Welche Tiere Prominente lieben

Welche Tiere Prominente lieben
Von Bonsels Biene Maja bis Antonius' Schwein: Vielschreiber Dietmar Grieser beschreibt geliebte Geschöpfe der Geschichte.

In den "Erinnerungen" läuft die Maus. Als leibhaftiger Teufel huscht sie buchstäblich über Seite 148 und erschreckt den Taferlklassler zur Bewusstlosigkeit. Der Nager, der sich in Großmutters Speisekammer satt gefressen und über Nacht im Lodenmantel des Buben ausgeruht hatte, suchte anno dazumal tatsächlich über das Futteral des Ärmels das Weite. Heute verbindet Dietmar Grieser, vielfach ausgezeichneter Vielschreiber und Vielwisser, heitere Stunden mit dem kleinen Säugetier. Vor allem, wenn es zweidimensional in Begleitung des blauen Elefanten daher kommt. "Von den Späßen abgesehen, lernt auch noch so ein alter Esel wie ich wirklich viel", freut sich der 82-Jährige über die filmreifen Sachgeschichten in "Die Sendung mit der Maus".

Geliebtes Geschöpf heißt Dietmar Griesers jüngste Veröffentlichung (erschienen bei Amalthea, 25 Euro). In gewohnter Manier erzählt der österreichische Autor mit deutschen Wurzeln über Tiere, die Geschichte machten. Auf 272 Seiten surrt und flattert es, es bellt und miaut, es grunzt und wiehert. In erster Linie aber menschelt es.

Hunde

Da beschreibt Grieser z.B. Sigmund Freuds Affenliebe zu den "Therapiehunden". Der Begründer der Psychoanalyse verwöhnte seine Chow-Chows des Morgens mit Milch und Schwarzbrottoast, dazu einem Teelöffel Lebertran, zwei Tropfen Heilbuttöl sowie Beigaben von Calcium und Phosphat. Abends gab es Kuchen oder Keks.

Zugetragen von einer Leserin, überliefert der Professor h.c. die innige Beziehung zwischen Leo Perutz und dessen vierbeinigem Freund. Der Schriftsteller bot nach schwerer Kriegsverletzung dem ausgemergelten Begleiter seine herausoperierte Rippe zur Stärkung an, der treue Hund wich verstört zurück. Es flossen Tränen.

Katze

Ausführlich legt der Literaturkenner den handschriftlichen Liebesbeweis von E.T.A. Hoffmann vor. Er gilt dem echten Kater Murr. Der Romantiker gab am 30. November 1821 eine Todesanzeige für seinen "geliebten Zögling" auf: "Wer den verewigten Jüngling kannte, wird meinen tiefen Schmerz gerecht finden und ihn durch Schweigen ehren", schrieb der tierisch Vernarrte in Trauer.

Anderes Getier

"Ich wollte mich im vorliegenden Buch nicht nur Hunden und Katzen zuwenden", sagt Dackel-Fan Grieser, der zeitlebens (aufgrund ausgeprägter Reisetätigkeit) nur mit Leih-Dackeln unterwegs war, Katzen gingen ihm nie zu: "Ich wollte den Blick auch auf anderes Getier lenken."

Also Schwein. Ein derartiges Borstenvieh entdeckte Weltenbummler Grieser im Wiener Stephansdom, linkes Seitenschiff, an der Seite des heiligen Antonius von Ägypten – dem Schutzpatron der Fleischhauer, Viehhüter und Landwirte. Die späteren Ordensbrüder des ersten Mönches hielten bevorzugt Schweine. Tierliebe kann durch den Magen gehen.

Oder Ross. Der Faktensammler zeichnet den spannenden Krimi um Franz Marcs verschollenes Ölgemälde "Der Turm der blauen Pferde" nach. Das Meisterwerk wurde zunächst als entartet ausgemustert, nach mehreren Zwischenstopps, darunter beim kunstsinnigen Reichsmarschall Hermann Göring, verschwand es 1945 gänzlich von der Bildfläche.

Oder Insekten. Tausendsassa Grieser begeistert sich für die Gottesanbeterinnen des Waldviertler Malers Bernhard Hollemann. An anderer Stelle führt er aus, wie es zur Biene Maja kam: Als der schwermütige Schriftsteller Bernd Isemann die Ameisengeschichte "Nala und Re" fertig gestellt hatte, bat er seinen Hausgenossen Waldemar Bonsels um ein Urteil. Es fiel vernichtend aus. Und brachte den Vertrauten auf die Idee einer eigenen Bienengeschichte.

Haustier

Welche Tiere Prominente lieben
Dietmar Grieser
Geliebtes Geschöpf ist Griesers 45. Buch. Zur Inspiration hat das Arbeitstier zusätzlich zur Schreibtischlampe eine kitschige Kunststofflampe aus China. Die Form: ein Tukan. Womit wir bei den Vögeln wären. Im Buch ist es der Doppeladler, auf Nachfrage scherzt der Senior: "Ich könnte jetzt, wo ich sehr häuslich geworden bin, vielleicht darüber nachdenken, einem schönen Papagei das Reden beizubringen." Ein Dackel wird’s wohl wieder nicht. Schon gar keine Maus.

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