Die Schuld trägt niemand, damals wie heute

"Die Hände in Unschuld waschen" ist aus der Bibel - Pilatus zeigte so, dass er an Jesu Tod unschuldig ist
Niemand wollte Jesus verurteilen, aber alle haben es getan.

Als Jesus um 15 Uhr am Kreuz starb, war der historische Karfreitag schon alt. Noch in der Nacht, gleich nach seiner Verhaftung, begann ein Gerichtsstreit: Jesus wurde von den Hohepriestern verhört, der Vorwurf der Gotteslästerung war dem römischen Statthalter Pontius Pilatus aber egal. Dass Jesus sich König nannte, war für ihn schwerwiegender, dennoch übergab er die Entscheidung König Herodes, der ihn wieder zu Pilatus’ Fall erklärte. Und sogar, als er dann doch das Urteil gefällt hatte, gab es Pilatus noch einmal ab: Das Volk sollte entscheiden, ob Schwerverbrecher Barabbas oder Jesus begnadigt wird.

Heute werden Entscheidung höchstens zwischen Gerichten, nationalen Parlamenten und EU-Institutionen verschoben. Die Gefahr ist damals wie heute gleich: Ein Entscheidungsvakuum führt dazu, dass das Volk Fakten schafft, Pharisäer wie Pegida. Dominik Orieschnig, Kirchen- und Europarechtler und Sprecher der Diözese Eisenstadt: "Europa entstand ja aus einer Tradition christlich-jüdischer Ideen, wo der Mensch über allem steht. Es geht nicht immer um fertige Lösungen. Sondern darum, dass jemand Verantwortung übernimmt. Daraus ging auch die Rechtstaatlichkeit hervor. Und jetzt, wo dieses Europa geprüft wird, zeigt es diesen Kit nicht."

Druck der Masse

Der politische Beamte Pilatus suchte ein ausgewogenes Urteil, er antwortet den Eliten drei Mal: "Nehmt ihr ihn hin und kreuzigt ihn, denn ich finde keine Schuld an ihm." (Joh. 19,6) Schlussendlich gibt er seine Haltung aber auf und dem populären Druck nach. Orieschnig: "Es geht aus dem Testament sehr klar hervor, dass er alleine Jesus nicht verurteilt hätte. Die emotionale Masse entscheidet dann aber für den Schwerverbrecher und gegen den, der eigentlich nichts angestellt hat." Wenn die Stimmung einmal gegen jemanden ist, wird blind gehasst.

Interessant ist das Kippen dieser Masse, die Jesus am Palmsonntag noch frenetisch in Jerusalem empfangen hatte. Obwohl er seitdem nichts anders machte. "Sogar jene, die in der persönlichen Erfahrung Jesu Wunder erlebt hatten, forderten im Kontext der Masse seinen Tod." Ein Phänomen, das sich heute auch zeigt: Ich habe noch keine schlechte Erfahrung mit diesem oder jenem gemacht, aber man hört ja so viel. "Die Masse glaubte Jesus nicht mehr. Sie forderte den Beweis, dass er der Messias ist." Aber Jesus steigt bis zum Schluss nicht vom Kreuz. So wird er schlussendlich verhöhnt, eine Dornenkrone für den König.

Die Schuld trägt niemand, damals wie heute
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Die Bedeutung des Kreuztodes hat die Masse erst durch die Auferstehung verstanden. "Das sagt schon etwas über den Menschen. Es zeigt die maßlose Gier nach Erweisen der Größe und nicht die Suche nach der Lösung durch einen selbst." Die Masse forderte von Jesus, dass er die Welt besser macht. Er wusste, dass nur die Menschen selbst sie besser machen können. "Aber kein Heilsbringer wird bei Menschen punkten, indem er innere Umkehr von ihnen verlangt." Das schafften nur Religionsgründer, von Jesus bis Buddha.

Am Karfreitag, übrigens dem höchsten Festtag in der evangelischen Kirche, gibt es keine katholische Messe. Beim Kreuzweg wird der 14 Stationen von Christi Leid gedacht. Die Karfreitagsliturgie, die traditionell zur Todesstunde Jesu gefeiert wurde, beginnt damit, dass sich Priester und Ministranten auf den Boden legen oder hinknien. Und endet im Schweigen, das in die Grabesruhe am Samstag übergeht.

Verräter und Gründer

Ein Symbol, wie alleine Jesus in der Stunde des Todes war, ist auch die Verleugnung durch Petrus: "Du warst doch auch mit diesem Jesus?", fragt ihn die Masse. Drei Mal sagt er: "Ich kenne ihn nicht." Selbst der Treueste gab seine Haltung auf. Wurde später aber zum ersten Nachfolger Jesu und Gründer der Kirche, zum Fundament. Ob es da eine Parallele zum Heute gibt, ist ungewiss.

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