"Wunder" im Schauspielhaus Wien: Wir und der Körper
Unter „Vision“ ist auf der Homepage des Schauspielhauses Wien nachzulesen, dass die Tradition von George Tabori fortgesetzt werden soll. Das heißt Selbsterforschung betreiben, einen poetischen Prozess in Gang setzen. Ersteres geschieht in der österreichischen Erstaufführung von Enis Macis Stück "Wunder“, einer Koproduktion des Theatermachers und Regisseurs Juan Miranda und seiner Kompanie Despiece.
In knappen 80 Minuten wird auf Deutsch, Spanisch und Katalanisch (mit Übertiteln) über Fragen wie „Wo fängt der Körper an, wo hört er auf? Was kann er alles tun, wie viel ertragen?“ und „wie wird ein Körper viele?“ referiert.
Das mag einfach klingen, ist aber, wenn man versucht, sich darauf einzulassen, ziemlich kompliziert. Nicht nur für das Publikum. Die Bühne (Elisabeth Kramarek) bleibt bis auf ein Podium und eine transparente Wand, die im Laufe des Stücks schräg gestellt wird und später als eine Art Dach fungiert, leer.
Zum Beginn zeigt ein gut choreographiertes Schattenspiel die Umrisse von fünf Menschen, die zu lauten Popmusik-Rhythmen trainieren. Mit ihren Gesängen verwandeln sie im nächsten Bild den düsteren Raum in eine Kirche.
Schon bald wird klar, die 1993 in Gelsenkirchen geborene Autorin versucht, in ihrem Text, Assoziationen herzustellen. Von den Weltreligionen führt sie zu verschiedenen Arten von Körperkult. Vom Kult kommt sie auf Wunden, die einem Körper zugefügt werden. Sie gibt Beispiele von Krankheiten und nimmt diese als Verbindungsstück, das zu Wundern führt.
Maria Callas, Montserrat Caballé, Uum Khutum, Ägyptens bekannteste Sängerin, werden genannt. In einer Art Dialektik lässt sie die tragischen Geschichten von Frauenfiguren referieren. Die Porno-Darstellerin Sexy Cora, die Philosophin und Mystikerin Simone Weil stellt sie Elisabeth von Thüringen und Mutter Teresa gegenüber.
Constanza Aguierre, Iris Becher, Tina Keserović, Virginia Rovira und María García Vera agieren präzise aufeinander abgestimmt. Bei den deutschsprachigen Passagen wäre Wortdeutlichkeit ein Gewinn, aber ob das den Text besser machen könnte? Sehr freundlicher Beifall vom Premierenpublikum.
Kommentare