Das Heim der Frau – so nannte sich im Jahr 1927 eine Seite in der Neuen Freien Presse, die den Damen Hauswirtschaft, Küche und Keller. Hygiene, Kosmetik, Kinderpflege – so der Untertitel – nahebringen sollte. Wenig überraschend, bedenkt man Epoche und Adressatinnen. Überraschend dann doch, welche Geschichte sich anschloss: eine lebhafte Diskussion zu Frauen und Frieden.
Neuerdings mit wenigen Klicks online auffindbar, Ariadne sei Dank.
Dabei handelt es sich um die Frauen- und Genderdokumentationsstelle der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB), die Texte von und über Frauen mittels Volltextsuche öffentlich zugänglich macht.
Dazu muss man wissen: „Diese Literatur versteckt sich teilweise in Büchern, Sammelwerken oder Zeitschriften“, erzählt Ariadne-Mitarbeiterin Andrea Gruber. „Wir müssen also den gesamten Bestand der Nationalbibliothek durchforsten – auf alle Themen der Frauen- und Geschlechterforschung.“ Pionierinnen haben vor mittlerweile 30 Jahren damit begonnen, sagt Lydia Jammernegg, die gemeinsam mit Gruber Ariadne ist. „Frauenforschung hat sich langsam etabliert, es gab immer mehr Literatur.“
Nicht wichtig genug
Die Quellen? „Schwer zugänglich, denken Sie nur an völlig unbekannte Schriftstellerinnen der 20er-Jahre, die heute wieder aufgelegt werden. Auch die Literatur aus der historischen Frauenbewegung wurde damals überhaupt nicht gesammelt, weil sie nicht als wichtig erkannt wurde. Jetzt kann man alles mit Schlagwortsuche ganz einfach finden.“
Nicht umsonst stand Ariadne aus der griechischen Mythologie Patin beim Projekt: Ihr von einem Wollknäuel abgewickelter roter Faden half schon Theseus aus dem Labyrinth heraus. Jetzt hilft er, Frauen sichtbar und zugänglich zu machen.
Ausgangspunkt des Projektes war es, den vorhandenen historischen Schatz der ÖNB zu heben und sichtbar zu machen. Etwa 460 Personen und 400 Vereine werden zum Teil erstmalig präsentiert. An die 500 Zeitschriften und Bücher sind inzwischen im Online-Dokumentenarchiv, das laufend erweitert wird, lesbar. 100 Biografien wurden verfasst. Vernetzungen von Personen und Organisationen sind seit 2021 visualisiert. Um die 64.000 Beiträge zu Frauen- und Geschlechterthemen in Büchern und Zeitschriften sind aktuell mit feministischen Schlagwörtern suchbar.
„Am Beginn von Ariadne stand die große Lücke, der Bedarf, Literatur auffindbar zu machen“, sagt Gruber. „Historische Frauenzeitschriften wurden in Detektivarbeit durchforstet, um Frauen und Vereine zu finden, die vor 30 Jahre noch niemand kannte. Yella Hertzka etwa“, ergänzt Jammernegg. „In Folge unserer Arbeit haben Wissenschafterinnen begonnen, deren Leben und Wirken zu erforschen.“ Für das Webportal wurden dann Hunderte von Biografien verfasst, Dokumente von Vereinen sowie Bilder gesichtet und Publikationen digitalisiert (fraueninbewegung.onb.ac.at/).
Beschäftigt man sich mit diesen Pionierinnen der Ersten Frauenbewegung (19. Jahrhundert) und auch der Zweiten ab den 1970er-Jahren wird rasch klar, dass die Themen dieselben geblieben sind: politische Teilhabe, Versorgungsarbeit, Erwerbstätigkeit und Vereinbarkeit.
Nicht zu vergessen Geschlechterverhältnisse im Zusammenhang mit Krieg und Frieden. Jetzt, da die Bilder aus der Ukraine anachronistische Geschlechterrollen transportieren – Männer ziehen in den Krieg und Frauen flüchten mit den Kindern – meint Gruber: „In Krisenzeiten wird offenbar, wie oberflächlich Veränderungen sind. Wenn es hart auf hart kommt, wie auch in der Pandemie, offenbart sich, dass das patriarchale System so tief verankert ist, dass es mehr braucht als politische Zugeständnisse.“ Rasch gebe es „den Rückfall in gut funktionierende geschlechtliche Stereotypen. Das unterstreichen die Bilder aus der Ukraine. Es ist eine historische Konstante, die fundamental erschauern lässt.“ Daher sei es so wichtig, aufzuzeigen und dranzubleiben. „Manifeste von Friedensaktivistinnen haben nichts an Aktualität verloren.“ Zu finden unter:
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