Zwei Mitglieder der documenta-Findungskommission zurückgetreten

Zwei Mitglieder der documenta-Findungskommission zurückgetreten
Aus unterschiedlichen Gründen: Ranjit Hoskoté war mit BDS-Vorwürfen konfrontiert, Bracha Lichtenberg Ettinger nennt Situation in Israel als Grund

Die lange Zeit international tonangebende Kunstschau documenta, bei ihrer vergangenen Ausgabe (2022) mit einem Skandal um antisemitische Inhalte konfrontiert, hat für ihre kommende Ausgabe, die 2027 stattfinden soll, noch keine Leitung gefunden. Dafür hat sie übers Wochenende zwei jener sechs Personen verloren, die für die Auswahl einer solchen Person (oder Gruppe) verantwortlich sein sollten. Am Sonntag trat der Schriftsteller, Kulturtheoretiker, Kunstkritiker und Kurator Ranjit Hoskoté aus der Kommission zurück. Hoskoté war in den vergangenen Tagen aufgrund seiner Unterschrift unter dem Statement against consulate general of Israel, Mumbai’s event on Hindutva and Zionism (vom 26. August 2019) und dessen BDS-Bezug und antisemitischem Gehalt in die Kritik geraten - die Süddeutsche Zeitung hatte darüber berichtet. 

Unterbrechung abgelehnt

Noch am Freitag war die die israelische Künstlerin, Philosophin, Psychoanalytikerin und Theoretikerin Bracha Lichtenberg Ettinger aus dem Gremium zurückgetreten - mit der Debatte um Hoskoté hatte dies aber nichts zu tun, wie sie betonte. Sie begründete ihre Entscheidung mit der aktuellen Situation im Nahen Osten. Nach dem 7. Oktober 2023 und dem Beginn des Hamas-Terrors in Israel habe sie Schwierigkeiten, einen Beitrag zu der Arbeit der Findungskommission zu leisten. Sie hatte deswegen vorgeschlagen, den Findungsprozesses zu unterbrechen dieser wurde "mit Blick auf den sehr weit fortgeschrittenen Findungsprozess nicht umgesetzt", hieß es in einer Aussendung der Trägergesellschaft der documenta vom Montag. Unmittelbar nach dem Rücktritt habe diese weitere Gesprächsangebote unterbreitet, hieß es.

 

Die documenta ist als so genannte "Weltkunstschau", die nach dem 2. Weltkrieg als Zeichen Deutschlands für den Anschluss an die westliche Moderne gegründet wurde und maßgeblich vom Bund und der Stadt Kassel finanziert wird, ein sensibles Instrument. Die Wahl des indonesischen Kollektivs ruangrupa, das seinerseits antisemitisches Bildmaterial und palästinensische Propagandafilme auf der Kunstschau zu verantworten hatte, gilt heute als Vorbote jenes Risses, der sich seit dem Hamas-Überfall im Oktober durch die globale Kulturwelt zieht. Ranjit Hoskoté hatte zwar jede Nähe zur BDS-Bewegung, die den Boykott Israels fordert, geleugnet. Auf die Erwartung einer eindeutigen Distanzierung vom erwähnten Schreiben kam aber das Rücktrittsgesuch, heißt es in einem Statement der documenta. 

"Konsequente Aufarbeitung"

"Die aktuellen Entwicklungen rund um die Findungskommission der documenta 16 zeigen einmal mehr, wie lang der Weg zu einer konsequenten Aufarbeitung der documenta 15 noch ist", wird Andreas Hoffmann, Geschäftsführer der documenta gGmbH, darin zitiert. "Es bedarf einer konsequenten Distanzierung von jeglicher Form von Antisemitismus. Die Ereignisse des Sommer 2022 dürfen sich nicht wiederholen. Nur so kann nach den Geschehnissen der documenta fifteen ein echter Neuanfang gelingen.“

 

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