1, 2, 3 oder 4: So wirkt sich die Zahl der Kinder aus

1, 2, 3 oder 4: So wirkt sich die Zahl der Kinder aus
Vier Frauen erzählten dem KURIER, wie es mit ihrer Kinderschar läuft und wann der größte Sprung war

Das Leben mit einem Kind kann man sich kaum vorstellen, bis es da ist. Genau so ist es auch bei jedem weiteren Nachwuchs. Je größer die Familie wird, desto vielfältiger werden die Aufgaben. Und da geht es nicht nur um die Laufzeit der Waschmaschine, die für Mütter ein guter Gradmesser ist.

Endlich kommt der Instagram-Perfektionismus aus der Mode: Eine US-Bloggerin postete ein Foto ihrer vollgeräumten Abwasch und sorgte damit für Begeisterung und Nachahmerinnen. Auch in dem Hollywoodfilm „Bad Moms“ tauschten die Mama-Darstellerinnen rund um die lebenslustige Mila Kunis den Elternabend gegen einen Barbesuch ein.

In ihrem neuen Buch „Die Kunst, keine perfekte Mutter zu sein“ singt daher Autorin und Dreifach-Mama Nathalie Klüver ein Loblied auf die Frauen, die zu sich selbst stehen. Eine Mutter meldete sich ganz von der Angeber-Fotoplattform ab, erzählte sie der Autorin: „Ich weiß nicht, ob in diesen virtuellen Räumen überhaupt Menschen leben – ganz ehrlich, es sieht irgendwie nicht so aus. Das echte Leben ist es jedenfalls nicht.“

Der KURIER sprach vor dem Muttertag mit Frauen, die von ihrem Familienalltag erzählen – und mit ähnlichen Herausforderungen kämpfen wie alle anderen Mamas, die zwei Hände, zwei Ohren und zu wenig Zeit für alles haben.

Noch 364 Muttertage

Für ihre Leistungen möchten Frauen gewürdigt werden, fordern alle ein: „Der Muttertag ist nett, aber ich möchte auch an den 364 anderen Tagen anerkannt werden“, sagen die Mütter unisono im KURIER-Gespräch. Schließlich müssen sie an jedem einzelnen Tag den Spagat zwischen Beruf und Familie schaffen. Geht nicht, gibt’s nicht, lautet dabei die Devise. Das bekam auch Autorin Klüver zu hören: „Wenn ich Bekannte treffe, werde ich immer gefragt, wie es dem Baby geht. Nie fragt jemand, wie es mir geht! Seit Clara auf der Welt ist, scheine ich nicht mehr zu existieren.“

Der heutige Sonntag ist eine gute Gelegenheit, sich den Müttern wirklich zuzuwenden. Nicht nur mit abgeschriebenen Gedichten, sondern mit dem Versuch, ihre Wünsche ehrlich zu erfüllen. Und am Montag kann man gleich damit weitermachen.

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„Die Spontanität ist mir abgegangen“

Ein Kind. Eva Damjanovic ist froh, dass ihre Tochter Mia schon sechs Jahre alt ist

Bevor Tochter Mia auf die Welt kam, kostete Eva Damjanovic (47) ihre Freiheit voll aus. „Ich konnte mir ein Leben ohne Kinder gut vorstellen. Mein Beruf als Kabarettistin macht mir Spaß, ich komme viel herum und ich habe gute Freunde. Mit Ende 30 hatte ich dann das Gefühl, dass ich vielleicht doch ein Kind will. Und es war ein Glücksfall für meinen Mann und mich, wie alles geklappt hat.“

Die Umstellung auf ein Kind fand sie jedoch schwierig. „Ganz am Anfang war ich total Mutter und habe mich voll darauf eingelassen. Aber später war es nicht so leicht und jetzt bin ich froh, dass meine Tochter sechs ist.“

Sie suchte sich Programme, um nicht ständig alleine zu Hause zu sitzen: „Ich habe viele Kurse gemacht, als Mia klein war – Massage, Yoga, Kanga. Ich habe mir gedacht, wenn ich schon ein Kind habe, dann schaue ich, was das Angebot ist. Wenn ich etwas mache, dann eben hundert Prozent. Damit habe ich nicht nur sie und mich beschäftigt, sondern auch neue Freundinnen gefunden.“

Es war eine schöne Zeit, aber  „die Spontanität ist mir so abgegangen. Jetzt bekomme ich das erst wieder zurück.“ Den Kindergarten empfand Eva als Segen, weil sie wieder Zeit für sich selbst hatte, „da hab ich auch die Zeit mit Mia mehr genossen“.

