Angi Groß will Probezeit für Direktoren

Angi Groß. "Talente fördern statt auf Schwächen herumreiten"
Die Bundesschulsprecherin über Direktorenbestellungen, politische Bildung und die modulare Oberstufe.

Rund 1,1 Millionen Schüler gibt es in Österreich. Seit einem Monat werden sie von Angi Groß vertreten. Die neue Bundesschulsprecherin von der VP-nahen Schülerunion ist Schülerin der HAK Waidhofen/Ybbs (NÖ). Im KURIER-Interview spricht die 18-Jährige über ihre Wünsche an den neuen Minister bzw. Ministerin, die Zentralmatura und Lehrerfortbildungen.

KURIER: Frau Groß, welche Ziele haben Sie sich für das kommende Jahr gesetzt?
Angi Groß:
Mein persönliches Ziel deckt sich da mit dem der gesamten Bundesschülervertretung: „Politische Bildung“ soll als verpflichtendes Unterrichtsfach eingeführt werden.

Haben Sie über diesen Wunsch mit dem Bildungsministerium gesprochen?
Ja, konkret mit Claudia Schmied. Sie meinte, dass unsere Forderung auch von der SPÖ unterstützt wird. Sie könne das aber erst umsetzen, wenn dieses Ziel auch im Regierungsprogramm festgehalten wird.

Welche Reformen stehen noch ganz oben auf der Wunschliste?
Die Modulare Oberstufe sollte ab der 9. Schulstufe an allen höheren Schulstufen eingeführt werden. Konkret könnte das dann so aussehen: Jeder Schüler muss in den allgemeinbildenden Fächern wie Englisch oder Mathematik Basismodule belegen. Zusätzlich kann er sich Wahlmodule zusammenstellen, zum Beispiel in den Nebenfächern.

Was ist, wenn jemand in den Pflichtfächern mehrmals nur Basiswissen erwerben will?
Er könnte zum Beispiel in Englisch das Zusatzmodul „American History“ belegen.

Wo ist der größte Reformbedarf im Schulsystem?
Der Unterricht ist sehr an den Schwächen der Schüler orientiert. Da wäre die modulare Oberstufe eine gute Gegenmaßnahme, weil da in diesem System eher die Stärken gefördert werden. Talenteförderung sollte aber schon viel früher beginnen. Vom Kindergarten an sollte es ein Talente-Portfolio für jedes Kind geben.

Wer stellt diese Portfolios aus?
Die Lehrer.

Sind die dafür überhaupt ausgebildet?
Im Moment nicht. Das muss zukünftig Teil der Lehrerausbildung werden.

Der Lehrer ist ein wichtiger Faktoren für den Schulerfolg. Dennoch kann man wenig gegen unfähige Lehrer unternehmen. Der Direktor kann sie weder zur Fortbildung zwingen noch – im Extremfall – kündigen.
Wir Schüler sind dafür, dass der Direktor so autonom ist, dass er nur die Lehrer einstellt, die zu seiner Schule passen.

Dann kann es passieren, dass manche Pädagogen nirgends unterkommen. Was macht man mit diesen Lehrern?
Wenn ein Lehrer an keiner Schule eine Stelle bekommt, dann liegt es an ihm, sich durch Fortbildung zu verbessern.

Sollte man einen Lehrer auch kündigen können?
Ja. Es kann doch nicht sein, dass ein Schüler nicht gefördert wird, nur weil ein Lehrer sein Handwerk nicht beherrscht.

Schulleiter werden großteils nach Parteibuch ausgesucht. Wie könnte man die Direktorenbestellung objektivieren?
Bei Bestellungen sollten in einem Assessmentverfahren die Besten ausgewählt werden. Hat ein Direktor eine Stelle angetreten, sollten nach einer Probephase die Schulpartner einen Direktor ablehnen können.


Die Zentralmatura kommt in Riesenschritten. Wie geht es Schülern damit?
Es gibt Ängste bei Schülern und Lehrern, weil niemand so richtig weiß, was auf sie zukommt. Die Vorgaben ändern sich dauernd. Grundsätzlich begrüße ich aber die Zentralmatura. Sie macht Schülerleistungen vergleichbarer. Das ist derzeit nicht so.

Was wünschen Sie sich vom neuen Minister?
Er oder sie sollte auf alle Schulpartner (Eltern, Schüler, Lehrern, Anm.) hören. Besonders auf uns Schüler, da wir direkt Betroffene sind.

Info: Die Bundesschulsprecherin wird von der Bundesschülervertretung gewählt. In dem 29-köpfigen Gremium sitzen zwei Vertreter der Zentrallehranstalten sowie 27 Landesschulvertreter (je ein Vertreter der AHS, der berufsbildenden höheren Schulen und der Berufsschulen pro Bundesland). Die Landesschulsprecher werden von den Schulsprechern gewählt. Diese wiederum werden von den Schulen an den einzelnen Standorten gewählt.

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