnahmen wie Poker- oder Black-Jack-Tische, mit dem gesamten Glücksspielangebot erwirtschaften die 150 Casinos in Las Vegas fast neun Milliarden Dollar. Aber das Glücksspiel alleine brächte Las Vegas schon lange kein Glück mehr, "denn nur noch 40 Prozent der Einnahmen erwirtschaften die Hotels mit Roulette, Black Jack, Sportwetten, Automaten und dergleichen", sagt Prater. Es gibt 15 bis 20 Glücksspielautomaten-Hersteller, etwa acht davon haben einen Marktanteil von 80 Prozent. Novomatic, der österreichische Glücksspiel-Konzern, zählt auch zu diesen; in Las Vegas sind deren Automaten aber nicht zu finden, da sie in Nevada nicht lizensiert sind.
Steuerparadies
Für die Casino-Betreiber ist Las Vegas ein Steuerparadies, sie zahlen nur 6,75 Prozent – in Pennsylvania müssen sie 55 Prozent ihres Gewinnes abliefern. "Heute kommen viele Leute nach Vegas, um sich hier die Shows anzusehen, gut zu essen und um es sich in einem der vielen Spas gut gehen zu lassen", erzählt ein Taxifahrer.
Die Hotels setzen auf Entertainment, dazu gehört nicht mehr nur das Glücksspiel. 60 Prozent des Umsatzes spielen die Hotels ein (4,5 Milliarden Dollar), die Restaurants (3,1 Milliarden) sowie die Shows und Shops (vier Milliarden). Allein im Vorjahr gab es 22.000 Kongresse und Veranstaltungen.
Mittlerweile gibt es einige Hotels, in denen es keine Roulette-, Black-Jack-Tische und Spielautomaten gibt, so etwa das Mandarin Oriental, das Vdara oder das Trump. Vegas ist schon längst nicht mehr die Casino-Metropole der Welt. 2006 hat Macao (China) der Wüstenstadt den Rang abgelaufen und erstmals mehr Umsatz erzielt.
Old Las Vegas
Wer das ursprüngliche Las Vegas sehen will, muss weg vom berühmten Strip und nach Old Las Vegas, eine Gegend im Norden bei der bekannten Fremont Street. Die Straße ist auf 500 Meter mit einem riesigen Bildschirm aus 12,5 Millionen LEDs überdacht, auf dem täglich mehrmals die "Viva Vision" Lichtshow abläuft.
Da finden sich die alten Casinos aus der Anfangszeit, wie das Golden Nugget, Golden Gate oder Binions Gambling Hall. Dort sitzen Arbeiter im Ruderleiberl an den einarmigen Banditen, füttern Pensionisten die Automaten: Hier sieht man das Klischee, wie man es von vielen Filmen her kennt.
Spielsucht
2,5 Millionen Amerikaner sind spielsüchtig, was etwa ein Prozent der erwachsenen Bevölkerung ist. Zum Vergleich: In Österreich wird die Zahl der Spielsüchtigen auf 65.000 geschätzt. Die USA haben strengere Glücksspielgesetze als Österreich (Casino-Besuch ab 18 erlaubt), der Aufenthalt und das Spielen in Casinos sind in den USA erst ab 21 Jahren erlaubt. Da sich die Hotel-Lobbys mitten in den Casinos befinden, müssen Kinder und Jugendliche auf fixen Durchgangswegen bleiben und dürfen nicht in die Nähe der Automaten kommen. Es wird streng kontrolliert.
Anti-Sucht-Programme
Mit der National Council on Problem Gambling (NCPG) gibt es eine Institution, die eng mit der Glücksspielindustrie zusammenarbeitet und Programme erstellt, wie man Spielsucht bekämpfen kann. "In den USA ist man hier sicher Vorreiter", so Prater. Ein aktueller Schwerpunkt sind derzeit Strategien, wie man Nutzer vor Online-Casinos schützen kann.
In einem Punkt sei Österreich aber strenger als die USA und der Rest der Glücksspielwelt: bei den Automaten. Prater hat im vergangenen Jahr das österreichische Finanzministerium in Sachen "Automatenglücksspielverordnung" beraten. Konkret war seine Expertise gefragt, was Verschlüsselungstechnologien anlangt, die in Glücksspielautomaten integriert werden müssen, damit diese nicht gehackt werden können. "Die Österreicher fordern eine Verschlüsselung, die man üblicherweise zur Absicherung von Atomkraftwerken verwendet." Als Vertreter der Industrie ist Prater freilich gegen die österreichische Lösung. Das Umprogrammieren der Maschinen würde das Geschäft mit den Automaten unprofitabel machen. In Österreich.
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