Ein Streifschuss für die Erde

Ein Streifschuss für die Erde
Der Asteroid 2005 YU 55 kommt der Erde so nah, dass Forscher seine Zusammensetzung studieren können.

Diesen Namen wird man sich merken müssen. 2005 YU 55. Die Abkürzung steht für einen Asteroiden, der in der zweiten Dezemberhälfte ("Y") des Jahres 2005 als 1395. Objekt entdeckt wurde. Das Besondere an diesem Brocken aus Urgestein und Eis? Er hat die Größe eines Flugzeugträgers und passiert die Erde in einem Abstand von nur 324.000 Kilometern. "In astronomischen Dimensionen ist das ein Streifschuss", sagt Helmut O. Rucker, Experte für die Physik des erdnahen Weltraums am Grazer Institut für Weltraumforschung. So verheerend die Folgen eines Einschlags auch wären, die Forschung fiebert dem Vorbeiflug trotzdem entgegen. Warum, lesen Sie hier:

Wie groß wäre die Sprengkraft des Himmelskörpers auf der Erde?
Am 30. Juni 1908 schlug ein ca. 50 Meter langer Gesteinsbrocken mit 70.000 km/h in Sibirien ein. Die Druckwelle hatte eine Sprengkraft von mehreren Hundert Hiroshima-Atombomben und verwüstete das Waldgebiet um den Fluss Tunguska. Der erdnahe Asteroid 2005 YU 55 hat einen Durchmesser von 400 Metern. Und dabei zählt er noch zu den kleineren Brocken in unserem Sonnensystem. Die Folgen wären verheerend, wenn auch nicht mit jenem Einschlag zu vergleichen, als dessen Folge die Dinosaurier ausstarben, erklärt der Astronom Akos Bazso von der Universität Wien.

Warum wird die Erde so selten schwer getroffen?
Im Vergleich zu den Gravitationszentren Sonne, Jupiter und - mit Abstrichen - Saturn ist die Anziehungskraft der Erde gering. Asteroiden, die in der Sonne verglühen, werden aber immer wieder beobachtet, sagt Rucker. Eine Kollision mit 2005 YU 55 schließen Experten mit größter Wahrscheinlichkeit aus, zumindest für das nächste Rendezvous im Jahr 2028, erklärt Bazso.

Wie ist es möglich, von der Erde aus einen Asteroiden zu vermessen?
"Als in der Vergangenheit erdnahe Objekte dieser Größe innerhalb der Mondbahn an der Erde vorbeiflogen (zuletzt 1976, Anm.) , hatten wir noch nicht das Wissen und die Technologie, um die Gelegenheit zu nutzen", sagt Barbara Wilson vom Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena. Mit extrem leistungsstarken Teleskopen (Radiowellen) wird der Asteroid vermessen. "Die Messungen werden durch die Erdnähe genauer", sagt Bazso. Die Ablenkung im Schwerkraftfeld der Erde lässt Rückschlüsse auf die Masse des Asteroiden zu. Zur Bestimmung der mineralischen Zusammensetzung wird die Absorption (Aufnahme) bei verschiedenen Wellenlängen analysiert. Interessant sind Kometen und bestimmte Asteroiden vor allem deshalb, weil ihre mineralische Zusammensetzung jener am Beginn unseres Sonnensystems vor 4,6 Milliarden Jahren entspricht. Die Forscher wollen auch herausfinden, welche Asteroiden sich in Zukunft für bemannte Missionen eignen könnten. Kein Hirngespinst: 2014 soll das Landegerät der Raumsonde "Rosetta" auf einem Kometen aufsetzen und Proben entnehmen.

Schützt der Mond die Erde vor Kollisionen?
Es gibt Hinweise aus Computersimulationen, dass der Mond mehr Kollisionen verhindert, als er verursacht, sagt Bazso. Der Mond übt durch seinen relativ geringen Gravitationseinfluss eine Doppelfunktion aus. Er lenkt Himmelskörper ab, ganz leicht zieht er sie aber auch an.

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