Alis Teestube und Sisis Spritzbesteck
Bitte, das sieht man aber nicht in den Sisi-Filmen: Die liebe, brave Kaiserin nahm (unter anderem) Kokain. Auch Sigmund Freud frönte einst der Modedroge. Und über die Beziehung des Wieners zum Alkohol braucht man nichts mehr zu schreiben.
"Drogen und Wien haben stark miteinander zu tun", sagt der deutsche Regisseur Jörg Lukas Matthaei. Die Stadt sei "wie eine Rumfrucht in Alkohol eingelegt". Und die legale Staatsdroge Alkohol sei in der Biografie vieler Drogenkonsumenten der erste Rausch gewesen.
Matthaei lädt im Rahmen der Festwochen die Wiener derzeit dazu ein, sich auf die Spuren der Drogen zu machen. An wechselnden Orten der Stadt stellt er beim Projekt "Paradis Artificiels" (bis 20. Mai) seinen Wohnwagen auf. Dort holt man sich einen Song ab (je nach Stimmung) – und ist dann damit alleine unterwegs. Via Handy wird man durch die Biografien von Wiener Drogenkonsumenten geführt. Und die sind "tragisch, berührend", aber auch schlicht "Teil des Alltags": von der Krankenschwester über den Manager bis hinein in die "biederen, bürgerlichen" Schichten erzählen Menschen von ihrem Leben mit Drogen. Dies soll das Thema Drogen "aus den Klischees rausholen": Die "Junkie-Szene" sei eine Minderheit, die "meisten Drogenkonsumenten würden Sie nicht erkennen. Viele sind berufstätig, haben Familie, ihr Leben ist aber bestimmt von der Droge."
Und "die harten Drogen nehmen irgendwann überhand, das geht bis zur Obdachlosigkeit". Gespräche mit Experten (u. a. mit Katrin Unterreiner, die zum Drogenkonsum der Habsburger geforscht hat) zum Thema sind per Webradio zu hören.
Tee
Bei Ali Atlas in der Quellenstraße wiederum gibt es zwei Sachen: Tee. Und eine ordentliche Antidosis zum Vorurteil. Der gebürtige Türke lernte in Deutschland zu schwäbeln, konvertierte zum Christentum – und lädt nun im Rahmen der Festwochen-Schiene "Into The City" in seinem Teehaus (einem ehemaligen Sexshop) zu einem Film, in dem er aus seinem bewegten Leben erzählt. Ein guter Einstieg ins Flanieren über die lange Straße in Wien-Favoriten, auf der die vielfältigsten Kulturen aufeinandertreffen: ein Drehorgelbewerb auf das "Guylás Festivál", die Firma "Hasibutz" auf den Aycan-Supermarkt. Die Festwochen laden die Bewohner ein, sich bekannt zu machem, auszutauschen – online und auf Post-Its, die (neben einem 3-D-Wrestlerfilm) in der Gebietsbetreuung (Quellenstraße 149) zu sehen sind.
Dort geht man an der Produktionsstätte eines fast vergessenen Gutes vorbei: Hinter einer Garagentür entstehen jene Metalleinsätze, die die Frackschöße nach unten ziehen. Und das ist nicht einmal das Spannendste, das es zu entdecken gibt.
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