Wort des Jahres: 6-7, das "Jo eh" der Generation Alpha
Das Wort des Jahres 2025 ist „Elch Emil“. Jetzt könnte man natürlich beckmesserisch sein und sagen: „Moment. Das sind zwei Worte.“ Aber „Elch“ alleine und „Emil“ alleine ist halt auch nur der halbe Spaß. Durchgesetzt hat sich der sture Stirnwaffenträger gegen gar nicht so gefährliche Konkurrenz wie der „Buddha von Wien“ (Bundeskanzler Christian Stocker) oder die „Zuckerlkoalition“. Das Verb „wögern“ (jemandem zu einem Job zu verhelfen, für den dieser nicht qualifiziert ist und dabei straffrei ausgehen) war freilich auch eine charmante Schöpfung - auch wenn das ÖVP-Klubobmann August Wöginger wahrscheinlich nicht so sieht.
Polstern und wögern
Allerdings kommen nicht viele zu der Ehre, dass eine Tätigkeit nach ihnen benannt wird. In der jüngeren österreichischen Sprachgeschichte kommt man da um „Toni, lass es polstern“ nicht herum. Was die Jury des Wort des Jahres (die Gesellschaft für Österreichisches Deutsch und die APA) sehr wohl konnte - um Toni Polster herumkommen. Sein Zitat „Das ist eine Auswahl von Pizzabäckern, aber mit Sicherheit keine Nationalmannschaft“ über das Team von San Marino wurde nicht zum Unspruch des Jahres gekürt. Da hat - wieder einmal - Herbert Kickl zugeschlagen. Er ist quasi Platzhirsch in der Kategorie, auch letztes Jahr „siegte“ er mit seiner „Vater unser“-Bemächtigung „Euer Wille geschehe“. Heuer gelang es ihm mit „Wir schieben ihn ab, wenn er aus seinen Klostermauern kommt“, ein Satz, den er dem Salzburger Erzbischof Franz Lackner ausgerichtet hat.
Renaturieren mit Elch Emil
Aber Verben haben es heutzutage ohnehin schwer - dazu später mehr.
Das Wort dieses Jahres ist eine recht konsequente Weiterführung des Wahlsiegers vom Vorjahr. Das war nämlich „Renaturierung“ - und nichts anderes hat der hartnäckig durchs Stadtgebiet trabende Elch diesen Sommer ja auch gemacht. Immerhin hat er die Natur in Elchform in den Prater, ins Cafe Landtmann und in die Lugner City gebracht. Ahso, das waren ja nur Fake News (2. Platz des Unworts des Jahres 2017). Oder altmodisch gesagt: Werbung, die auf einen Trend aufspringt. Auf jeden Fall: Memes. Wenn Sie dieses Wort jetzt schon nicht kennen, dann sind Sie chancenlos beim Jugendwort des Jahres: Das ist nämlich „6-7“, aber englisch ausgesprochen: „Six Seven“. Was das bedeutet? Die Jury drückt sich da ein bisschen um eine klare Aussage: „ein Kommunikationssignal, das von jungen Menschen verwendet wird, um ihre Zugehörigkeit zu einem Trend oder einer Community zu signalisieren“. Mit dem Gebrauch gebe man sich „als Teil der Gruppe zu erkennen, als Insider, der den Schmäh kennt und versteht“. Also wie ein Codewort, um in eine Speakeasy-Bar zu gelangen. Oder einen Geheimbund.
Was war nochmal "Brakka"?
Das Jugendwort des Jahres hat aber ohnehin eigentlich seit seiner Gründung eine mysteriöse Aura. 2023 wurde zum Beispiel „Brakka“ gekürt - und man merkte gleich: Wer an einen Teppichklopfer dachte, war alt, wer an eine Hose dachte, war jung. Vergangenes Jahr war Durchatmen angesagt: „Hearst“ war das Jugendwort des Jahres: Das hatten zumindest Wiener Boomer schon einmal gehört.
Gut, was hat es nun aber mit dem rätselhaften „6-7“ auf sich? Es soll das erste Aufflackern der rein digital aufgewachsenen Generation Alpha (nach 2010 Geborene) in der Internetkultur sein. Ursprünglich stammt es aus dem Song „Doot Doot (6-7)“ des US-Rappers Skrilla, auch da wird er schon recht bedeutungsarm verwendet. Inhaltlich nicht ganz sinnfrei ist der Begriff im Basketballbereich, mit dem er parallel in Verbindung gebracht wird. 6 Fuß, 7 Zoll sind umgerechnet zwei Meter, eine passable Größe für Korbsportler. Von einem Basketballspiel stammt auch ein virales Video, das das Schicksal von „6-7“ als Internetphänomen auf TikTok und Co endgültig festlegte.
6-7, ein Platzhalter
„6-7“ hat mittlerweile nichts mehr mit Basketball zu tun - oder mit irgendetwas anderem. Der „Guardian“ hat nüchtern sprachwissenschaftlich festgestellt, dass der Ausdruck ein „linguistic placeholder“, also ein Platzhalter ist - der nicht die Aufgabe hat, Bedeutung zu vermitteln. So ein Füllwort verwendet man normalerweise, wenn einem nichts anderes einfällt. Wie "Naja". Oder "eh". Oder "Jo eh". Aber "6-7" ist doch etwas mehr: Es fehlt ihm zwar der Sinn, dafür ist es ein soziales Signal. Oder, anders gesagt: Wenn man die Party im Kinderzimmer crasht und schief grinsend auf Deutsch „Sechs-Sieben“ sagt, dann wird das für viel Cringe sorgen (Jugendwort 2021). Schlimmer wäre nur "Bam, Oida".
Das Crazy, Heul-lach, checkst du?
Unwort des Jahres wurde heuer neuerlich nicht „Unwort“, sondern „Rabattpickerl“. Zum Spruch des Jahres wurde „Nur wer innerlich brennt, kann leuchten“ vom neuen Wiener Erzbischof Josef Grünwidl gewählt. Der Spruch hat nicht nur ein, sondern gleich zwei Prädikate. Das kann man von jener Phrase, die einen Jury-Sonderpreis erhalten hat, nicht behaupten. Das so verb- wie satzzeichenarme „Das Crazy Oida“ stand auf einem Plakat, mit dem das ÖFB-Team die WM-Qualifikation gefeiert hat. "Das Crazy", was so viel bedeutet: "Im Ernst, verrückt, wer hätte das gedacht", ist auch das deutsche Jugendwort 2025 geworden.
Aber da fehlt immerhin nur das Verb. 2015 hat das Oxford Dictionary ein „Word of the Year“ ausgewählt, dem sogar das Wort fehlte. Es war das Tränen-Lach-Emoji.
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