Wolfgang Waldner: "Däumchendrehen ist nichts für mich"

Ex-Landesrat Wolfgang Waldner: „Die Kultur in Kärnten tut mir wirklich leid“.
Wolfgang Waldner, Ex-Chef des Museumsquartiers, leitet die österreichische Auslandskultur.

Seit Jänner dieses Jahres ist Wolfgang Waldner wieder einmal zurück in Wien: Er leitet im Außenministerium die Sektion Auslandskultur. Aber nur kurz. Denn mit Jahresende geht Waldner als Botschafter in die USA.

Auch wenn die Diplomatie immer die bestimmende Konstante blieb, verlief die Karriere des Juristen, am 6. Oktober 1954 in Villach geboren, alles andere als linear. Von 1983 bis 1987 war Waldner Kulturattaché in Washington, danach Sekretär des damaligen Außenministers Alois Mock (ÖVP). 1988 folgte er auf Peter Marboe als Leiter des Kulturinstituts in New York und übernahm von diesem ein spektakuläres Projekt: Er war für den Neubau nach den Plänen von Raimund Abraham zuständig, dessen Realisierung sich aufgrund diverser Widrigkeiten – unter anderem ging das beauftragte Bauunternehmen Pleite – in die Länge zog.

Hausmeister im Flohzirkus

Wolfgang Waldner: "Däumchendrehen ist nichts für mich"
ZU APA-TEXT KI - Das Österreichische Kulturforum in New York. APA-Foto: David Sundberg/Esto
Die Eröffnung des Kulturforums im Jahr 2002 erlebte Waldner nur als Gast mit: Ab 1999 war er für die Errichtung des Museumsquartiers in Wien verantwortlich. Das Kulturareal wurde im Sommer 2001 fertiggestellt, Waldner blieb bis 2011 Geschäftsführer der Betriebsgesellschaft. Seine Arbeit erforderte mitunter diplomatisches Geschick. Denn das MQ ist ein Gemeinschaftsprojekt des Bundes und der Stadt Wien – und so gab es immer wieder Machtkämpfe nicht nur zwischen den Gebietskörperschaften. Mitunter verlor sogar der besonnene Waldner die Contenance – wenn er von Gerald Matt, damals aufmüpfiger Direktor der Kunsthalle Wien, zu sehr gereizt wurde.

Waldner ließ sich aber nicht beirren: Er initiierte unter anderem mehrere Künstlerateliers und den Ausstellungsraum "Freiraum quartier 21 international". Manche Nutzer, die den Platz gerne selber bespielen wollten, schäumten vor Wut: Es ginge doch nicht, dass der "Hausmeister" Programm mache. Mit Genugtuung stellt Waldner im Gespräch mit dem KURIER aber fest: "Das Konzept funktioniert auch heute noch. Denn die Ausstellungsreihe wird in Kooperation mit dem Außenministerium und anderen Partnern organisiert. Dadurch gibt es immer wieder eine Content-Erneuerung. Zudem wurde niemandem Geld weggenommen: Die Finanzierung erfolgt über Vermietungen freier Flächen."

Derzeit, bis 16. August, ist im "Freiraum quartier 21 international" die Ausstellung "Anmerkungen zum Beginn des kurzen 20. Jahrhunderts" zu sehen. Sie untersucht die Spuren des Ersten Weltkrieges in der Gegenwart.

Unbestechlicher in Kärnten

Nach zwölf Jahren Flohzirkusdirektor – im MQ gibt es viele Nutzer mit divergierenden Eigeninteressen – folgte Waldner dem Ruf des damaligen Außenministers Michael Spindelegger (ÖVP): Im April 2011 wurde er zum Staatssekretär bestellt, er betreute insbesondere die kulturellen Auslandsbeziehungen. Doch dann, nach einmal eineinhalb Jahren, ist ihm seine Heimat "dazwischengekommen". Im Juli 2012 gestand der Kärntner ÖVP-Chef Josef Martinz, Steuergelder für die Partei abgezweigt zu haben. Gabriel Obernosterer übernahm die am Boden liegende Volkspartei. Er bat seinen Landsmann, der für Seriosität und Unbestechlichkeit steht, um Unterstützung. Waldner lehnte ab. "Aber Obernosterer ist mir in den Urlaub nach Grado nachgefahren. Nach zwei Wochen hatte er mich so weit: Ich gab seinem Drängen nach."

Anfang September 2012 wurde Waldner als Landesrat angelobt. "Die ÖVP war in den Umfragen auf 5,5 Prozent abgestürzt. Daher gab es die Chance auf einen echten Neubeginn." Bei der Landtagswahl am 1. März 2013 schaffte die Volkspartei überraschend 14,4 Prozent. "Es folgte eine Dreierkoalition – ohne FPÖ und BZÖ. Ich wusste: Die ÖVP hat sich konsolidiert, meine Arbeit ist getan. Aber ich konnte nicht gleich nach der Wahl gehen."

