Die Regisseurin Elizabeth LeCompte vermeidet in der 80-minütigen Vorstellung politische Aktualisierungen, obwohl Parallelen zwischen zeitgenössischen politischen Unruhen und den sozialistischen Revolutionen durchaus erkennbar sind.
Sie unterstreicht zudem die feministische Komponente von Brechts Heldin, die – dargestellt von Kate Valk – zur Revolutionärin wird.
Und sie weiß durch manch ironischen Sidekick, dass es Brecht in seinen Stücken keineswegs nur um Einsichten in die gesellschaftliche Wirklichkeit, sondern auch um Vergnügen und Unterhaltung gegangen ist.
Blickfang auf der Bühne ist ein gezeichnetes Video im Großformat von Irfan Brkovic mit Fabriken grau in grau. Die sparsamen Requisiten der Produktion sind ein Recycling aus früheren Arbeiten der Truppe. Amir ElSaffar verpasste Hanns Eislers Originalmusik ein jazziges Überkleid.
Jim Fletcher ist u. a. der Spielführer und Lehrer im Lehrstück mit den Lektionen zum Klassenkampf. Und erinnert an den Dramatiker Brecht, der unbedingt als Lehrer gelten wollte und doch viel mehr leidenschaftlicher Verführer der Theaterzuschauer war.
Bekanntlich sah er die Literatur und die Philosophie und alle Künste stets aus der Perspektive des Theaterautors.
Ebenso das Leben und die Politik. So ist bei „The Mother. A learning play“ sonnenklar: Die Politik kann zwar das Theater verderben, doch niemals das Theater die Politik verbessern. Wohl nicht einmal Brecht hat an die erzieherische Wirkung seines Theaters geglaubt.
Seine Fans wollten ein Theater, das die kommunistische Gesellschaft ermöglichen sollte, Brecht hingegen wollte die kommunistische Gesellschaft, damit sie sein Theater ermöglicht. Auch wenn sich im Publikum damals wie heute sicher keine „Weltänderer“ versammeln, so gibt es zwei Möglichkeiten:
Zu erkennen, es ging Brecht stets ums Spiel, um den Spaß am Spiel – und nicht um den Kampf.
Oder aber es gilt das abgewandelte Brecht-Zitat: „Und so sehen wir betroffen den Vorhang zu und alle Fragen offen.“ Werner Rosenberger
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