Die besten Spiele: Warum Spielen wieder so im Trend liegt
Rund 1500 Spiele werden jedes Jahr auf den Markt gebracht und noch viel mehr neu erfunden. Man könnte meinen, dass TV, Handy und Computer das gute alte Gesellschaftsspiel abgelöst haben.
Aber nein: Gerade verzeichnete die deutsche Spielemesse in Essen einen Besucherrekord – und auch das österreichische „Spielefest“ in Wien findet nach drei Jahren Pause am kommenden Wochenende wieder statt und das Spielefest Niederösterreich am Wochenende vom 30. November.
Was die Faszination des Spielens ausmacht und warum es wieder so boomt, erklärt der erfolgreiche Spielentwickler Arno Steinwender: „Man kann in ein Abenteuer eintauchen, die Fantasie spielen lassen, sitzt mit Menschen zusammen – und wenn man einen guten Spielzug macht, ärgert sich der andere.“
Ohne Spielen kann die Menschheit tatsächlich nicht leben: Schon in der Steinzeit spielten Kinder mit speziell bearbeiteten Steinen, Knochen und Tonfiguren, bewiesen Wissenschafter. Im alten Ägypten waren ausgefeilte Brettspiele wie Dame beliebt. Ende des 18. Jahrhunderts wurde erstmals erzieherisch wertvolles Kinderspielzeug entwickelt.
Just One
Das "Spiel des Jahres" ist „Just One“: Beim Partyspiel muss man 13 geheime Begriffe erraten. Asmodee, ca. 25 €
Carpe Diem
Bei „Carpe Diem“ wird man zum römischen Patrizier. Ravensbur-ger, 36,99 €
L.A.M.A.
Nominiert als Spiel des Jahres: L.A.M.A. ist wieder ein Spiel von Erfolgsautor Reiner Knizia. Amigo, 7,99 €
Die Tavernen im Tiefen Thal
In den „Die Tavernen im Tiefen Thal“ versucht man, Bürger und Adelige zu locken. Schmidt, ca. 40 €
Im Tal der Wikinger
Kinderspiel des Jahres: „Im Tal der Wikinger“ greift ein Lieblingsthema der Kleinen auf. Haba, ca. 20 €
Interaction
„Hybrid“-Spiel mit Spielbrett und Handy. Bei „Interaction“ beantwortet man die Fragen je nach Alter. Rudy Games, ca. 40 €
Smart 10
„Smart 10“, das neue des österreichischen Autorenduos Arno Steinwender und Christoph Reiser. Richtig antworten oder sich gut einschätzen. Piatnik, ca. 25 €
Forbidden Sky
Das „Spiel der Spiele“: Bei „Forbidden Sky“ müssen die Spieler vor einem Unwetter flüchten. Schmidt, ca. 31 €
Oberbooked
Passend zum Flugchaos: Bei „Overbooked“ müssen die Spieler Sitze
Cities Skylines
Sechs Millionen spielten „Cities Skylines“ am PC, jetzt gibt es das Spiel für analoge Stadtplaner. Kosmos, ca. 35 Euro
Werwörter
War nominiert zum Spiel des Jahres: Beim Kartenspiel „Werwörter“ geht es um Wortspiele und geheime Rol- len. Ravensburger, 12,99 €.
Memofant
Unter den nominierten besten Kinderspielen: Beim "Memofant" braucht man ein Elefantengedächtnis. Nur wer sich innerhalb einer Minute die Symbole und Positionen von zwölf verschiedenen Bildern einprägen kann und sich auch nicht verwirren lässt, wenn diese ihre Plätze wechseln, erweist sich als wahrer Meister des Gedächtnisses. Piatnik, ca. 20 €
Bears vs. Babies
Das kuscheligste Spiel im Angebot: Bei "Bears vs. Babies" kämpfen Monster gegen übermächtige Babies. Als Nachfolgespiel von "Exploding Kittens" lebt es auch vom schrägen Humor. Bear Food, ca. 25 €
Spielen macht klüger
In zahlreichen Studien wurde erforscht, wie sich das Spielen auf Menschen auswirkt und es ist tatsächlich ein Allheilmittel. Kinder, die miteinander gespielt haben, sind eher bereit, ihre Dinge zu teilen – auch mit fremden Kindern, erforschte die Uni Leipzig. Gesellschaftsspiele schaffen eine Verbindung über die Generationen und werden auch in der Demenzprävention eingesetzt.