Als Landesrat war Waldner auch für die Kultur zuständig. "Ich habe versucht, den freien Gruppen, die unter den früheren Verhältnissen gelitten haben, mehr Subventionen zukommen zu lassen. Diese Initiativen haben es objektiv verdient, stärker unterstützt zu werden." Ein Seufzer der Erleichterung folgte. Waldner musste dennoch viel Kritik einstecken: "Man hat mir vorgeworfen, dass ich die Volkskultur abschaffen will. Das stimmte aber nicht. Abgeschafft habe ich nur die Selbstinszenierungsfeste, die FPÖ-Landesrat Harald Dobernig und seine Leute aus dem Kulturbudget finanziert hatten, zum Beispiel den Heimatherbst."

Beobachter in Ungarn

Im Mai 2014 trat Waldner als Landesrat zurück, ihm folgte Christian Benger. "Ich wollte das ja nur vorübergehend machen. Und ich musste auch gehen, weil ich im Oktober 60 wurde. Danach hätte ich keinen Job mehr im Außenministerium bekommen." Er bewarb sich um die Leitung der Auslandskultur und bekam sie auch zugesprochen.

Aber die Rotation im Außenamt ist ein kompliziertes Uhrwerk: Martin Eichtinger, Chef der Auslandskultur seit 2010, konnte nicht weg, weil sein Posten als Botschafter in London noch nicht frei war. Und so fungierte Waldner ab 20. Mai 2014 vorübergehend als Botschafter in Budapest. Denn: "Däumchendrehen ist nichts für mich."

Aus der Ferne musste er beobachten, wie es in Kärnten zur Gegenreform kam: "Manches, was ich initiierte, wurde abgeschafft. Brauchtum und Volkskultur werden wieder betont, die Subvention für das Festival Transformale wurde zunächst gekürzt und dann ganz gestrichen." Die extremen Sparmaßnahmen seien, so Waldner, furchtbar: "Die Kultur in Kärnten tut mir wirklich leid."

Auch in Ungarn unter Viktor Orbán als Ministerpräsidenten haben es kritische Geister eher schwer. Der Diplomat drückt es vorsichtig aus: "Es ist nicht so, dass die Künstler verfolgt werden. Aber sie werden finanziell ausgehungert. Und sie machen keine Karriere." In Budapest bereitete sich Waldner auf die Leitung der Kultursektion vor. Doch viel verändern wird er nicht können. "Denn in der Zwischenzeit wurde mir die Leitung der Botschaft in Washington angeboten. Und das am Ende meiner Berufslaufbahn: Da konnte ich einfach nicht Nein sagen." Die Staffelübergabe vom bisherigen Botschafter, Hans Peter Manz, soll Ende des Jahres erfolgen. Die Amerikaner haben bereits zugestimmt.

So bleibt Waldner nicht viel mehr, als die diesjährige Auslandskulturtagung auszurichten. Sie findet am 2. September im Haus der Industrie am Schwarzenbergplatz statt und steht unter dem Motto "NEUES Sehen.Finden.Schaffen. Von der Kultur der Kreativität".

Wer Waldner nachfolgen wird, ist noch nicht entschieden.

Alle paar Jahre wird darüber nachgedacht, alle Kulturangelegenheiten des Bundes zu bündeln. Doch im Ministerium für Europa, Integration und Äußeres hält man nichts davon: Die Auslandskultur wird als "Säule" beziehungsweise "unschätzbar wichtiges Instrument" der Außenpolitik betrachtet. Denn die Kultur, vor allem die traditionelle, repräsentative Kultur, präge das Bild Österreichs in der Welt.

Das Ziel sei es aber, Österreich als "zukunftsweisendes Land" zu positionieren. Man setzt daher prioritär auf die Vermittlung zeitgenössischer Aspekte. Die geografischen Schwerpunkte der Außenpolitik – Nachbarländer, Westbalkan und Südosteuropa – gelten auch für die Auslandskulturpolitik.

Heuer wurde der Fokus auf Serbien gelenkt (mit etlichen Veranstaltungen in Belgrad), 2016 folgt Bosnien-Herzegowina. Dort Flagge zu zeigen, ist hoch an der Zeit: In Sarajewo gibt es kein Kulturforum.

Weltweit unterhält man 29 Kulturforen, sonderbarerweise aber kein einziges in Südamerika. Heuer wurden das 60-Jahr-Jubiläum des Kulturforums Zagreb und das 50-Jahr-Jubiläum des Kulturforums Warschau gefeiert. Zum Netzwerk gehören auch die 88 Botschaften und Generalkonsulate, die 64 Österreich-Bibliotheken und die acht ausgegliederten Österreich Institute, die Deutsch-Kurse abhalten.

Neuer "Sound of Music"

Das operative Budget der Auslandskultur beträgt rund vier Millionen Euro. Als Tools für die Kulturattachés bietet die Sektion mehrere Programme an, darunter ein Kurzfilm-Paket mit über 100 Streamings. Bereits seit 2002 gibt es das Musik-Empfehlungsprogramm NASOM (New Austrian Sound of Music): Von einer Jury werden junge Musiker aus allen Genres ausgewählt, die bei Auftritten vermehrte Unterstützung erhalten. Über aktuelle Veranstaltungen informiert ein Newsletter, der über die Homepage abonniert werden kann.

Link: www.bmeia.gv.at

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