Zu entdecken: Ein Dichter und sein Septembergewitter

Zu entdecken: Ein Dichter und sein Septembergewitter
Friedo Lampe (1899 - 1945): Die Chance, jemanden kennenzulernen, der völlig in Vergessenheit geriet.

In Bremen gibt es einen Friedo-Lampe-Weg. Er ist eine Sackgasse.
Mehr erinnert nicht an den Schriftsteller, der hier 1899  geboren wurde und ein Großer hätte werden können. Für diesen Fall wäre bestimmt ein Platz nach ihm benannt worden, wenn nicht gar eine Straße.
Aber: „Ich habe immer Pech.“ So klagte der Sohn einer Kaufmannsfamilie, dessen erster Roman im Oktober 1933 unverzüglich verboten worden war.
In „Am Rande der Nacht“ kommen nämlich Prostituierte vor. Die durfte es nicht geben, als die Nationalsozialisten an die Macht kamen; außer für sie selbst.

Zivile Freiheit

Beim zweiten Roman, „Septembergewitter“, achtete Friedo Lampe sehr darauf, dass nichts zu beanstanden war. Aber kaum jemand beachtete 1937 dieses kleine Meisterwerk.
Damals lebte er bereits in Berlin und arbeitete als Lektor im Verlag von Ernst Rowohlt. Seine Wohnung war autonomer Bereich „ziviler Freiheit und Einsamkeit“, und als sie zerbombt wurde, als seine stattliche Bibliothek verbrannte,  begann Friedo Lampe sofort wieder, eine neue Idylle zu schaffen – eine „Idylle auf vulkanischem Untergrund“.

Ein Irrtum

In den letzten Kriegstagen verließ er sie höchst ungern und ließ sich zu viel Zeit für seine Flucht aus Berlin
Ein Soldat der Roten Armee erschoss ihn.
Versehentlich.
Später berichtete ein Freund: Lampe schloss sich einer Gruppe Arbeiter an, aber das waren gar keine Arbeiter, sondern SS-Leute, die sich tarnten, um den Russen zu entkommen.  Friedo Lampe konnte zwar seine guten Papiere herzeigen, aber er wurde trotzdem erschossen, mit allen Festgenommenen, am  2. Mai 1945.
„Ich habe immer Pech.“

Oben – unten

Der Wiener Milena Verlag macht es möglich, den Schriftsteller / Dichter zu entdecken.
Septembergewitter“ ist neu aufgelegt worden.
Nur eine Ballonfahrt. Eine Stadt von oben. Saftige Wiesen, ein schwarzes Schiff mit braunem Segel. So friedlich.
Und jetzt unten:  Episoden mit 40 herangezoomten Personen fließen ineinander, ein Mord geschieht, das Gewitter ist voll da.
Zur Sicherheit geschieht alles in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Soll niemand sagen können, mit  dem Gewitter war Hitler gemeint.

 


Friedo Lampe:Septembergewitter
Nachwort von Hendrik Werner.
Milena Verlag.
110 Seiten.
19,50 Euro.

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern

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