Was sie nervt: „Jeder glaubt, er kann einem Tipps geben. Mütter haben es nicht immer leicht, weil sie ständig von anderen beurteilt werden.“

Eva hatte sehr klare Vorstellungen, wie sie als Mutter sein wollte. „Ich will meiner Tochter nichts aufdrücken. Sie ist sehr selbstständig und kommunikativ und das ist mir wichtig. Wenn sie später eine Lehre machen will oder nach Amerika studieren gehen, möchte ich versuchen, ihr die Freiheit zu lassen.“

Noch ein anderer Vorsatz prägt ihre Beziehung: „Mir ist wichtig, mit Herz Mama zu sein – und das bin ich auch. Wir kuscheln viel, manchmal bin ich vielleicht sogar zu gutmütig.“

Den Muttertag feiert sie nicht so strikt, wie es einst war: „Letztes Jahr waren wir zwei Mädels mit einer Freundin, die Alleinerzieherin ist, und ihrer Tochter essen.“  Was sie sich wünscht? „Dass wir nie den Draht zueinander verlieren.“

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„Leihomas und Babysitter-Netz“

Zwei Kinder. Katja Carstensen hat ein ausgeklügeltes System

Hebamme Katja Carstensen hat Erfahrung mit Babys und aufregenden Geburten.  Am nervenaufreibendsten war jedoch ihre eigene: „Mein Sohn Pepe ist langsam und mit Mühe auf die Welt gekommen. Aber bei meiner Tochter Lillith ging es so schnell, dass ich sie zu Hause mit der Babysitterin geboren habe.“

Die größere Umstellung war für sie – so wie bei vielen Müttern – das erste Kind, jetzt viereinhalb , aber beim zweiten Kind kam sie zu wichtigen Erkenntnissen: „Erst als meine Tochter geboren wurde, habe ich gemerkt, dass ich meinem damals zweijährigen Sohn mehr Freiraum geben muss. Als sie da war, musste er sich eben die Schuhe selbst anziehen oder ein paar Minuten Geduld haben bis ich ihm etwas zu trinken geben kann. Damals hat er einen enormen Entwicklungssprung gemacht.“

Nach acht Wochen begann die selbstständige Hebamme wieder zu arbeiten. „Manchmal frage ich mich, ob ich genug Zeit für meine Tochter gehabt habe. Und ob ich nicht einen längeren Abstand hätte lassen sollen. Aber eigentlich passt es so.“

Zeit für sich selbst hat sie wenig, aber dafür ein ausgeklügeltes Netz von Helferinnen: „Ich begleite rund fünf Mütter pro Monat. Ich weiß ungefähr, wann mich eine braucht, aber ich habe zwei Leihomas und eine WhatsApp-Gruppe mit meinen Babysitterinnen, damit ich schnell wegkann.“ So erspart sie sich 12-Stunden-Schichten, die für sie weniger familienfreundlich wären. „Meine Kinder wissen, dass ich nach der Geburt gleich nach Hause komme. Einmal saß mein Sohn dann auf der Toilette und sagte: Ich bekomme gleich ein Kind. Ich drücke noch.“

Am Muttertag plant sie einen Bootsausflug mit den Kindern – und davor hofft sie auf ein Überraschungsfrühstück.

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„Das dritte Kind ist gar nicht mehr aufgefallen“

Drei Kinder. Wenig Freizeit für Cornelia Wawruschka

Bei Cornelia Wawruschka kam das erste Kind früher als geplant, sie war  26 und Studentin: „Im Rückblick war es das Beste, was geschehen konnte.“  Dann drei Jahre Pause: „Das zweite Kind hätte ich gerne etwas früher bekommen, aber da haben wir gerade Haus gebaut und da hat es nicht gepasst. Und beim Dritten waren wir uns nicht ganz sicher und dann ist er gekommen.“

Viele Mütter machen sich Gedanken über den optimalen Zeitabstand, auch sie: „Ich dachte immer, zwei Jahre sind ideal. Aber es kann auch passieren, dass zwei Charaktere doch nicht passen. Die Mittlere ist Spielkameradin für die Große und für den Kleinen. Das passt.“

Was ändert sich von Kind zu Kind? „Es wird mehr Wäsche“, lacht sie. „Beim ersten Kind habe ich mir gedacht, ich muss mein Leben so weiterleben wie bisher und habe sie überallhin mitgenommen. Ich habe das nicht als große Umstellung empfunden.

