Zwei geraubte Kunstwerke und späte Gerechtigkeit

Max Liebermann: "Zwei Reiter am Strand" (1901), Schätzwert 350,000 - 550,000´Pfund (rund 490.000-770.000 Euro)
Erstmals wird heute ein Werk der Sammlung Gurlitt versteigert. Dazu kommt der Schlussakt eines Dramas um ein Klimt-Bild.

Es geht um zwei Bilder, die lange als verschollen galten, um Enteignung, Rückforderung, Verzögerung und letztendlich um eine Lösung.

Der Unterschied zwischen den beiden Geschichten: David Toren, der rechtmäßige Erbe nach David Friedmann, dem einstigen Besitzer des Gemäldes „Zwei Reiter am Strand“ von Max Liebermann (1901), kann die Auktion des restituierten Gemäldes heute, Mittwoch, bei Sotheby’s in London zumindest noch erleben. Anthony Felsövanyi, der Sohn von Gertrud Loew (verheiratete Felsövanyi), deren Bildnis ebenfalls versteigert wird, kann das nicht: Er starb im Oktober 2013 im Alter von 99 Jahren in Kalifornien.

Gertrud Loew war 19 Jahre alt, als Gustav Klimt sie 1902 im Auftrag ihres Vaters, eines Sanatoriumsbesitzers, porträtierte. Als die Frau 1912 den Industriellen Elemér Baruch von Felsövanyi heiratete, hatte sie bereits die Leitung des Sanatoriums inne, das sie bis zum „Anschluss“ 1938 weiterführte.

Zwei geraubte Kunstwerke und späte Gerechtigkeit
APA20217068_10092014 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA0058 VOM 10.09.2014 - Das Klimt-Gemälde "Bildnis Gertrud Loew" (1902) auf einem undatierten Archivbild. Die Klimt-Foundation und die Erben einigten sich über das "Bildnis Gertrud Loew". Ein Gutachten der gemeinsam eingesetzten Rechtsexperten ist zur Ansicht gekommen, dass das Bild zu restituieren wäre, fände das Restitutionsgesetz des Bundes seine Anwendung. +++ WIR WEISEN AUSDRÜCKLICH DARAUF HIN, DASS EINE VERWENDUNG DES BILDES AUS MEDIEN- UND/ODER URHEBERRECHTLICHEN GRÜNDEN AUSSCHLIESSLICH IM ZUSAMMENHANG MIT DEM ANGEFÜHRTEN ZWECK ERFOLGEN DARF - VOLLSTÄNDIGE COPYRIGHTNENNUNG VERPFLICHTEND +++ (ARCHIVBILD) FOTO: APA/KLIMT-FOUNDATION,WIEN,INV.NR. 2
Felsövanyi flüchtete 1939 in die USA, wo sie 1964 verstarb. Ihr Porträt war mit anderen Kunstgegenständen n Wien verblieben und auf nicht restlos geklärtem Weg in die Sammlung des Regisseurs und NS-Günstlings Gustav Ucicky gelangt.

Anthony Felsövanyi erbat von dessen Witwe in einem Brief eine gütliche Einigung. Doch diese gründete 2013 die „Klimt Foundation“. Der Stiftungsvorstand wusste von der problematischen Geschichte. Aber erst 2014, nach dem Tod von Felsövanyi, sah man den Tatbestand des Entzugs als gegeben an und einigte sich mit den Erben; in welchem Verhältnis der erwartete Auktionserlös von 18 – 25 Millionen Euro zwischen den Parteien geteilt wird, wurde nicht verlautbart.

Zähe Restitution

David Toren wird den vollen Erlös (Schätzwert 490.000 – 770.000 Euro) für das Bild „Zwei Reiter am Strand“ von Max Liebermann beanspruchen können – das Gemälde wurde an ihn restituiert. Sein Großonkel musste das Werk einst an die Nazis übergeben; nach dem Krieg wurde es von US-Soldaten konfisziert. Die sogenannten „Monuments Men“ folgten das Bild jedoch mangels Beweisen an Hildebrand Gurlitt, den lange im NS-Auftrag agierenden Kunsthändler, aus. Es befand sich später in der Münchner Wohnung von Gurlitts Sohn Cornelius, bis diese 2012 von Behörden geräumt wurde.

Dass danach länger als ein Jahr nichts über den Fall publik wurde, erzürnte Toren, der Bayern und die Bundesrepublik auf Herausgabe klagte. Sehen kann David Toren das Bild nun nicht mehr: Der 90-Jährige ist seit geraumer Zeit blind.

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