Wohin mit dem ORF-Zentrum?
Küniglberg? St. Marx? Die Wiener SPÖ drängt in der Frage des künftigen ORF-Standortes, "dass der ORF zum Schlachthof kommt", sagt Gustav Peichl, immerhin Architekt der Landesstudios, und ortet Nervosität in der Stadt. "Aber das wäre Wahnsinn, weil es noch immer kein Raum- und Funktionsprogramm dafür gibt. Und ohne zu wissen, wie groß, wie viel, wie hoch das sein soll, kann man weder planen noch absiedeln."
Abwarten
Berechnungen sollte die ORF-Geschäftsführung der Arbeitsgruppe "Standort" am Donnerstag übermitteln, erhalten hat sie der grüne ORF-Stiftungsrat Wilfried Embacher auf KURIER-Anfrage bis am Nachmittag nicht: "Meine Position ist abwartend. Ich warte erst einmal auf einen Entscheidungsvorschlag und muss dann prüfen, ob er für mich plausibel ist – oder nicht." Bis 9. April soll die Arbeitsgruppe prüfen.
"Ich war oft schwankend bei dem, was ich bisher gehört habe", so Embacher. "Wenn sowieso saniert werden muss, wird es wohl gescheiter sein, zu bleiben. Dann gab es wiederum Darstellungen, was alles mit dem Geld gemacht werden kann, wenn man neu baut. Auch dafür spricht einiges. Medienunternehmen im 21. Jahrhundert schauen offensichtlich anders aus als mit endlosen Gängen." Es sei eben "alles offen". Sollte sich herausstellen, dass die Kosten – über 35 Jahre gerechnet – relativ neutral sind, werde einiges für einen Neubau sprechen.
Bis Ende Juni soll der Stiftungsrat entscheiden. "Aber der Stiftungsrat ist gegängelt von der roten Politik, die für die Übersiedlung ist", so Peichl im KURIER-Gespräch. „Dort sind nur ein paar dagegen. Und das ist der Streit."
Zahlen fehlen
"Aber weil es keine seriösen Zahlen gibt," glaubt Peichl, dass der Küniglberg "in welcher Form auch immer für den ORF erhalten bleiben muss. Allein schon nach der Logik und der Intelligenz". SP-Bürgermeister Michael Häupl hingegen sagte schon im Sommer 2010, "für die Entwicklung des Media Quarters wäre es eine sehr vernünftige Geschichte, würde der ORF dorthin übersiedeln".
Das von der Wiener SPÖ propagierte "größte Medienzentrum Österreichs" auf dem Areal in Wien Landstraße würde vermutlich mehr als jede Renovierung kosten: Nach Berechnungen von Architekten vor ein paar Jahren fünf Mal so viel wie ein Verbleiben auf dem Küniglberg, dessen Sanierung nach verschiedenen Kalkulationen mit rund 30 bis 60 Mio. € beziffert wird.
Für Richard Grasl, den kaufmännischen Direktor des ORF, wird es in der Standortfrage aus finanzieller Sicht "keinen klaren Sieger geben wird. Das ist eine Frage der Vision."
Architekt Georg Driendl vom Roland-Rainer-Komitee befürwortet den Erhalt des jetzigen ORF-Zentrums: "Ein Standort ist schon wichtig. Ob die ORF-Mitarbeiter künftig auf die Tangente oder – vom Küniglberg – über Wien blicken, ist natürlich ein Unterschied. Ein ORF-Zentrum kann man nicht einfach in einen Industriebau stecken. Da wurde in den 70er-Jahren schon ein Zeichen in der Medienwelt gesetzt: Eine tolle Architektur auf einem tollen Platz. Das sollte man auch im Stiftungsrat bedenken bei der Entscheidung, wohin die Reise am Ende gehen wird."
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