Biles über Nassar: "Hat einen Teil von mir genommen"

"Es ist sehr hart für mich, anderen Menschen zu vertrauen", sagte die US-Turnerin in einer TV-Show.

Am Mittwoch sprach die US-Turnerin und vierfache Olympiasiegerin Simone Biles in der TV-Show "Megyn Kelly Today" auf dem Sender NBC über den sexuellen Missbrauch durch ihren ehemaligen Mannschaftsarzt Larry Nassar. Sie beschrieb die Auswirkungen, die das Verbrechen auf ihr Leben hat.

Der ehemalige US-Arzt Larry Nassar war vergangene Woche wegen massenhaften sexuellen Missbrauchs junger Turnerinnen zu 175 Jahren Haft verurteilt worden.

Mitte Jänner verriet die zehnfache Weltmeisterin Biles auf Twitter, dass auch sie eine der vielen Überlebenden sei, die von Larry Nassar sexuell missbraucht worden sind (mehr dazu hier). Die 20-Jährige erklärte damals, mit sich gerungen zu haben, an die Öffentlichkeit zu geben. Auch in der am Mittwoch ausgestrahlten TV-Show sagte Biles, dass sie den Missbrauch zunächst leugnete. Sie habe ihren Eltern sogar mehrmals gesagt, dass Nassar sie niemals missbraucht habe. "Und dann realisierst du, dass es passiert ist und ich glaube das war der Moment, in dem ich daran zerbrochen bin."

"Es fühlt sich an, als hätte er einen Teil von mir genommen, den ich nicht mehr zurückbekommen kann." In diesem Zusammenhang sprach Biles vor allem von Vertrauen. Es falle ihr sehr schwer, anderen Menschen zu glauben. "Ich ertappe mich dabei, dass ich auf der Straße gehe oder mich einfach einem Platz wiederfinde und extrem verängstigt bin. … Aber ich glaube, dass alles mit der Zeit wieder zurückkommt."

Drastische Worte der Richterin

Bei der Verkündung des Strafmaßes für Larry Nassar in Lansing im US-Bundesstaat Michigan wählte die Richterin Rosemary Aquilina drastische Worte: "Ich würde nicht einmal meinen Hund zu Ihnen schicken", sagte sie am vergangenen Mittwoch zum 54-jährigen Nassar (mehr dazu hier). Sie kritisierte außerdem das nationale Olympische Komitee dafür, sich nicht mit ihr in Verbindung gesetzt zu haben, nachdem sie die Anschuldigungen gegen Nassar hervorgebracht hatte.

"Ich glaube, dass es sehr hart ist, das durchzumachen, was ich kürzlich durchgemacht habe", sagte Biles. "Und es ist sehr schwierig, darüber zu sprechen." Die Richterin sei ihre Heldin, weil sie es nicht zugelassen hat, dass Nassar Macht über die Mädchen ausüben konnte, die gegen ihn aussagten. Die Mädchen sprechen zu lassen, zeuge von viel Stärke.

Schilderungen unter Tränen

Bei dem Prozess waren über 156 Mädchen und Frauen angehört worden, darunter auch mehrere Olympiasiegerinnen. Sie schilderten teils unter Tränen die kriminellen Machenschaften des Mediziners in allen Einzelheiten.

Am Montag war schließlich auch die Spitze der Geschäftsführung des Turnverbandes US Gymnastics wegen Vorwürfen zurückgetreten, Nassars Machenschaften lange Zeit gedeckt zu haben.

Bislang habe sich laut Biles niemand vom Olympischen Komitee bei ihr gemeldet. "Ich war eine ihrer Top-Athletinnen und habe mich nicht nur für den Turnsport, sondern auch die Olympischen Spiele generell eingesetzt. Es ist verrückt, aber ich hoffe, dass sie sich mit mir in Verbindung setzen."

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