15 Jahre Schnitzeljagd per GPS

Der Geocacher sucht die Schatz-Koordinaten per GPS und die versteckte Box. Sie enthält ein Logbuch, in das sich der Finder einträgt.
Der erste Cache wurde im Mai 2000 vergraben. Heute ist die Schatzsuche per Satellit Breitensport.

Fünf Kinder rennen die Forststraße bergauf. Kein Murren, keine Wann-sind-wir-endlich-da-Fragen im Minutentakt. Katharina hat die Koordinaten ins GPS-Gerät getippt. Jetzt folgt ihr die Horde auf der Suche nach dem nächsten Schatz im Plastikdoserl. Die Elfjährige, ihr Bruder und Spielkameraden lieben die Rätselrallye nach moderner Art: "Ein Ausflug macht jetzt viel mehr Spaß." Selbst wenn kein Nippes zum Tauschen im wasserdichten Behälter liegt, befriedigen das Entdecken der Box und das Eintragen ins Logbuch.

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Geocaching ist zum Breitensport geworden. Vor 15 Jahren nahm die elektronische Schnitzeljagd ihren Lauf – als die US-Regierung im Mai 2000 das Globale Positionsbestimmungssystem per Satellit für private Nutzer freigab. Urvater Dave Ulmer vergrub damals nahe Portland/Oregon an 45° 17’ 2’’ N, 122° 24’ 4’’ W einen Plastikkübel mit CDs, Videokassette, Geldscheinen, einem Buch, einer Steinschleuder und einer Konservendose Bohnen. Anschließend veröffentlichte er die Koordinaten im Internet. Innerhalb eines Tages war sein "Geheimlager" alles andere als geheim. Die Idee von "Nimm Zeug heraus, gib Zeug hinein" verbreitete sich in Windeseile. 15 Jahre später suchen weltweit sechs Millionen Geocacher nach mehr als 2.559.000 aktiven Caches. In Österreich können knapp 44.000 Ziele angepeilt werden.

15 Jahre Schnitzeljagd per GPS
Sachsen-Anhalt/ ARCHIV: Ein Geocacher praesentiert fuer eine Fotoillustration ein sogenanntes Cache und ein GPS-Geraet (Foto vom 29.08.09). Zurueckgelassener Unrat, zertrampelte junge Pflanzen und in mehreren Metern Hoehe versteckte Schaetze - fuer die einen ist Geocaching eine moderne Schnitzeljagd und ein Grund, sich in der freien Natur aufzuhalten. Fuer die bayerischen Waldbesitzer ist die neue Trendsportart allerdings zunehmend ein Aergernis. (zu dapd-Text) Foto: Jens Schlueter/dapd
"Geocaching ist absolut für jeden – vom kleinen Kind bis zum Senior", sagt Daniel Sailer. Der Beamte im Hauptberuf betreut nebenberuflich die österreichische Plattformgeocache.atund kennt die heimische Szene seit 2005 – als Handys ohne Ortung auskamen und Caches eine hart verdiente Belohnung waren. "In der Vergangenheit stand die Qualität im Vordergrund, derzeit ist es die Quantität", kritisiert der Insider der ersten Stunden. Fand man früher an starken Tagen 25 Caches, können es heute 125 sein. Der Wettlauf der Registrierten um die Führung in der Fund-Statistik zählt für den Profi nicht. Die neue Herausforderung heißt vielmehr: den echten Schatz vom Müll zu unterscheiden.

Verstecken

Nach diesen hohen Standards versteckt Sailer denn auch selbst seine Caches – mit Bedachtnahme auf Natur und Denkmalschutz. Die Versteckbeschreibung ist ausgetüftelt. Um die Koordinaten herauszufinden, müssen Rätsel gelöst oder mehrere Caches gehoben oder komplexe mathematische Formeln berechnet werden. Der geschulte Blick hilft an einem Ziel nichts, wenn der Cache magnetisch in einer von 600 Schraubenmuttern steckt. "Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt", beschreibt der 32-jährige Cache-Owner den Reiz am Fährtenlegen.

Jeder neue gemeldete Schatz wird zunächst überprüft. Entspricht das Versteck den Leitlinien, wird der Cache auf der Plattform freigeschaltet. "Die Community legt Wert auf die Einhaltung ihrer Grundsätze. Viele Firmen versuchen auf den Trend aufzuspringen und missachten jegliche Philosophie des Spiels", klagt Sailer. Die Form der Kundenakquisition wird prinzipiell abgelehnt. Auch Tourismusregionen setzen mittlerweile aufs Geocachen. Und lotsen ihre Gäste mit GPS von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten. Die Wandernadel geht mit der Zeit.

Jagdfieber in der Stadt

Doch nicht nur Naturschauplätze wollen entdeckt sein, auch in der Stadt liegen Schätze verborgen. Martina nützt ihre Mittagspause für das Aufspüren urbaner Verstecke. "Die Auszeit vom Alltag ist cool", sagt die Apothekerin aus Wien. Ihr Pfadfinderherz schlägt für Mystery-Caches. Erst Knobelei und Recherche bringen sie ans Ziel und öffnen ihr beim Spazieren durchs Grätzl die Augen "für Dinge, die man sonst übersieht". Sie wurde übrigens durch ihre Kinder vom Geocache-Fieber infiziert.

  • Schatzsucher finden die meisten Caches unter www.geocaching.com. Die weltgrößte Datenbank zählt insgesamt 2,56 Millionen aktive Hinweise. Wer sich kostenlos registriert, erhält Zugang.
  • Es gibt in fast jedem Staat der Erde mindestens einen Geocache. Die Schätze werden so getarnt, dass Unbeteiligte sie nicht erkennen. Der einzige extraterrestrische Cache befindet sich auf der internationalen Raumstation ISS.
  • Der erste Schatz in Österreich heißt Austria’s First. Er wurde am 30. Juni 2001 von Giorgio folgendermaßen beschrieben: „Österreichs erster Geocache! Ungefähr 1650 m über dem Meeresspiegel. Klasse Sicht von da oben. Der Behälter ist eine kleine Metalldose...“ Der Cache ist mittlerweile archiviert.
  • Wien hat mit zirka 5,4 Caches pro Quadratkilometer die größte Versteck-Dichte in Österreich. Derzeit sind allein in der Bundeshauptstadt 3896 Geocaches aktiv, in Niederösterreich gibt es zahlenmäßig die meisten.
  • Ein Vorläufer zum Geocaching mit GPS war das Letterboxing mit Kompass. 1854 wurden in Dartmoor an verschiedenen Orten Behälter mit Stempeln versteckt. Hinweise halfen bei der Suche. Der Fund wurde im persönlichen Logbuch vermerkt.

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