Nur zwei Hände Der größere Sprung war  von eins auf zwei: „Am Ende der Schwangerschaft musste ich liegen. Und dann habe ich gemerkt, dass ich nur zwei Hände habe. Das dritte Kind ist gar nicht mehr aufgefallen. Die anderen beiden waren vier und sieben und hatten einander.“

Inzwischen hat sich Cornelia ein Atelier eingerichtet, in dem sie Kinderkleidung  fertigt. Zeit mit ihrem Mann bleibt wenig: „Drei Kinder bei jemandem unterzubringen, ist nicht so einfach. Kürzlich haben wir sie aufgeteilt und waren eine Nacht weg.“ Am Muttertag bereiten die Kinder das Frühstück („Ich richte es so her, dass sie alles finden“) und schreiben ihr persönliche Worte. Was sie sich wünscht: „Dass sie einmal nicht streiten.“

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„Ich habe vier ungeplante Wunschkinder“

Vier Kinder. Cathrin Andel ließ sich überraschen

Für Cathrin Andel hat der Muttertag eine besondere Bedeutung: „Ich bin mit meinem ersten Kind am Muttertag aus dem Spitalgekommen. Es war wundevoll.“ Damals war sie 21, verheiratet, berufstätig. „Es war eine schöne Zeit, auch wenn ich viel alleine war. Bald kam noch ein Kind.“ Dann war achteinhalb Jahre Pause. „Ich hatte die Diskussion mit meinem Mann, wer zuständig ist, die Pille zu holen. Ich hab gesagt, wenn er sie nicht holt, verhüte ich halt nicht. Jetzt habe ich vier ungeplante Wunschkinder“, lacht sie. „Beim vierten Kind wollten wir nicht, dass die Dritte, Sophie, quasi als Einzelkind mit so viel älteren Geschwistern aufwächst.

Ihre große Tochter ist gerade 21 geworden, die anderen sind  19, 11 und 9. Nur noch zwei leben Zuhause: „Meine Tochter ist relativ früh zu ihrem Freund gezogen. Das war sehr schwierig für mich. Weil sie mit ihrem Bruder Irish Dance trainiert, war sie zum Glück viel bei uns. Das hat es etwas besser gemacht. Als mein Sohn ausgezogen ist, konnte ich schon besser damit umgehen.

Welche Veränderung fand sie am schwierigsten? „Die Umstellung von drei auf vier Kinder ist am größten; sowohl finanziell als auch logistisch, etwa beim Auto oder bei den Hotelzimmern.“

Nach dem Kleinsten machte Cathrin eine Ausbildung zur Fotografin und spezialisierte sich auf Kindergarten- und Familienfotos, seit 2011 ist sie selbstständig.  Ein 40-Stunden-Job ist sich nicht ausgegangen, sagt sie, aber „so kann ich flexibel arbeiten und etwa Fotos bearbeiten, wenn die Kinder im Bett sind.“ Hat sie als Mutter einen Vorteil?  „Ich habe einen anderen Zugang – denn  ich kenne unterschiedliche Charaktere, aus meiner eigenen Familie.“

Viele Mütter belastet es, dass sie nicht genug Zeit für jedes Kind haben. Sie auch? „Meist brauchen die Kinder eher abwechselnd etwas – so geht es sich aus. Das funktioniert ganz gut, sonst wüsste ich nicht, wie man es hinkriegt. Jeder bekommt seine individuelle Zeit – essen, shoppen oder ins Kino gehen, basteln.  Man muss flexibel sein. Aber mein Zweiter braucht mehr Aufmerksamkeit und macht viel Action, da mussten die anderen manchmal zurückstecken.“

Auch als Mutter muss sie sich arrangieren: „Man muss lernen, zurückzutreten und die Kinder nicht zu sehr zu beschützen. Geduld haben.“ Bei Familie Andel wird  am Muttertag groß gefeiert: Vier Familienmitglieder haben  dieser Tage ihren Geburtstag.

 

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