Schach fördert nachweislich die Intelligenz, belegte eine Studie der Uni Trier: Die Schüler machten mit einer Schulstunde Schach pro Woche deutliche Fortschritte in Mathematik, Lesen und Sprachverständnis und waren doppelt so gut wie andere. Vor allem leistungsschwache Kinder profitierten davon, waren die Forscher rund um die Psychologin Sigrun-Heide Filipp beeindruckt. Die Kinder hatten eine bessere Konzentrationsfähigkeit und strukturierteres Denken. Sie lernen beim Schach, erst zu überlegen und dann zu handeln, ist eine Erklärung der Wissenschafter.
Ein Volksschullehrer nützte sogar das Fantasy-Spiel „Die Legenden von Andor“ als Inspiration für seinen Deutsch-Unterricht: Er ließ die Schüler das Spiel spielen, bei dem sie in die Rolle von Helden schlüpfen und das Land Andor retten. In weiterer Folge erfanden die Schüler kreative eigene Geschichten zum Spielverlauf, schrieben sie nieder und sprachen sie als Hörgeschichten ein. Passend dazu gab es auf der Essener Spielemesse heuer erstmals einen „Educators Day“ für engagierte Lehrer.
Doch nicht nur Kinder lieben Gesellschaftsspiele, zeigt eine deutsche Studie: Fast zwei ein Drittel der Erwachsenen spielen Gesellschaftsspiele, ein Drittel sogar häufig. Die Umsätze sind in den vergangenen fünf Jahren um 40 Prozent gestiegen, meldete der deutsche Branchenverband Spieleverlag.
Dessen Vorsitzender Hermann Hutter nennt Spiele „das analoge Gegengift zur Digitalisierung“. Familien-Strategiespiele und klassische Erwachsenenspiele wurden um jeweils 14 Prozent mehr gekauft, auch Logik-Spiele wurden stärker nachgefragt.
Franka Meusel von Spielkonzept4u beobachtet diesen Trend bei den Messen: „Die Besucher haben immer höhere Ansprüche. Es geht nicht nur um leichte Familienspiele, sondern sie lassen sich auch auf komplexe und längere Spiele ein und auf Themen wie Fantasy, Geschichte oder Weltall.“
Was ist sonst gefragt? Steinwender: „Kooperative Spiele, bei denen man miteinander spielt. Seit ein paar Jahren boomen Exit-Spiele, bei denen man wie im Escape-Room Probleme löst. Würfel- und Kartenspiele kommen und gehen je nach Mode.“
Im Vorjahr sorgte Erfinder Wolfgang Warsch mit seinem Kartenspiel „The Mind“ für eine Sensation. Die Spieler müssen sich aufeinander einstellen und fast wortlos ihre Karten nach steigendem Wert ablegen. Nie erforderte ein Spiel mehr Einfühlungsvermögen
Lesen und sehen Sie hier, was er im KURIER-Interview über das Entwickeln von Spielen erzählt.
Wieder beliebter sind Quizspiele, weiß Steinwender aus eigener Erfahrung: „Mein neues Spiel ’Quiz It’ wollte zehn Jahre lang kein Verlag nehmen, weil es immer hieß, dass die Leute Quiz am Handy spielen. Aber das stimmt nicht. Viele Leute wollen gerne zusammensitzen und das Handy mal weglegen.“
Aber nicht ganz, stellt die österreichische Start-up-Firma Rudy Games fest und erfand Spiele wie dieses:
In ihren bisher fünf Spielen kombiniert sie den Spaßfaktor von Brettspielen mit den interaktiven Möglichkeiten einer App, genannt Hybrid-Games, und holt so Kinder- und Jugendliche zurück an den Spieltisch. Man braucht keine Spielanleitung zu lesen, denn die App erklärt das Spiel oder man sieht es sich auf YouTube an, Fragen stellt man per WhatsApp. Der Vorteil, so Steinwender: „Bei einem Quiz sind die Fragen irgendwann veraltet. So kann man sie aktualisieren.“
Der Markt werde dichter, weil für jedes Spielersegment spezielle Spiele entwickelt werden, so Steinwender. Immer öfter holen sich Erfinder die Finanzierung direkt von den Spielern: Über die Crowdfunding-Plattform Kickstarter bekamen sie im Vorjahr 150 Millionen Euro für künftige Brett- und Kartenspiele.
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