Zuflucht vor der Geschwätzigkeit des öffentlichen Raums

Zuflucht vor der Geschwätzigkeit des öffentlichen Raums
Die "100 besten Plakate" des Jahres 2011 waren sehr oft schwarz-weiß – und nicht aus Österreich.

Ist den Österreichern die Ästhetik ihrer Plakate wurscht? In der Ausscheidung des Wettbewerbs „100 beste Plakate“, dessen Siegerprojekte heuer schon zum siebten Mal im Wiener MAK gezeigt werden (bis 17.2.) , gelangten nur zwei Einreichungen aus Österreich in die Top 100. Und auf beiden Plakaten sind Würstel zu sehen.

Plakatkultur

Der Grafikdesign-Professor Oliver Kartak, aus dessen Klasse an der Wiener Angewandten eines der Siegerprojekte hervorging, sieht die schwache heimische Präsenz jedenfalls als Indiz für einen Mangel an „zeitgenössischer visueller Kultur, die gefördert und gefordert wird.“ Selbst herausragende Plakatkampagnen wie jene des Wiener Burgtheaters, so Kartak, seien von einer Schweizer Agentur abgewickelt worden: „Deutschland und die Schweiz zelebrieren ihre Plakatkultur.“

Geht es nach der heurigen Preisträger-Ausstellung, so ist Kartak beizupflichten: Besonders aus der Schweiz stammen fantasievolle, ironische, manchmal im Retro-Stil gehaltene Plakate, die überwiegend für Kulturinitiativen und -Veranstaltungen werben, manchmal aber auch fürs Zähneputzen („Zahn + Bürste – das Traumpaar“, lautet etwa ein Slogan für die Schulzahnklinik Bern.)

Zuflucht vor der Geschwätzigkeit des öffentlichen Raums
Aus Deutschland kamen streng verdichtete Bildbotschaften, etwa auf Konzertplakaten des Büros „Rocket & Wink“ für die Band Iron & Wine oder auf einem in Eigenregie entworfenen Kirchen-Motiv, das Lex Drewinski von der Druckerei „Flyeralarm“ vervielfältigen ließ.

Das preisgekrönte Plakatmotiv des deutschen Designers Lex Drewinski rückt die Silhouette einer Kirche visuell in die Nähe der Kapuzentracht des Ku-Klux-Klan.

Das Bestreben, Plakate auf Schwarz-Weiß-Sujets zu reduzieren, sei heuer als Trend ablesbar, erklärt MAK-Kurator Peter Klinger: 27 der 100 Siegerprojekte wählten diese Strategie und setzten damit „neue Kontrapunkte in die Geschwätzigkeit des öffentlichen Raums“. In Wien, laut Kartak eine Stadt mit sehr hoher Plakatdichte, sei dabei besonders viel Mittelmaß zu sehen: Die teuren Plakatflächen der Außenwerbungsfirma Gewista böten kaum Möglichkeiten, Botschaften abseits des Mainstreams unterzubringen.

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