Das Schlauchboot: Ein Vehikel des Hochsommers

Wer mit einem Schlauchboot fährt, lässt den Alltag am Ufer zurück
Qualitativ hochwertige Produkte liegen im Trend - und lassen nicht nur Kinderaugen glänzen.
Von Uwe Mauch

Kleines Wunder: Das Boot lässt sich im Kofferraum seines Wagens verstauen. Benötigt weder Bootsanhänger noch teuren Liegeplatz im Hafen. Nur ein bisserl Luft rein, schon erhebt es sich neben dem Wasser. Wie seinerzeit, als der Vater mit dem Fuß den Schlauch aufpumpte.

Viele Buben träumen

Eine ganze Menge Nostalgie schwingt mit, wenn erwachsene Menschen (darunter viele Männer!) im Sommer ihrer alten Leidenschaft nachgehen. Ein Blick auf Österreichs Seen ebenso wie auf internationale Gewässer beweist: Das Schlauchboot hat weiterhin sehr viele Fans.

Wie Thomas Höpler. Der gut ausgebildete Techniker hat sich vor fünf Jahren den Luxus eines dreieinhalb Meter langen PVC-Boots mit einem 10 PS starken Motor zugelegt. Für etwas mehr als 500 €. Und er hat nach Ablegung einer behördlichen Prüfung auch das Kapitänspatent erworben. Seither darf er sein Boot auf der Donau, im Donaukanal und auch im Meer bewegen. (Wer übrigens nur rudert, benötigt keine Genehmigung.)

Seine Augen leuchten, lange bevor er fertig aufgepumpt hat: "Sobald ich auf dem Wasser bin, komme ich in Ferienstimmung." Den Alltag lässt er zurück, am Ufer.

Woher seine Leidenschaft rührt? Thomas Höpler, der über seine Ausfahrten genau Logbuch führt, mutmaßt: "Wahrscheinlich war es die TV-Serie meiner Kindheit, die über den Delfin Flipper."

Yachten für das Volk

Das Schlauchboot hat inzwischen Tradition: Schon vor 150 Jahren hat der Vater der Vulkanisierung, der US-Chemiker Charles Goodyear, erste marktfähige Boote produziert. In der Monarchie wurden die Aufblas- als Rettungsboote für die Kriegsmarine eingesetzt. Und mit dem Wirtschaftswunder in den 1950er-Jahren und der Errungenschaft des Sommerurlaubs wurden die Plastikboote auch gesellschaftsfähig – als Yachten für das Volk.

Unzählige Freizeitkapitäne, von der Nordsee bis zur Adria, vom Boden- bis zum Neusiedler See, brachen damit auf. Mit den bunten Billigbombern und Plastikpaddeln eroberten die einen alle küstennahen Gewässer; mit stabileren Booten (und mehr Lufkammern) starteten die anderen zu Flussexpeditionen und abenteuerlichen Kreuzfahrten übers Meer.

Die Liebe zur Lufthoheit über dem Wasser wurde von Generation zu Generation weitergereicht. Auch bei der Familie Grabner, die in Stadt Haag hochwertige Kanus und Kajaks baut, war es nicht anders. Der Jüngere der beiden Junior-Chefs, Ewald Grabner, erzählt, dass sein Bruder und er die Leidenschaft vom Vater geerbt haben. Und dass der wiederum von seinem Vater fürs Flusswandern begeistert worden war.

Einsam am Wasser

Ewald Grabner schätzt die Unkompliziertheit der eigenen Boote: "Klein zusammenlegen, zum Wasser fahren, aufblasen, losrudern – das ist jedes Mal ein Erlebnis." Für den Vortrieb vertraut er nicht auf Benzin, sondern auf seine Muskelkraft.

Vater Wolfgang Grabner war einst – wie so viele – ein großer Fan des Semperit-Schlauchboots. Deshalb hat er auch 1986 die staatliche Bootfabrik gekauft und vor dem Zusperren gerettet. Heute ist er der letzte Schlauchbootbauer im Land. Ihn fasziniert die Ruhe am Wasser: "Man ist meistens alleine. Es gibt ja nicht viel Verkehr."

Auch Reinhard Friedl, der in Kasten bei Böheimkirchen eine Kajakschule betreibt, ist ein großer Fan des Schlauchboots. Vor allem für weniger spektakuläre Touren mit Frau und Hund, zum Beispiel auf dem Ottensteiner Stausee. Auffallend, dass auch Friedl sofort ins Schwärmen gerät: "Das ist eine andere Welt, in die man mit dem Boot fährt. Auf dem Wasser ist auch die Perspektive eine andere."

Der Kajakexperte freut sich auch über seine kostengünstige Freizeitbeschäftigung. Billigboote vom Diskonter gibt es ab 50 € – mit dem Risiko, dass denen bereits nach wenigen Ausfahrten die Luft ausgeht. Für ein Grabner-Boot sind doch 2000 € und mehr zu zahlen. Allerdings halten diese Boote bei guter Pflege (wichtig ist das sorgfältige Abwaschen nach dem Sommer) fast ewig.

Zudem zahlen die Bootsfahrer auf Seen, Flüssen und auf dem Meer keine Benützungsgebühren. Im Vergleich zum Ski- ist Schlauchbootfahren so gesehen ein relativ billiges Vergnügen.

Von Erfahrenen getestet Die Plattform testberichte.de hält die Boote von SVB, Zodiac, Honda, Plastimo für„sehr gut“.

Grundsätzlich gilt Zum Planschen reicht ein Boot um 50 €. Wer richtig ausfahren mag, zahlt 500 € und weit mehr.

Selbst ausprobieren Auf dem Testsee der Firma Grabner in Stadt Haag, am 1. und 2. 8., jeweils von 9 bis 17 Uhr. www.grabner-sports.at.

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