Brillante Technik und Raffinesse in knallbunter Verpackung

Yuja Wang: Geboren in Peking, lebt in New York, will Europa erobern
Die chinesische Pianistin Yuja Wang sorgte im Wiener Konzerthaus für viel Aufsehen.

Ist es zulässig, bei einem Klavierkonzert zunächst über die Garderobe der Künstlerin zu berichten? Im Falle von Yuja Wang ist es unumgänglich. Bereits der Auftritt der 27-Jährigen im hüfthoch geschlitzten türkisen Abendkleid sorgte für "Aahs" im Publikum. Vorsichtigen Schrittes betrat sie in High Heels die Bühne des Wiener Konzerthauses, um sich nach einer zackigen Verbeugung ans pianistische Werk zu machen. Liszt und Schubert standen auf dem Programm. Nach der Pause, als Wang in einem knallbunten, rückenfreien Kleid in Magenta zurückkehrte (erneut kamen Handykameras zum Einsatz), folgten Stücke von Skrjabin und Balakirew.

Modebewusstsein entwickelte Yuja Wang in Nordamerika, wohin sie nach erster Ausbildung in Peking als Teenager übersiedelte. Mit Lang Lang, als dessen weibliches Gegenstück sie häufig bezeichnet wird, verband sie derselbe Lehrer in Philadelphia – und die Ambition, die Musikwelt zu erobern. Nächste Station: Europa.

In Wien sorgte das virtuose, ausdrucksstarke Spiel der Chinesin für Begeisterung. Beim abschließenden flirrenden "Islamej" flogen Wangs Finger in furioser Rasanz über die Tasten. Balakirews Fantasie zählt zum Schwierigsten, das die Klavierliteratur zu bieten hat.

Überhaupt scheint Wangs Spiellust dann am größten, wenn die technische Anforderung am höchsten ist. Auch bei Skrjabin wusste Wang mit dem expressivsten Stück, der Sonate "Schwarze Messe", am meisten zu gefallen. Schwieriger war es da schon, bei der Sonate A-Dur D 959 Schubert’sche Feinfühligkeit nachzuvollziehen. So klang das klagende Thema im Andantino seltsam zögerlich.

Dennoch wartet Yuja Wang neben ihrer technischen Brillanz mit viel spielerischer Raffinesse auf – und, wie in den vier Zugaben, auch mit musikalischem Humor.

KURIER-Wertung:

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