Konnten Sie Tennisspielen?
Null. Alles, was ich über Tennis wusste, war Venus und Serena! Also hatte ich auch davor eine Scheißangst. Wir waren alle total nervös, aber bereit zu trainieren. Anfangs ging jeder Ball ins Gebüsch. Dann hatte ich Angst davor, getroffen zu werden, denn damals war ich noch kurzsichtig, und habe nichts gesehen. Danach haben wir die Tennisszenen choreografiert. Die einzelnen Bewegungen mussten hundertprozentig stimmen. Das war ein sehr kompliziertes Unterfangen.
Wie haben Sie das physisch überstanden? Hatten sie Muskelkater?
Ich habe sofort einen Tennisellbogen bekommen, besonders zu Beginn des Drehs und dieser Szenen am Court. Ich habe erkennen müssen, dass ich besser an meinen Muskeln im Oberkörper arbeite, denn ein Tennisarm schmerzt.
Sportler und Künstler haben gemeinsam, dass sie es zwar ohne Ego nicht schaffen würden, selbiges aber manchmal im Weg steht. Wie denken Sie darüber?
In der kreativen Arbeit muss man das Ego abgeben, es vor der Tür lassen. Hier muss die beste Idee gewinnen, ganz gleich von wem sie kommt. Und was die Rolle betrifft – jede Art von Rolle – auch da musst du dich selbst rausnehmen. Du bist nicht die Rolle, die Rolle ist nicht du. Du bist als Schauspieler dazu da, die Rolle zum Leben zu erwecken, die Figur zu sein, ihr zu dienen. Deine persönliche Meinung, dein Urteil und dein Ego müssen da verschwinden.
Wie war Luca Guadagnino im Vergleich mit anderen Regisseuren?
Luca ist jemand, den man sofort mag, das hat auch eine Rolle gespielt. Ich habe ihm Millionen Fragen zu den Charakteren gestellt, aber ich habe auch erkannt, dass diese Geschichte und damit der Film sehr einzigartig sind; es ist kein Tennis-Film, aber es geht um Tennis, es ist keine Komödie, aber es gibt lustige Szenen, es ist kein Drama, aber es ist dramatisch. Es hat eines Regisseurs bedurft, der all diese komplizierten Elemente und all diese komplizierten Figuren versteht. Luca war dafür einfach perfekt. Er verstand die Essenz, verstand diese drei Personen in all ihrer Menschlichkeit, in all ihren guten und nicht so guten Seiten.
Europäische Regisseure haben eine viel natürlichere Art, Liebes- und Sexszenen zu filmen, aber auch die unausgesprochene Intimität zwischen den Charakteren …
Es ist interessant, dass jeder die Sexszenen anspricht. Denn es gibt gar keine! Das ist ein Beweis dafür, wie gut Luca diese Figuren beschreibt. Es fühlt sich intim an, sogar die Tennisspiele. Und in jedem Moment, wo sie zusammen sind, hat der Zuschauer das Gefühl, mittendrin zu sein in der Szene und der Erfahrung, die sie gerade erleben. Das ist der Grund, warum alle glauben, sie haben etwas viel Intimeres gesehen, als in Wirklichkeit auf der Leinwand ist.
Wie war es für Sie persönlich, Szenen zu drehen, wo Ihnen Ihr Inneres ins Gesicht geschrieben ist, wo Sie – manchmal auch ohne Dialog – alles preisgeben, was in Ihnen vorgeht?
Ich habe es sehr genossen Luca dabei zuzusehen, wie er all diese kleinen Momente zwischen den dreien findet, und wie er die Kamera einsetzt. Er macht die Kamera zur eigenen Figur, indem er alles durch die Augen der jeweiligen Person filmt. Damit wird auch der Zuschauer zum Mitspieler. Er ist im Kopf der Mitwirkenden, er ist mit ihnen in der Szene und sieht, was sie sehen. Er ist emotional eingebunden. Der Zuseher ist keine Fliege auf der Wand, sondern Teil des Streits, Teil des Matches, er spürt fast den Schweiß.
Ist das Guadagninos Stärke als Regisseur, dieses Einbinden des Publikums?
Ja, darin ist er wirklich gut. Und er hat uns viel Zeit gegeben, uns in unsere Rollen zu versetzen, wir hatten Proben, was ein Privileg ist. Schon vor dem Dreh zusammensitzen und darüber diskutieren zu können, warum diese Leute gewisse Entscheidungen treffen, ist ein Geschenk. Es gibt da eine Szene, in der ich zu Mike Faist, der meinen Mann spielt, sage „Wenn du morgen nicht gewinnst, dann verlasse ich dich.“ Ich habe das immer als sehr kalt und gemein interpretiert, aber Luca meinte, er will, dass es sehr sanft, sehr zärtlich ist, im Sinn von „wie kann ich dir helfen? Ist das ein Ansporn für dich?“ Und dann berührt sie ihn. Ich hatte das vorher nie als ein Zeichen für Zärtlichkeit gesehen.
Kannten Sie Guadagnino schon vor dem Film?
Ich bin schon lange ein Fan seiner Arbeit, aber kennengelernt habe ich ihn bei einem Fendi-Dinner in Italien. Er war so süß und nett zu mir, und half mir eine vegetarische Option zu bekommen. Ich spreche nicht italienisch, und er hat es arrangiert. Ich mochte ihn sofort. Ich wollte immer mit ihm arbeiten, aber dass es dieses Projekt war, ist ein wahrer Traum.
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